Beobachtet
Ich und meine Frau Sonja kennen uns schon seit Ewigkeiten. Dieses Jahr sind es bereits 15 Jahre. Wir leben am Rande eines kleinen, verschlafenen kleinen Dorfes in einem gemütlichen kleinen Reihenhaus. Es ist eine sehr ruhige Gegend, aber ich würde sie gegen nichts in der Welt eintauschen. Auch in allen anderen Aspekten war mein Leben ziemlich perfekt. Ich bin leider dazu gezwungen war zu sagen, denn seit drei Wochen läuft es etwas aus dem Ruder. Es begann damit, dass Sonja eines Tages, als wir mit einer ihrer Freundinnen brunchten, wie aus dem Nichts erwähnte, dass sie sich beobachtet fühlen würde. Zuerst hielt ich es für einen schlechten Scherz, doch anhand ihrer Körpersprache, sowie ihres Gesichtsausdruckeswurde mir bewusst, dass es sie wirklich beschäftigen musste.Ich wollte gerade nachfragen doch bevor ich zu Wort kam, fiel mir ihre Freundin ins Wort. „Was meinst du?“, fragte sie Sonja. „Ich höre nachts immer so merkwürdige Geräusche. Am Anfang hielt ich es für Einbildung, doch irgendwann waren auch, wenn ich nach Hause kam, die Möbel verschoben, obwohl ich mir sicher war, sie am Morgen noch an gewohnter Stelle zurück gelassen zu haben. Erst waren esnicht ran gerückte Stühle. Später waren es mitten aufgeschlagene Bücher, welche eigentlich im Regal stehen sollten. Ach ja, und ganz absurd wurde es, als die Spülmaschine angesetzt wurde!“, erzählte Sonja angespannt. „Wenigstens ist es ein hilfsbereiter Poltergeist“, scherzte ihre Freundin und sofort mussten wir alle lachen. „Aber im Ernst: Hast du schon einmal daran gedacht, eine Überwachungskamera zu installieren?“, schlug sie vor als wir uns alle wieder beruhigt hatten. „Ich kenne da einen Laden,der euch sicher weiterhelfen kann.“ Ich fand diese Idee zwar merkwürdig, doch wenn es Sonja dann besser ging... Warum hatte sie es mir nicht vorher erzählt, nur um jetzt die entspannte Atmosphäre zu zerstören.
Am nächsten Tag gingen ich und Sonja zum Laden, der ungefähr 2km entfernt war. Auf dem Weg merkte ich, dass Sonja spürbar nervöser wurde. Immer wieder schaute sie sich über die Schulter. Ich fragte sie was los sei, worauf sie mir antwortete, dass sie denkt, dass wir verfolgt werden. Als ich mich umsah, konnte ich niemanden sehen. Die Straße war, von uns abgesehen und den gelegentlich vorbeifahrenden Autos komplett leer. Ich machte mir schon sorgen, dass sie halluzinierte, doch bemerkte Sonja meinen besorgten Blick und deutete auf einen Mann der geduckt auf der anderen Straßenseite schlich. Der Mann hatte aschgraue Haare und ein eingefallenes Gesicht. Er wirkte auf den ersten Blick wie jemand der ein starkes Drogenproblem hat. Der Mantel, den er trug, schien ihm etwas zu groß zu sein und er hatte einen ähnlichen Grauton wie seine Haare. Dies muss wohl auch einer der Gründe sein, weshalb ich ihn nicht bemerkt hatte. Im Meer der vielen Autos ging er förmlich unter. Ich machteSonja den Vorschlag, viermal in dieselbe Richtung abzubiegen, um die hundertprozentige Gewissheit zuhaben.Sie stimmte meinem Vorschlag zu, weshalb wir dann an der nächsten Weggabelung rechts abbogen. Als uns der Kerl, bei der dritten Ecke immer noch verfolgte platzte mir der Kragen. Ich sagte Sonja, dass sie schon mal vorgehen soll und ich den Mann zur Rede stellen werde. Sie sagte, dass ich vorsichtig sein sollte und ging danach weiter. Ich drehte mich zu dem Mann und ging ihm entgegen. Die Augen des Mannes, welche die gesamte Zeit glasig und leer waren, klärten sich schlagartig als er mich auf ihn zugehen sah. Er schrie und fing an wegzurennen. Ich nahm die Verfolgung auf rannte ihm hinterher. Er rannte in die Richtung einer belebteren Straße. Mir war klar, was er vorhatte. Wenn ich ihn davon abhalten wollte in der Menge zu verschwinden, musste ich ihn einholen. Doch bevor ich ihn einholen konnte, war er schon an der Straße. Als ich ihm folgen wollte, fuhr mich fast ein Auto an. „Aufpassen!“, schrie mich der wütende Fahrer an. „Entschuldigung“, rief ich ihm hinterher. Ich musste aufmerksamer sein. In der Hoffnung, den Mann noch einmal aufzuspüren, lief ich noch etwa 20 Minuten, durch die Straßen. Als ich gerade aufgeben wollte, bemerkte ich einen Mann mit dem Namen Larry Clinton, welcher an einer Häuserwand lehnte. Larry war ein Obdachloser, welcher stadtweit bekannt war, da er die Angewohnheit hatte jeden Tag vor den Schulen der Stadt zu warten und, sobald die Kinder heraus kamen, sie wüst zu beschimpfen. Immer wenn Leute ihn fragten, weshalb er dies tat, antwortete er, er wolle ihnen die Dickhäutigkeit eines Erwachsenen verleihen. Ebenfalls hatte er eine merkwürdige Obsession mit Stanley Kubrick und war ständig begleitet von einem Biergeruch, der seines Gleichen suchte. Trotz der eben genannten Tatsachen war er aber ein ganz anständiger Kerl. Ich beschrieb ihm den Mann,den ich gesehen hatte und fragte ihn, ob er ihn gesehen hatte. Er antwortete mir, dass er ihn seit ein paar Tagen manchmal in meiner Gegend sehen würde und ihn davor aber noch nie gesehen hatte. Ich bedankte mich bei ihm in dem ich ihn zu einer Falaffel einlud. Nach einem surrealen Gespräch über Testosteronkuren, beschloss ich, zu mir nach Hause zugehen. Als ich zu Hause ankam, war das Haus verlassen und Sonja war noch nicht da. Aus Langweile sah ich gedankenverloren aus dem Fenster. Als ich meinen Blick durch die Nachbarschaft schweifen ließ, fiel mein Blick auf eine Gestalt, welche am Rande unseres Gartens stand. Als ich genauer hinsah, erkannte ich den Mann, welcher mich und Sonja verfolgt hatte. Er schien mich nicht bemerkt zu haben und da kam mir die Idee ihn zu konfrontieren. Ich ging also nach unten, nur um niemanden vorzufinden. „Zum Glück haben wir nun die Überwachungskamera. Nicht auszudenken, was der Kerl in unserer Wohnung vorhat“, dachte ich mir. Bis die Kamera installiert wein würde sollte es noch zwei Tage dauern, da der Laden sehr ausgelastet war. In den zwei Tagen sah ich immer wieder den Mann, wenn ich aus dem Fenster schaute oder von draußen zurück kam vor unserer Wohnung rumlungern und jedes einzelne Mal schaffte er es mir zu entwischen.
An dem Tag, an dem die Kamera installiert wurde, schlug ich,nachdem Sonja und die Handwerker gegangen waren, die Tageszeitung auf. Als ich den Teil mit den Lokalmeldungen aufschlug, fing ich an zu zittern. Jemand hatte Larrys Leiche in unserer Straße gefunden. Laut der Polizei deutete alles auf einen Mord an. Dem Leichnam fehlte auch der Daumen. Als ich das las, wurde mir übel und schwindelig. Nicht nur, weilich mit ihm so kurz vor seinem Tod noch zu tun hatte, sondern auch, weil in mir eine schreckliche Befürchtung über die Identität eines Mörders kam.
Jetzt ist Abend und Sonja und ich sehen uns das Überwachungskameravideo an. Damit wir nicht ewig Zeit verschwenden, erhöhe ich die Geschwindigkeit des Videoser Morgen verlief gewöhnlich. Wir sahen, wie Sonja frühstückte, sich fertig machte und pünktlich wie immer das Haus verlies. Kurz darauf pausierte Sonja das Video und spulte zurück. Im Video konnte man im Hintergrund die Tür der Speisekammer sehen. So gegen halb zehn öffnete sich die Tür und zum Vorschein kam... Auf einmal ertönt ein wütender, nein vielmehr ein hasserfüllter und boshafter Schrei hinter Sonja. Dann wird alles dunkel.
Während die Zeitanzeige des noch immer laufenden Bandes mittlerweile viertel nach zehn anzeigte, beschloss der Mann sich, nach dem das Bitten und Flehen seines Opfers, welches er unbarmherzig ignoriert hatte, schon lange verstummt war, dazu sein Kunstwerk wie er es immer wieder liebevoll nannte zu beenden. Er hatte sich diesmal vollkommen entspannen können. Nicht so wie bei dem Obdachlosen. Als er ihr den Finger abtrennte, klang sein Rachegelüst endlich ab. „Wie nahm sich diese Schlampe das Recht heraus ihm seine Fantasie ihr Mann zu sein zu zerstören?“ Dennoch verspürte er auch ein Gefühl der Trauer, da obwohl er tief in seinem inneren wusste, dass sie es nie erwidern würde, hatte er für sie seine verquere Version der Liebe empfunden. Er ging noch einmal zu der Vorratskammer nahm seine Trophäen Tasche und seinen Mantel. Als er an der Tür ankam, sah er noch einmal auf die Blutlache und auf die gefolterte und verstümmelte Leiche seines Opfers und fragte sie, wer sie wohl so auffinden würde. Die Nachbarin? Oder ihre Vorlaute Freundin. Bei diesem Gedanken spielte ein Lächeln um seinen Mund. Während er die Wohnung verließ und in der Nacht verschwand, fragte er sich, wer wohl die Nächste sein würde.