das kann ich beim besten Wille nicht herauslesen aus Aussagen wie "Wähnet nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist."l
Nun anscheinend bereitet es dir aus mir unerklärlichen Gründen auch Mühe, aus der Feindesliebe mehr als nur "niederste Toleranz" herauszulesen - also aus der Aussage, die Feinde zu lieben, diese zu segnen, denen Gutes zu tun, die dir Unrecht tun und dich hassen, für die zu bitten, die einen beleidigen und verfolgen - aus dieser liest du "niederste Toleranz". Beschäftigen wir uns mit dem Wortsinn, der Geschichte, der Teleologie, so bleibt von deiner Deutung nichts mehr übrig. Sie zeigt nur auf, dass du die Lehre, auch wenn du diese ablehnst, nicht nachvollziehen
willst - denn dass du das könntest, ist mir klar.
Was wäre denn für dich mehr als nur "niederste Toleranz"? Die Meinung des Gegners und Feindes zu übernehmen? Das wäre keine Toleranz, sondern Aufgabe. Assimilation.
Im Übrigen liest du auch deinen obigen Absatz nicht der Lehre und dem gesamten Kontext entsprechend, zudem negierst du das Wort "erfüllen" in der Person Jesus Christus. Und was hat nun Jesus Christus erfüllt? Gelebt? Gelehrt? Das Gesetz Mose zu befolgen und eine Gesetzesreligion zu leben? Nein. Das Gesetz zu missachten, wenn es nicht der gelehrten Ethik, der Gottesliebe, Nächstenliebe, Feindesliebe entspricht? Eine Gewissensreligion? Ja.
Der neue Bund ist eine radikale Abkehr vom alten, das Neue Testament ersetzt mit seinem steten Vorrang das Alte Testament, was die Lehre betrifft, nahezu komplett. Es bleibt das, was Bersun auch schon beschrieben hat.
"Feindesliebe" ist eine Handlungsanweisung, die sagt daß ich mit meinem Feind gewaltfrei umgehen soll
Das also ist für dich auch keine Toleranz? Toleranz bedeutet nicht Respekt, und doch wohnt selbst dieser Toleranz der Respekt inne, vor dem Menschen, nicht notwendigerweise, aber auch nicht ausgeschlossen, vor dessen Meinung und Ansicht - die Existenz und körperliche Unversehrtheit wird hier nicht in Frage gestellt, es ist kein "Vertrag" erforderlich, der das Leben und die Unversehrtheit des Feindes, des Nächsten und darin stets (dass ich das betonen muss...) des Andersgläubigen garantiert und sicherstellt, sondern dieser "Vertrag" existiert bereits mit Gott durch den neuen Bund. Dem Gott "der Liebe und Vergebung" und nicht dem Gott der Rachsucht und der Strafe.
Sie sagt nicht, daß ich seinen anderen Glauben respektieren/tolerieren soll, nur, daß ich ihm dafür nicht sofort eine in die Fresse hauen soll. Kann sein, daß diese niederste Form von Toleranz dir schon ausreicht.
Interessant, dass du respektieren und tolerieren jetzt schon zusammen bringst, um deine Meinung zu untermauern - es ging hier aber um die Toleranz. Beides gleichzusetzen, wenn es um andere Meinungen geht, ist natürlich unzulässig.
"nicht sofort" ist natürlich auch unzulässig, da eine ersichtliche Provokation ohne jeden Hintergrund - es geht hier nicht um die Taktik, in der Position der Unterlegenheit abzuwarten, bis man der Stärkere ist, um dann Leben und Unversehrtheit des anderen zu beenden. Es geht hier darum, den anderen zu irritieren, ihn zum Nachdenken und zum Ändern seiner Vorgehensweise zu bringen, und um den grundsätzlichen Respekt dem Menschen gegenüber.
Natürlich vertritt die christliche Lehre wie auch die islamische den eigenen Wahrheitsanspruch - wenn also deren jeweilige Lehre wahr ist, dann sind andere unwahr. DAS aber als Nichttoleranz heranzuziehen, ist ersichtlich falsch. Grettir ging es ja auch darum, dies dem Islam, nicht aber dem Christentum zuzusprechen, was ebenso ersichtlich falsch ist, denn beide gehen von ihrem Wahrheitsanspruch aus - es geht hier auch und gerade um den Weg, seine Meinung zu vertreten, und auch andere zu überzeugen oder zumindest zu irritieren (Christentum, Anfangs aus der Position der Unterlegenheit heraus), oder auch andere Strategien zu wählen (islamische Praxis bereits zu Mohammeds Zeiten aus der Position der Stärke heraus). Aus der späteren Position der Stärke heraus hat hier ja das Christentum auch andere Strategien gewählt, bis hin zur Nulltoleranz (Konvertierung oder Kopf-ab).
Die Römer kommen im NT immer nur ("Heiden", "Götzendiener", "Heuchler") als schlechtes Beispiel und Feindbild vor.
Jetzt müsstest du nur noch deinen Begriff "Feindbild" und das Gebot der Feindesliebe zusammen bringen, und voilà! Und warum sollten die Römer als gutes Beispiel daherkommen? Als Freunde de jüdischen Volkes? Mal ehrlich!
Ein gutes Beispiel aber geben jene der Lehre entsprechend, die die Feinde gut behandeln.
Es existiert also ein Feindbild. UND es existiert das Gebot der Feindesliebe. Die Aufforderung, auch die andere Wange hinzuhalten. Das ist für dich also nicht tolerant oder nur die niederste Form der Toleranz. Verwechselst du hier nicht Toleranz mit der Aufgabe des eigenen Wahrheitsanspruches?
Wer sich verhält wie sei, dem ist die Hölle sicher ("ihr Teil ist der See, der mit Feuer und Schwefel brennt"). Übrigens durchaus interessant: im AT konnte man zwar für Verfehlungen gegen Gott sein Leben verlieren, die Drohung mit der ewigen Hölle ist aber neutestamentarisch. Diese Drohung wurde früher sehr sehr ernst genommen!
Nur findet sich die mittelalterliche Hölle auch nicht in der Bibel. Aber dazu schreibe ich noch etwas, wenn ich Zeit finde.