Quelle SPON
"In der deutschen Sprache gibt es ein natürliches Geschlecht (Sexus)
und ein grammatisches Geschlecht (Genus). Beides wird gerne
verwechselt, um nicht zu sagen: wild durcheinandergeworfen.
Erstens gibt es drei Genusformen (maskulin, feminin, neutrum), aber nur
zwei biologische Geschlechter (männlich und weiblich). Zweitens wird
das Genus ohne jede erkennbare Parallele zum natürlichen Geschlecht
verwendet: Der Busen, die Eichel oder das Buch.
Und da kommt es dann zu Missverständnissen wie in der feministischen
Sprachwissenschaft. "Kunden" kann nämlich ebenfalls zweierlei
bedeuten: "Menschen, die einkaufen" ebenso wie "Männer, die
einkaufen". Indem Sprachkritiker*innen behaupten, mit "Kunden" seien
nur Männer gemeint, erzeugen sie den Eindruck, Frauen würden
sprachlich unterdrückt. Sie richten sich danach, was sie unterstellen:
"Sie reden ja nur von den Männern! Uns Frauen lassen Sie mal wieder
unter den Tisch fallen!"
Aber das ist ebenso nervtötend wie falsch!
Aus eben den soeben erklärten Gründen sind 99 Lehrerinnen und ein
Lehrer zusammen hundert Lehrer: Es wird nämlich der grammatikalische
Oberbegriff verwendet, sobald eine auch nur irgendwie gemischte
Gruppe besteht. Ohne einen solchen Oberbegriff, der für beide
Geschlechter gilt, würden sich bestimmte Sachverhalte auch überhaupt
nicht formulieren lassen (etwa "Wir kennen nicht mal das Geschlecht des
Verdächtigen.")
"Der Kunde" kann männlich oder weiblich sein - unabhängig von seinem
grammatischen Geschlecht. Ähnlich verhält es sich mit "die Katze": Die
weibliche Form steht als Oberbegriff sowohl für das weibliche Tier als
auch für das männliche, das wir, wenn wir es genauer spezifizieren
möchten, als "der Kater" bezeichnen (so wie "der Kunde", wenn
weiblich, zu "die Kundin" wird). Zu behaupten mit "der Kunde" seien nur
Männer gemeint, allein weil "der" davorsteht, ist grammatisch ungefähr
so durchdacht wie es die Argumentation ist, mit "die Kunden" seien
offenbar nur Frauen gemeint, weil "die" davorsteht. In Wahrheit drückt
natürlich keiner der beiden Artikel den Sexus aus: "die" bezieht sich auf
die Pluralform, "der" auf den Genus. Erst durch die konsequente
Doppelbenennung in der feministischen Sprache "die Kunden und
Kundinnen" wird der Sexismus in die Sprache eingeführt, wo er vorher
durch den geschlechtsunabhängigen Oberbegriff nicht vorhanden war.
Im Übrigen bin ich öfter mal "die Vertretung" für einen Kollegen. Ist kein
Problem für mich.
Aber ich kenne auch den Unterschied zwischen Genus und Sexus. Und
ehrlich gesagt, möchte ich nicht so gerne ein Vertreter, ein Klinkenputzer
sein... Aber ein Mann, der allen Frauen mit Respekt auf Augenhöhe gerne
begegnet und hofft, dass alsbald keine Lohn-/Gehaltsdifferenz zwischen
den Geschlechtern mehr besteht. Denn nur damit unterstützen wir die
Emanzipation - nicht aber mit umständlichem Gender-Sprich-und
Schreib-Stil."