Abstimmungsthread zum XI. MacUser.de-Kurzgeschichtenwettbewerb

Welche Geschichte(n) haben Dir am Besten gefallen?

  • Die Statue

    Stimmen: 1 10,0%
  • Meister Lampes Pläsier

    Stimmen: 5 50,0%
  • 90 Grad Nord

    Stimmen: 4 40,0%
  • Das Foto

    Stimmen: 4 40,0%
  • Das Urteil

    Stimmen: 2 20,0%

  • Umfrageteilnehmer
    10
  • Umfrage geschlossen .
Ezekeel

Ezekeel

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Guten Morgen und Frohe Weihnachten!

Auch dieses Jahr obliegt es mir, den Abstimmungsthread zu den eingegangenen Geschichten zu eröffnen. Ich habe das Vergnügen fünf Geschichten zu präsentieren und hoffe auf rege Teilnahme beim Lesen, Bewerten und Rezensieren. Mein Dank gebührt allen Autoren, die sich die Zeit genommen haben und eine Geschichte eingereicht haben. So lebt diese kleine Tradition mittlerweile zum elften Mal. Danke! Danke! :)

Zur Abstimmung selbst hat sich dieses Jahr nichts geändert:

Jeder Nutzer des Forums kann drei Stimmen für die fünf Geschichten abgeben und somit seinen drei Favoriten Gewicht verleihen. Die Stimme kann - einmal abgegeben - im Nachfeld noch geändert werden - falls einem über Nacht die eine Geschichte dann doch besser gefallen sollte.

Und nun: Viel Spaß beim Lesen, bewerten und Abstimmen!
 
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Die Statue

Charles verließ sein Haus. Als er durch die Nachbarschaft ging, kam er an einer Hundestatue vorbei, welche auf einer Terrasse, eines Nachbarn stand. Die Statue hatte die Gestalt eines Dobermanns. Charles hatte seit seiner Kindheit eine panische Angst vor Hunden. Besonders vor Dobermännern, da ihn immer ihre Größe, ihre Intelligenz und Stärke verängstigt haben. So kam es, als die Statue frisch aufgestellt war, er zunächst zu große Angst vor dieser hatte, da diese, obwohl sie aus massivem Stein war, sehr realistisch aussah. Da er, wann immer er sie ansah, das Gefühl hatte, das sie ihn auch anstarrte und dann fragte er sich zwangsläufig was wohl passieren würde, falls diese Statue lebendig werden würde, wenn er ihr, beim Vorbeilaufen den Rücken zuzudrehen würde, was er, liefe er vorbei, tun müsste.

Irgendwann als er älter wurde, lies diese panische Angst nach, sodass er dran vorbeilaufen konnte. Nur das Gefühl angestarrt zu werden blieb. An diesem Tag ging er am Hund vorbei und sah, wie schon so viele Male zuvor in die kalten schwarzen Augen des Hundes. Diesmal jedoch war etwas an dem Hund anders, obwohl Charles nicht sagen konnte, was dies war. „Du solltest einen anderen Weg nehmen. Geh über den Erlenweg, dass wird dich nicht viel Zeit kosten, nur geh nicht hier entlang!“, bettelte eine Stimme irgendwo in seinem Kopf. „Unsinn!“, dachte er. Was sollte schon passieren. Der Hund würde genau dort stehen bleiben, wo er die letzten fünf Jahre gestanden hatte. Er schob die Gedanken nach hinten und setzte sich in Bewegung. Er hatte nicht einmal vier Schritte gemacht, da nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Er fuhr herum und schaute auf dem Hund. Sein Herz raste. Die bettelnde Stimme in seinem Kopf wurde wieder lauter: „Geh zurück. Dreh dich einfach um und geh zurück.“ Doch neben dieser Stimme kochte langsam die Wut in Charles hoch. Was tat er da? Wie oft solle er noch an dieser beschissenen Statue vorbeilaufen und wie oft solle ihm noch, wenn er ihr den Rücken zuwendet, ein kalter Schauer über den Rücken laufen? All das wegen einer beschissenen Statue. Einer Statue, die ihn schon sein komplettes Leben verrückt machte. Er machte einen Schritt auf die Statue zu. Sobald er diesen Schritt gemacht hatte, fing die Stimme in seinem Kopf an elendig zu flehen. „KEHR UM! GEH KEINEN SCHRITT WEITER!“ Er fing an zu laufen, die Stimme ignorierend egal wie sie Darum bat, dass er doch bitte umkehren sollte. Je näher er der Terrasse kam, desto leiser wurde die Stimme in seinem Kopf, bis sie als er seinen Fuß auf die erste Treppenstufe setzte, sie endgültig verschwunden. Charles, welcher zuvor seinen Weg, wie in Trance, den Blick immer starr auf der Dobermannstatue gerichtet, gegangen war und alles andere, nur dem Betteln der Stimme lauschend, ausgeblendet hatte und dann erst, als die Stimme verstummt war wieder zu sich kam. Er ging die Treppe rauf und hielt vor der Statue an. Instinktiv schaute er sich um, ob ihn irgendjemand beobachtete. Als er sich wieder der Statue zuwandte, fiel ihm auf, dass er so stand, dass es ihm schien als würde der Hund ihm, direkt in die Augen schaute. Nein, nicht in die Augen… Er schaute ihm durch die Augen direkt in seine Seele. Eine kurze Weile, schaute er der Statue ins Gesicht. In ihre kalten schwarzen Augen. Kurz schwellte die Wut ab und er fragte sich, was genau er gerade tat. Eigentlich sollte er auf dem Weg zu seinem Termin sein. Doch dann brach aus seinem tiefsten inneren eine Woge des Hasses hervor und er begann mit all seiner Kraft auf die Statue einzutreten. Diese hätte eigentlich umfallen müssen doch sie Stand immer noch. Sie drehte sich lediglich, so als hätte er sie nur gestreift.

Charles war auf einmal klar im Kopf. Das, was er getan hatte, war eine Straftat. Hastig wollte er sie wieder richtigstellen und griff nach dem Arm des Dobermanns. Doch das, was eigentlich Stein sein sollte, war Fell. Ungläubig starrte er auf den Arm des Hundes, welchen er noch immer festhielt, jetzt aber deutlich fester, da sich sein kompletter Arm verkrampfte. Im nächstenMoment fühlte er einen unfassbaren Schmerz an dem Arm, welchen er benutzt hatte, um die Statue zu drehen. Im nächsten Moment versuchte er sich vom Dobermann loszutreten, was ihm nicht gelang, weil er den Hund lediglich streifte, anstatt ihm in dem Bauch zu treten. Allerdings lockerte er seinen Griff etwas, was ihm ermöglichte noch einmal zuzutreten. Diesmal traf er den Hund perfekt. Der Hund wurde zurückgeschleudert, während Charles die Gelegenheit nutzte aufzustehen und zur Treppe zu hasten. Er kam aber nicht weiter, da er schon wieder vom Dobermann umgestoßen wurde und hart auf seinem Rücken landete. Er versuchte noch sich vom Dobermann zu befreien, aber es hatte keinen Sinn. Das letzte, was Charles hörte als der Dobermann ihn zerfleischte war die Stimme in seinem Kopf, welche ihn höhnisch, mit einem immer wahnsinnigerem lachen auslachte und für sein Handeln verspottete.
 
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Meister Lampes Pläsier

Bei purpurrotem Vollmondschein hoppelte plötzlich, knapp vor meiner Nase, Meister Lampe über die Forststraße beim Pico del Veleta. Instinktiv verriss ich den Lenker, das Vorderrad rutschte weg, und ich flog in hohem Bogen mit meiner Sherpa krachend ins Unterholz. Ein paar Vögel, welche sich in der Nachtruhe gestört fühlten, flatterten hoch, dann war alles wieder so still und friedlich, dass ich den Hasen im Gebüsch kichern hörte.

Wäre es vielleicht klüger gewesen, diese Nacht in Granada, mit Lucia, der geheimnisvollen Wahrsagerin, zu verbringen? Schließlich orakelte sie, große Gefahr käme auf mich zu, wenn ich diese Vollmondnacht nicht in ihrer Hütte verbrächte. Andererseits erstrahlten in ihrer Hütte, schon nach dem ersten “Kräutertee“, alle Gegenstände und Pflanzen in schaurig-schönen, purpurnen Farbtönen, mit ultravioletter Aura. Nach der zweiten Tasse transmutierte Lucia zeitweise in ein Goldrot leuchtendes Vogelwesen. Nach der dritte Tasse, als sich Lucia über mir schwebend, endgültig in einen goldstrahlenden Allicanto verwandelte, und zum vierten Mal nach dem Samowar am Beistelltisch griff, entschwebte ich verängstigt aus Lucias orientalischem Himmelbett auf den Sattel meiner Sherpa, und flüchtete in die Berge.

Während ich meine geschundene Bultaco aus dem Unterholz zerrte, sinnierte ich: „Hätte ich die schon vor Wochen durchgebrannte Scheinwerferbirne inzwischen ausgewechselt, wäre sie jetzt wieder kaputt, und elektrisches Licht sei doch total überbewertet.“ Dabei stolperte ich über dutzende zersplitterte Scheinwerfer, Blinker, Rückspiegel und andere Motorradwrackteile. Sogar ein alter MP3-Player schlummerte im Moos. Offensichtlich hatte Meister Lampe hier schon reichlich Spaß mit Motorrädern. Außer ein paar Kratzern und einer zerrissenen Jean, war an mir alles heil geblieben. Das Motorrad überstand den Abflug, bis auf den geplatzten Tankrucksack, aus dem nun Alhambra Especial tropfte, ebenso unbeschadet. –„Ach, war schon richtig, rechtzeitig aus Lucias Himmelbett zu entschwinden“ resümierte ich, als der Motor nach dem dritten Kick wieder zu knattern begann. Sehr skeptisch stöpselte ich den gefundenen MP3-Player an den Helmkopfhörer, doch das Ding berieselte mich unerwartet mit Country Bluesklängen, anstelle meiner eigenen, längst totgespielten Rock-Musikkonserven. Bis auf den Gipfel des Pico del Veleta wollte ich eigentlich flüchten, aber es fröstelte bereits hier, auf etwa 1400m. So beschloss ich eine Bleibe für die Nacht zu finden. Aus der Ferne drang schwacher Schimmer durch die Bäume, und ich knatterte, begleitet von inspirierenden Country Bluesklängen, dem Licht entgegen. Am Fuße eines Hügels kam eine alte Ranch zum Vorschein. Dort angekommen stellte ich im Vorhof den Motor ab, und rief:

Hey, ist jemand zu Hause?! - Da rammte mir ein grimmiger Ranchero eine Flinte in die Rippen. Danach fiel ich auf die Knie, der Ranchero spannte den Schlagbolzen und brüllte: „Bist du der Rundfunkgebühreneintreiber, der sich hier, im Naturschutzgebiet, herumtreibt?!“ – „Nein, nein, erschieß mich nicht, ich bin Archäologe, habe in Granada studiert, und bin ein guter Junge“ – erklärte ich ihm zitternd. Da erschien Lola, die Tochter des Rancheros. Wie aus einem Playboyheft entlaufen, lehnte sie sich kess, ihre schwindelerregenden Kurven betonend, an den Türstock. Um abzulenken schmeichelte ich dem Ranchero vor, welch hübsche Ranch er doch habe, und ich Rancheros sehr möge. “Was wissen Archäologen denn schon über Rancheros?“- fragte er mich. –„Ich wurde am Grund eines Wunschbrunnens geboren“ - zwinkerte ich ihm zu, und gähnte. Am Dreck unter meinen Fingernägeln erkannte der Ranchero wohl, dass ich die Wahrheit sagte; und er meinte, ich sehe müde aus. -„Ja, sehr - gut tausend Kilometer bin ich heute geritten.“ - „Ich habe hinterm Ofen ein Bett für dich, - unter zwei Bedingungen: Du lässt die Finger von meiner Tochter, und am Morgen melkst du die Kühe“- belehrte mich der Ranchero.

Aus dem Nichts brummte plötzlich Bob auf einer 57er Penhead-Harley in den Vorhof, und schrie vorwurfsvoll: How dare you, how dare you!? Der Ranchero holte Bob mit einem Blattschuss vom Motorrad, weil er ihn für den Rundfunkgebühreneintreiber hielt. Ich stellte mich ahnungslos und kroch ins Bett.

Ich schlief wie eine Ratte, als die Tür knarrte. Lola schlich herein, rekelte sich in ihrem dünnen Nachthemd neben dem Kamin, und fragte mich flüsternd: „Willst du duschen? – Ich zeige dir die Tür!“ - „Oh, nö, nö – den Film kenn ich schon“ -antwortete ich, und begriff: - Ich muss von hier schnell verschwinden. Aber wie? „Willst du jetzt duschen!“ –wiederholte Lola ungeduldig. Ich konnte doch nicht einfach abhauen, weil ich als Ehrenmann mein Versprechen, am Morgen die Kühe zu melken, nicht brechen wollte. Da wurde mir klar: Hier komme ich nur raus, wenn mich der Ranchero verjagt! Über dem Türstock hing ein Real Madrid-Wimpel, also rief ich laut: Forca Barca, Forca Barca, Forca Barca! Lola verschwand verstört, da stürmte auch schon der Ranchero die Treppe herunter und schrie: Was hast du da gerufen? -“Forca Barca, Forca Barca, Forca Barca! - Ja du hast mich richtig verstanden,- ich lebe für Barca“, schnauzte ich ihn frech an. Er holte aus, ich duckte mich, und seine Faust schlug im Eisfach des Kühlschranks ein. Lola murmelte etwas über ihre Mutter und Bob am Hügel. Der Ranchero brüllte: “Wenn du nicht innerhalb von zwei Sekunden von hier verschwindest, bringe ich dich um, du unpatriotischer Archäologe, du Verräter!“. Dann warf er mir einen Fußballschuh an den Kopf, griff zu seinem Gewehr, und legte Patronen ein. Ich rannte zum geschlossenen Fenster, welches ich mit einem Hechtsprung durchbrach, und landete nach einem Salto im Kräutergarten. Lola rief: Komm zurück! Blitzartig sprang ich auf meine Sherpa, die beim ersten Kick losknatterte. In der Morgenröte, eine dicke Staubwolke hinterlassend, rettete ich mich mit einem 1000 Meter- Wheelie in die Freiheit.

Epilog:

Später erfuhr ich durch Bobs Urheberrechtsanwalt: Der gute Bob trug unter seiner Lederjacke eine kugelsichere Weste, und stellte sich bloß mausetot, als ihn der Ranchero auf den Hügel zu den Geiern karrte. Lola zog nach Barcelona und arbeitet dort als Bikini-Model. Der Ranchero lauert nicht mehr auf den Rundfunkgebühreneintreiber, denn dieser brach sich den Hals, als er auf einer Forststraße beim Pico del Veleta, aus ungeklärter Ursache mit seinem Dienstmotorrad zu Sturz kam.
 
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90 Grad Nord

Das kleine Mädchen auf seinem Schoß strahlt ihn an. Sie hat eine niedliche Zahnlücke und Sommersprossen zieren die vor Aufregung rotgefärbten Wangen. „Na, Kleines? Was wünscht Du Dir denn?“ „Ich will ein Pfeeerd haben!“ bricht es aus dem Mädchen heraus. Wie überraschend. Trotz aller Monotonie, die dieser Scheißjob mit sich bringt, muss Weihnachtsmann, der später in dieser Nacht zum Mörder werden will, wider Willen lächeln. „Soso, ein Pferd also? Und ich nehme an, es muss ein echt großes Pferd sein, das echt ist?“ „Jaaah, genau!“ Das Kind nickt eifrig. „Na schön...“ Weihnachtsmann hält sich an das vom Kaufhaus vorgegebene Protokoll in solchen Dingen und greift nach einem in rotes Leder gebundenen Notizbuch mit einem Rand aus Hermelinimitat. Das rote Leder erinnert ihn farblich an Blut... Blut wie es aus frisch gebrochenen Nasen schießt. Hell und rot und nicht so dunkel wie geronnenes. Er zwingt sich zurück zu dem Kind, welches ihn immer noch anstrahlt. „Dann verrate mir doch mal Deinen Namen und wo Du wohnst. Es muss ja alles seine Ordnung haben für die Elfen am Nordpol, weißt Du?“ Sie erzählt es ihm und er zwinkert ihr zu als er das Buch zuklappt. Dann greift er neben in einen braunen Jutesack und holt einen Schokoweihnachtsmann hervor. „Der ist für Dich.“. Und mit einem weiteren Lächeln nimmt er das Kind vom Schoß und wendet sich dem nächsten in der Schlange zu. Als er den kleinen, etwas dicklichen Jungen auf den Schoß hieven will, fällt sein Blick auf die Uhr. Etwas mehr noch als zwei Stunden. Dann ist es hier endlich vorbei und er kann tun, was er dringend tun muss.

Er trägt noch seine Weihnachtsmannuniform, als er das Einkaufszentrum verlässt. Die dicke rote Jacke wird von einem schwarzen Gürtel zusammengehalten und er hat sich ein Kissen unter die Jacke gestopft, um korpulenter zu wirken. Wer will schon einen Weihnachtsmann sehen, der nur 65kg wiegt. Zusammen mit falschem weißem Bart, Mütze, roter Hose und den schwarzen Stiefeln sieht er aus, wie aus dem Werbespot des amerikanischen Brauseherstellers entsprungen. Nur auf die Brille hat er verzichtet. Im Einkaufszentrum war es scheißwarm und das Kissen drückte unangenehm, aber jetzt im Schneeregen ist er froh, dass er so warm angezogen ist. Er geht zu seinem Auto, einen alten roten (Nasenblutrot... natürlich) Fiesta, der irgendwann Anfang der 90er gebaut worden ist und von dessen Fahrtüchtigkeit der TÜV im Sommer gerade nochmal überzeugt werden konnte – Diese arroganten Arschlöcher... Als ob er Geld scheißen könnte – und öffnet den Kofferraum. Er wirft einen Blick auf die schwarze Sporttasche, hebt sie kurz an und schüttelt sie kurz. Es klirrt metallen. Ein Lächeln zeichnet sich unter dem falschen Bart ab. Wunderbar. Er kappt den Kofferraum zu, ohne die Tasche zu entnehmen und lässt sich auf den Fahrersitz fallen. Ohne den Wagen zu starten, starrt er für eine Zeit aus der Frontscheibe auf den Parkplatz. Der Schneeregen ist immer noch da, aber Weihnachtsmann denkt nicht einmal daran, die Wischer einzuschalten. Wozu auch, die Scheißdinger haben eh schon bessere Tage gesehen und sind so abgewirtschaftet wie die gesamte Karre. Nach ein paar Minuten zuckt er einmal kurz zusammen, als wenn er aus einem Traum erwacht wäre und greift wieder nach dem Notizbuch. „Mal sehen...“ murmelt er zu sich. „Welcher von euch Arschlöchern will denn am dringendsten Besuch vom Weihnachtsmann haben?“ Konzentriert aber dennoch voller Vorfreude lässt er die Namen der Kinder mit ihren Adressen in dem Buch wie in einem Daumenkino an sich vorbeirauschen. Hin und zurück. Hin und zurück. Und dann stoppt er. Liest. Lächelt. Und dreht den Zündschlüssel. Ein Navigationssystem braucht er nicht. Er weiß genau, wohin er fahren wird.

Nach einer knappen halben Stunde biegt er ein eine ruhige Seitenstraße ein. Die meisten Häuser hier sind in den späten 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut worden und manchen davon sieht man das Alter mittlerweile auch an. Dennoch, die Mehrzahl ist festlich geschmückt. Girlanden aus Tannen und Lichterketten sind zu sehen und in den Fenstern hängen oft Sterne. Hinter den Sternen sieht Weihnachtsmann eine heile Welt, an die er sich auf seine eigene Jugend rückblickend nicht erinnern kann. Als er langsam fahrend – nicht nur wegen des mittlerweile zu Schnee gewordenen Niederschlags – durch die Straße fährt, sieht er festlich gedeckte Tafeln an denen lachende Familien sitzen und das tun, was man an Weihnachten eben so macht. Fressen, Fressen und Fressen. Und saufen. „Verreckt dran“ murmelt er abwesend. Seine Gedanken driften wieder ab als er den Wagen weiter rollen lässt. Zu seinem Ziel ist es nicht mehr weit. Als er ankommt, parkt er und stellt die Zündung ab. Da also wohnen sie. Weihnachtsmann wirft einen Blick auf das Haus. Sieht unscheinbar aus und etwas abgelegen ist es auch. Also alles bestens. Wobei es auch keine Rolle spielen würde, wenn das hier mitten an einem der belebtesten Plätze der Stadt oder in direkter Nachbarschaft der Polizei liegen würde. Er beschließt noch ein bisschen zu warten, dreht den Sitz nach hinten und zieht sich die Mütze etwas ins Gesicht.

Als er wieder zu sich kommt, hat es aufgehört zu schneien. Liegen geblieben ist außer etwas Matsch nichts. Gut, denkt Weihnachtsmann. Keine Spuren im Schnee. Er sieht auf die Uhr im Armaturenbrett und lächelt beinahe. Es wird Zeit. Er greift sich die Tasche aus dem Kofferraum und stapft an leuchtenden Lichterketten vorbei zum Haus.

Im Erdgeschoß – Die Tür aufzubrechen hat keine 30 Sekunden gedauert – ist es dunkel. Weihnachtsmann hält kurz inne und lauscht. Nichts zu hören. Gut. Im ersten Geschoss hört er Schnarchgeräusche aus dem Zimmer zu seiner linken. Eindeutig die eines erwachsenen Mannes. Rechts liegt ein Zimmer an dessen Türe ein Pferdeposter hängt. Wunderbar. Er geht nach links, hält noch einmal kurz inne und lässt die Sporttasche zu Boden gleiten. Er entnimmt zwei Klingen und öffnet die Tür zum Schlafzimmer. Da liegen die Eltern im Bett. Rücken an Rücken. Er schnarchend, sie mit einer Schlafmaske auf dem Gesicht. Und, soweit er das im Dunklen erkennen kann mit Ohrstöpseln in den Ohren. Weihnachtsmann zögert nicht lange und schneidet dem Mann mit einem geübten Streich die Kehle durch. Das leise Gurgeln des Blutes aus der Halswunde lässt einen wohligen Schauer über des Mörders Rücken laufen. Es ist nun still im Zimmer. So still, dass man das Durchschneiden der Haut bei der Frau deutlich hört. Aber wen sollte das jetzt noch stören? Weihnachtsmann verliert keine Zeit und wirft die Klinge achtlos zwischen die beiden Leichen. Er verlässt den Raum und geht zielsicher auf das Kinderzimmer zu. Im Zimmer sieht er das Mädchen in ihrem Bett liegen. Weihnachtsmann greift in seine rote Jacke und holt ein kleines Fläschchen und ein Tuch hervor. Er tränkt das Tuch und drückt es dem schlafenden Mädchen ins Gesicht. „Komm, mein Kleines. Wir haben eine weite Reise vor uns. Und Du dann viel zu tun. Also schlafe nun.“ Mit dem Kind über seine Schulter geworfen verlässt er das Haus. Es hat angefangen zu regnen. Aber das spielt keine Rolle mehr. Weihnachtsmann legt das Kind in den Kofferraum seiner Rostlaube und fährt los.

Später. Das Mädchen schlägt die Augen auf. Es weiss nicht, wo es ist, und hat schreckliche Kopfschmerzen. Im Zimmer, in dem die Pritsche ist, auf der sie liegt, gibt es viele andere Pritschen. Darauf schlafen andere Kinder. Die Kinder sehen komisch aus. Sie haben rot-weiss-geringelte Strumpfhosen an und tragen darüber rotgrüne Hemden. Eigentlich sehen sie aus, wie die Weihnachtselfen, die das Mädchen aus ihren Kinderbüchern kennt. Und stimmt, da hängen auch rote Zipfelmützen an Haken neben den Pritschen und darunter stehen jeweils ein paar Schnabelschuhe. Rot. Auch neben des Mädchens Bett sind diese Utensilien zu finden. Und als sie sich gerade fragt, was das zu bedeuten hat öffnet sich die Tür. Weihnachtsmann tritt herein und kommt zu ihr. „Willkommen am Nordpol, Kleines. Ich freue mich, dass Du nun hier bist um mir bei der Erfüllung von Weihnachtswünschen von Kindern auf der ganzen Welt zu helfen. Das ist eine harte, aber wichtige Arbeit und ich weiss, dass Du dich gut machen wirst. Schon heute geht es los!“ Er lächelt ihr breit zu und will ihr über den Kopf streichen. Als er näherkommt, kann sie die roten Flecken auf der roten Jacke erkennen. „Pferde,“ sagt er, „wir haben auch sicher etwas mit Pferden für dich…“

Fast ein Jahr später. „Maaama! Mamaaa!“ ruft ein anderes kleines Mädchen als es in die Küche gerannt kommt wo seine Mutter gerade Kekse backt. „Mama! Es hat ein neuer Laden in der Mall aufgemacht. Er heisst 90 Grad Nord und dort soll es die besten Weihnachtssachen überhaupt geben. Sachen, die man nirgends sonst kaufen kann. Wir gehen doch da hin, Mama, oder? Sag ja… Bitte!“ Das Kind spricht so schnell, dass es schon völlig außer Atem ist. Seine Wangen sind vor Aufregung ganz gerötet. Es fährt fort: „Und heute ist der Weihnachtsmann selbst da und man kann ihm seine Wünsche sagen. Bitte, bitte… Lass uns dort hin!“
 
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Das Foto

Als Paul seine Zugreise nach Köln antrat —ein alter Schulfreund, Andreas, hatte ihn für den Tag nach Weihnachten eingeladen—, schmunzelte er über seine elektronische Fahrkarte: „Gleis 15 … Wagen 15 und Sitzplatz Nr. 15“.
Im Zug fiel er unverhofft in einen Dämmerschlaf. Ihm träumte von einer auf seiner Hand herum krabbelnden, behaarten Spinne, die plötzlich zustach. Vom im Traum empfundenen Schmerz wachte er zwar auf, die Schlafstarre hinderte ihn aber am Einatmen, weswegen er ruckartig nach Luft schnappte. Ihm schräg gegenüber saß eine junge Mutter, lange blonde Haare, die ein Neugeborenes an ihrer Brust stillte und ihm dabei zärtliche Mutterworte zuflüsterte. Dieses friedliche Bild, das regelmäßige Rattern des Zuges und der freundliche Blick, den die Mutter Paul zuwarf und der ihm zu sagen schien: »Gräm Dich nicht, es wird alles gut!«, erfüllten ihn mit einem Gefühl von Frieden und Geborgenheit, das er seit Kindesbeinen nicht mehr empfunden hatte.

Beim Wiedersehen mit Andreas in seiner luxuriösen Wohnanlage tauschten sie zunächst die üblichen Höflichkeitsfloskeln zweier ehemaliger Mitschüler, die sich zwar seit der Kindheit kannten, sich aber nach dem Schulabschluss gut drei Jahrzehnte lang nicht mehr gesehen hatten. Paul war zum Studium ausgewandert und hatte im Ausland Wurzeln geschlagen, während Andreas in Deutschland geblieben war. Sie umarmten sich, ein Kompliment hier, eine sarkastische Bemerkung da … und dann, als habe es die lange Trennung nie gegeben, vertieften sie sich in für Außenstehende langweilige Gespräche: »Weißt Du noch, damals, der schrullige Bio-Lehrer? … die vollbusige Französischlehrerin … wie hieß sie noch, Frau Blank? … was ist aus X geworden… hast Du noch Kontakt zu Y…?»
Paul fiel das an der Wand hängende, eingerahmte Schwarzweißfoto auf, das um die 30 für den Karneval verkleidete, lachende Kinder, vermutlich erste Grundschuljahre, zeigte. Paul erkannte sich als Clown. Andreas war ein Zauberer.
»Schönes Foto, nicht wahr? Wie fröhlich und ausgelassen wir posieren! Leider sind mindestens drei von uns schon sehr früh gestorben«, meinte Andreas, »Der Cowboy links oben, Heinrich, starb als erster. Ich traf ihn zuletzt am Flughafen in den Sommerferien. Wir flogen zu unseren Gastfamilien, er hatte eine Gastschwester erwischt, ich nur einen Gastbruder. In einer Postkarte beschrieb er sie als leider hässlich. Zum Schuljahresanfang hieß es, wie Du sicher noch weißt, er sei bei einem Autounfall gestorben. Seine Familie bat mich, ihr die Postkarte zu geben. Sie wollten alle seine Habseligkeiten zusammensammeln und sie verbrennen.«

»Der Koch in der zweiten Reihe rechts, Rolf, entpuppte sich später als Homosexuell, als Paradiesvogel. Er war ja so der Künstlertyp, miserabel in Mathe, aber ein hochbegabter Musiker. Er wurde eines nachts überfallen und kaltblütig ermordet, die Täter nie gefasst.«

»Neben Rolf die Zauberfee Johanna, später die mit Abstand schönste Frau der ganzen Schule. Du warst auch in sie unglücklich verliebt, Paul. Sie war ja eine Erscheinung. Kannst Du Dich an jene Szene in der 8. oder 9. Klasse erinnern —Geschichtsunterricht, Herr Schwarz, der auch unser gefürchteter Sportlehrer war—, während einer Geschichtsklausur flüsterte er Johanna irgendwas zu, worauf diese empört aufstand, zur Tür rannte und ihn anschrie, sie gehe jetzt zum Direktor. Der Schwarz geriet in Panik und beschwörte sie: »Johanna bleib hier!«, brüllte der Kerl verzweifelt, während sie in Tränen ausbrach. Wir waren so betroffen, aber nur Hermann traute sich, aufzustehen, um sie zu trösten, worauf ihn der Schwarz am Nacken packte. So ein *********, der Herr Schwarz. Sie starb jung, angeblich ein Sportunfall. Ob der Fallschirm nicht aufging, ob sie Selbstmord beging … die Familie hielt sich bedeckt, wir werden es nie erfahren.«
»Drei von Dreißig sind jung gestorben und das sind nur die, von denen wir es wissen. Wer weiß, wieviele überhaupt noch leben«, meinte Paul, während er an seiner Teetasse nippte.
Andreas wechselte das Thema.
»Bist Du noch so gläubig wie damals? Wir haben Deinen offen praktizierenden Katholizismus nie verstanden.«
»Aber ja! Gerade in unseren Zeiten ist der katholische Glaube sinnvoll, ja zwingend. Würde Dir auch guttun, Andreas.«
Dann zeigte Andreas ihm sein Terrarium mit der großen schwarzen Spinne. Er nahm sie in die Hand und bot sie Paul zum Streicheln an:
»Hier, mein Liebling, willst Du sie mal halten, sie tut nix.«
»Danke, aber ich verzichte. Was hast Du bloß für ein seltsames Hobby, womit fütterst Du die?«
»Mit kleinen Heuschrecken, die ich da in dem Kasten halte.«
»Und womit fütterst Du die Heuschrecken?«
So plätscherten das Gespräch und die Stunden dahin, bis Paul meinte, es sei spät geworden, er müsse zurückfahren und außerdem fühle er sich irgendwie matt.
Sie umarmten sich zum Abschied.

Als Paul die Haustür hinter sich zog, fand er im Vorgarten zwei zum Verwechseln ähnlich aussehende Männer in Anzügen vor. Vor dem Haus standen mehrere offiziell aussehende Fahrzeuge mit Polizeivolk, darunter sogar ein Rettungswagen. Was vorhin wie eine luxuriöse Wohnanlage aussah, kam ihm jetzt wie ein Hochsicherheitstrakt vor. Die zwei Zwillinge stellten sich als BKA-Agenten vor. »Wie Schulze und Schultze aus „Tim und Struppi“«, dachte Paul.
»Wie geht es Ihnen, alles in Ordnung?«, fragte ihn der eine Agent.
»Wie bitte? Wieso fragen Sie? Tatsächlich fühle ich mich etwas schwach, kriege kaum Luft.«
»Sanitäter!«, rief der andere Agent.
Während sie Paul auf die Bahre legten, erklärte ihm einer von den beiden Agenten, dass sein Freund Andreas im Verdacht stehe, ein Serienmörder zu sein. Er hüte ein Foto aus seiner Kindergartenzeit. Von den zweieinhalb Dutzend Kindern auf dem Foto seien nur er, Paul, dem sie im BKA die Nummer 15 gegeben hätten, und Andreas, Nummer 19, am Leben. Dass Paul so früh in die USA ausgewandert sei, habe ihm wahrscheinlich bisher das Leben gerettet. Sie gingen jetzt davon aus, dass Andreas ihn gerade vergiftet habe, womit er sein Tötungswerk vollendet habe und sie, also das BKA, endlich eine Handhabe, einen Beweis gegen ihn vorfinden könnten, vielleicht den vergifteten Tee oder die Plätzchen, denn, schloss der Agent triumphierend, lange genug hätte dieser Andreas Kripo und BKA an der Nase herumgeführt.
Als Paul versuchte, sich darüber zu empören, dass sie ihn als nichts ahnenden Köder mißbraucht hätten, fand er sich in einer ähnlichen Körperstarre gefangen, wie vorhin im Zug. Seine Glieder, seine Zunge gehorchten ihm nicht. Er konnte gerade noch atmen und die Augenlieder bewegen.
Sein Gehirn jedoch arbeitete wie im Fieber: »Andreas ein Serienmörder? Sicher, er war schon als Mitschüler ein schräger Vogel, stieg abends heimlich ins Lehrerzimmer, suchte die Schränke nach den Klausuren ab, spähte die Mädels in deren Umkleideraum aus... Aber ein Psychopath? Dann fiel ihm der Albtraum im Zug ein, der ihn vor Andreas´ Spinne gewarnt hatte. War das eine Vorahnung gewesen? Falls ja, so lagen die BKA-Agenten falsch, wenn sie das Gift im Tee vermuteten. Nein, den Tee hatten sie gemeinsam getrunken. Allerdings hatte er sich mehrmals an Gegenständen in Andreas´ Wohnung gestochen. Als er ihn umarmte, stach ihn eine Sicherheitsnadel. Steckte sie im Hemd? Das gleiche mit dem Handtuch im Bad, als er sich die Hände abtrocknete.
Schließlich fiel ihm nur noch Beten ein: »Herr, hab Mitleid mit Deinem unwürdigen Diener und lass nicht zu, dass der Anblick dieser zwei Gestalten, Schulze & Schultze, zum letzten meines irdischen Lebens wird.«
Dann verlor er das Bewusstsein.

Grelles Licht. Krankenhausgerüche. Das Weihnachtsoratorium von Bach in Zimmerlautstärke. Paul versucht aufzuschreien: »Das Gift … das Gift … ist in den Nadeln … und die Spinne …!«
Eine Krankenschwester, jung und blond, eilt herbei, hält eine Spritze an seinen Arm und spricht ihm dabei tröstende Worte zu: »Sie sind außer Gefahr … alles wird gut«, dabei schüttelt sie kurz den Kopf, ihre blonde Haarmähne gibt ihr Gesicht frei und Paul stößt einen erleichterten Seufzer aus, denn er erkennt jetzt die junge, ihr Neugeborenes stillende Mutter aus dem Zug.
»Maria! Heilige Maria Mutter Gottes! Maria hat mich gerettet.«, wiederholt er wie ein Mantra.
Der herbeieilende Oberarzt wendet sich seinen Assistenten im Gefolge zu: »Was faselt dieser Patient?«
»Maria ist unter uns, sie hat mich vor dem Serienmörder gerettet! Ich bin die Nummer 15, der einzige Überlebende aus dem Foto!«
»Also, mein Herr, die Heilige Maria Mutter Gottes welt unter uns in Köln? Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin ja auch katholisch, in Kölle sind wir fast alle katholisch«, dabei dreht er sich wieder nach seinen Assistenten um, die ihm eifrig zunicken, »aber dass die Heilige Maria Ihnen hier in Köln erschienen ist, das halten wir für sehr unwahrscheinlich.«
Da fasst Paul den Oberarzt am Arm, schaut ihm tief in die Augen:
»Glauben Sie mir! Maria ist hier. Sie hat mich gerettet!«
 
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Das Urteil

Jemand musste Larry verklagt haben, denn nun steht er vor Gericht. Jemand? Die weitbekannte **** Hasspasia hat ihn der Vergewaltigung bezichtigt, denn, lieber Larry, ein Nein ist ein Nein, stamme es auch von einer bezahlten Kurtisane, die ihn ins Hotelzimmer praktisch geschleift, ihn eigenhändig ausgezogen und sich mit Haut und Haaren Larrys kleinem Bruder gewidmet hatte. Bis eben zum entscheidenden „Einführungsvorgang“. Da hauchte sie ihm wiederholt das „Nein“ zu, zitternd vor Erregung, klatschnass wie eine Pferdetränke, doch deutlich von der Videokamera aufgezeichnet. Larry ließ sich nicht abhalten, reizte sie weiter, wandte seine Erfahrung, seine Künste, sein ganzes Können an, bis sie ihn dann doch anflehte, wimmernd, endlich zu vollziehen.

Das alles zeigte auch das Video der Anklage. Was es nicht zeigte, da sie anscheinend die Kamera angehalten oder die Szene herausgeschnitten hatte, war jenes Gespräch nach ihren mehrfachen Runden und Feuerwerken. Sie enthüllte ihm, dass sie die weltberühmte Prostituierte Hasspasia sei, die von einer Heerschar Frauen, offenbar Larrys ehemalige und aktuelle Gespielinnen, bezahlt worden war, um ihm diese „Ein-Nein-ist-ein-Nein-Falle“ zu stellen.
Während sie sich anzog, meinte sie mitleidig und etwas wegwerfend zu ihm:
»Tja, Larry, das ist vielleicht schade, aber es sieht so aus, als sei es mit Deiner Herumfickerei bald vorbei.«

Jetzt, vor Gericht, erhebt sich beim Anblick der Videoszenen lautes Gemurmel bei den anwesenden Damen. Der Richter ruft sie zur Ordnung. Dann spricht er:
»Die Beweise vor diesem Gericht sind unwiderlegbar! Es ist nicht notwendig, dass sich das Tribunal zur Urteilsfindung zurückzieht. In all meinen Jahren als Richter habe ich noch nie einen derart klaren Fall erlebt …«, und erging sich in weiteren Larry-Schmähungen über das Leid, das er so vielen ihm wohlgesonnenen Menschen … äh … Frauen angetan hätte.

»Wo habe ich das schon gehört?», fragte sich Larry verwundert, »War’s im Spiderman-Film? Nein. Natürlich nicht. Das stammt von „The Wall“, von Pink Floyd! Was ist das denn für ein groteskes, surreales Gericht?«
Schließlich klopft des Richters Hammer auf den Pult zur Urteilsverkündung:
»Chemische Kastration!!«
Feierliche Orgelmusik setzt ein und der Richter wiederholt, in Larrys Wahrnehmung scheinbar endlos, seinen Spruch zum Takt der Orgelpfeifen: »Chemische Kastration!!«, »Chemische Kastration!!«, »Chemische Kastration!!«… bis Larry schweißgebadet aufwacht.
 
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Das waren die Geschichten. Und nun möchte ich viele Rezensionen lesen! Feuer frei!
 
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... Déjà-vu: Die Storys sind wieder mal alle gleich gut.

Fällt mir schwer, angemessen Punkte zu vergeben.
 
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Sehr dünne Ausbeute, Freunde, gerade 5 Geschichten … bin enttäuscht. Außerdem bin ich auch noch schlecht drauf, habe saublöde, äußerst unbefriedigende Vor- und Weihnachtstage bisher verbracht. Zu allem Überfluss stecke ich in einem verspäteten Zug fest …daher verzichte ich lieber darauf, die Bärrysche Galle, den Schakal, den Aasgeier und die hämische Hyäne auf Eure Stories loszulassen und warte lieber auf heute oder morgen Abend und auf den Seelenfrieden der sich hoffentlich nach mehrfacher Ejakulation einstellen wird.
 
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Noch keine Rezensionen hier? Die von Fleety zähle ich mal nicht mit...

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Hier darf jeder was zu den Stories schreiben, wäre ja auch fade, wenn das nur die Autoren selbst tun. Abgestimmt haben ja immerhin schon sechs Leute. Vielleicht schreibt ihr auch was dazu, warum ihr Eure Stimme der einen Story gegeben habt, der anderen aber nicht. Muss ja nicht so umfangreich sein aber als einer der "Autoren" (bewusst in Klammern gehalten) kann ich euch sagen, dass ich sowas immer gern lese. Genug der langen Worte, hier vorab schon ein paar Gedanken zu den eingereichten Stories (wenn auch noch nicht zu allen):

Zu Das Foto:

Mein Favorit in diesem Jahr. Ich kann nicht mal genau sagen, wieso. Aber ich finde sowohl den Plottwist als auch die Grundstimmung der Story sehr schön und passend, gerade zur Jahreszeit. Und das sage ich als jemand, der mit Katholizismus und Heiligenverehrung bekanntermaßen mal gar nichts anfangen kann. Da kann ich auch das eine oder andere unrunde Holpern im Schreibstil verzeihen. Positiv auch die vielen kleinen Details. Chapeau!

Zu Meister Lampe:

Geiler Scheiß! Ich hab beim Lesen irgendwie so einen Vibe zwischen GTA (hauptsächlich) und Breaking Bad (nur eine Spur)gespürt. Schön auch der Zirkelschluß zum titelgebenden Hasen am Ende. Natürlich ist das nur fragmentarisch, man erfährt nichts genaues über die Protagonisten und deren Motivation, das schmälert das Vergnügen ob der Situation beim Lesen aber mal gar nicht. Hat Spaß gemacht!

Zu Das Urteil:

Wirkt mir zu hastig. Eher fragmentarisch. Der Autor könnte sich in Sachen Details gern ein Beispiel am Foto nehmen. Pink Floyd-Referenzen geben aber einen Bonus. Aber das reicht natürlich nicht, um vorn zu landen. Und woher kommt eigentlich die Angst vor der Kastration - ich mein, ok... das ist sicher schmerzhaft, aber doch bei allen Unheilgen kein realistisches Szenario.

Zu den anderen beiden schreibe ich später noch etwas. Eher morgen oder übermorgen. Muss jetzt los, aber ihr könnt ja nun auch was schreiben. Gogogo!
 
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Die Statue

Der Autor möge mir verzeihen. Ich kann mit der Geschichte nichts anfangen, weder mit der Form, noch mit dem Inhalt. Die vielen Orthographie- und Grammatikfehler stören den Lesefluss.
Auch derartige Formulierungen sind nicht schön und stoßen auf wie alter Knoblauch:
...die Stimme in seinem Kopf, welche ihn höhnisch, mit einem immer wahnsinnigerem lachen auslachte und für sein Handeln verspottete....
Entweder leidet der Autor unter galoppierender Dyslexie (dann nehme ich alles zurück), oder er ist so faul wie Bartleby, der Schreiber, aber dann sollte man ihn am Kragen packen und kräftig durchschütteln: Junge, kannst Du denn nicht Korrekturlesen?

Was die Handlung angeht, so ist die Geschichte sehr, sehr dünn, in gerade zwei Sätzen zusammenfassbar und der (absurde) Schluss vorhersehbar. Dagegen empfehlen sich auch bei Kurzgeschichten mehrere Handlungsfäden und gewiss eine (mehr oder weniger) überraschende Puhohnte.

Kriegt von mir leider keine Stimme.
 
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Zu Meister Lampes Pläsier
Hat mir sehr gut gefallen. Mein Favorit dieses Jahr. Da ist für jeden Geschmack was dabei: eine heiße andalusische Gitana (das deutsche Z-Wort ist ja verboten) und Drogendealerin, ein spanisches Kult-Motorrad aus den 70ern, für Natur- und Tierfreunde ein Naturschutzgebiet und ein freches Hasenviech, für geile Böcke eine junge Braut mit prima Brüsten, eine Flinte, die auch schießt, eine Harley ... usw.
Allerdings verstehe ich einiges nicht:
1. In Spanien gibt es keine Rundfunkgebühreneintreiber
2. Als die Braut die männliche Hauptfigur zum Duschen auffordert lehnt sie (die Hauptfigur) ab und meint, sie kenne schon den Film. Welchen Film, bitte? Psycho von Hitchcock?
3. Wie kann man bloß für Barça leben? Völlig unglaubwürdig.
4. Und, schließlich, wo bleiben die expliziten Ejakulationen? Keine gute Geschichte ohne Spritzer, mein Freund!

Trotzdem, meine Stimme hast Du und ich habe Dich erkannt!
 
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Zu 90 Grad Nord

Diese hat von mir auch ein Kreuz bekommen, denn, gut geschrieben und daher, trotz der Länge, bis zum Ende lesbar.
Allerdings nur einmal, denn Euer Diener Bärry ist empfindlich, eine zarte Seele. Die von dieser Story erzeugten Bilder fressen sich in Bärrys Hirn fest und es kostet mehrere Ejakulationen zusammen mit einer gefälligen, gut gelaunten Gespielin, um sie —die Bilder!— halbwegs loszuwerden. Und, vor allen Dingen und an allererster Stelle: Ich mag Stephen King überhaupt NICHT.
Der Autor ist bekanntlich ein Stephen King Fän, ich nicht. Wie kann man zu seiner Unterhaltung, zum Zeitvertreib, zum Zeittöten, wie wir Spanacken sagen, wie kann man da Texte über unschuldig gemeuchelte Eltern und entführte, süße Kinder schreiben (aber auch lesen)?

Aber die Welt ist so: Schlüpfrige, spermatriefende Stories regen die Gemeinde auf (Sexismus! Abartig! …), dagegen bluttriefende Krimis, Massaker und das wahre Böse, ja, da sitzen sie alle, vor allem die elteren Damen, vorm Fernseher und/oder ihre Bibliotheken platzen vor Fitzeks und skandinavischem Schund.

Trotzdem, meine Stimme hast Du, lieber Autor, und noch was: Ich kenne da eine hervorragende Psychologin, allerbeste Seelenklempnerin (außerdem eine richtige Löwin auf der Matratze), die könnte Deine Gehirnschaltungen vielleicht wieder richten. Allerdings hat sie eine Warteliste, die länger ist, als ein sibirischer Winter ohne Schnaps und ohne Olgas.
 
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Zu Meister Lampes Pläsier
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Allerdings verstehe ich einiges nicht:
1. In Spanien gibt es keine Rundfunkgebühreneintreiber
2. Als die Braut die männliche Hauptfigur zum Duschen auffordert lehnt sie (die Hauptfigur) ab und meint, sie kenne schon den Film. Welchen Film, bitte? Psycho von Hitchcock?
3. Wie kann man bloß für Barça leben? Völlig unglaubwürdig.
4. Und, schließlich, wo bleiben die expliziten Ejakulationen? Keine gute Geschichte ohne Spritzer, mein Freund!

Trotzdem, meine Stimme hast Du und ich habe Dich erkannt!
Hm,…Die Gretchenfrage wäre doch: Was steckt eigentlich hinter diesem mysteriösen Bob? …spielt der etwa eine größere Rolle, als es scheint?:suspect:
 
Hm,…Die Gretchenfrage wäre doch: Was steckt eigentlich hinter diesem mysteriösen Bob? …spielt der etwa eine größere Rolle, als es scheint?:suspect:
IMG_0792.jpeg

(Bob Odenkirk. Daher ja meine Breaking Bad-Vibes)
 
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Hm,…Die Gretchenfrage wäre doch: Was steckt eigentlich hinter diesem mysteriösen Bob? …spielt der etwa eine größere Rolle, als es scheint?:suspect:
Wir sind gespannt … Bobby Brown? Bob Marley? SpongeBob?
 
Dylan? Geldorf?
 
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