Merkwürdiges Phänomen: Seit einiger Zeit werden Links auf traditionelle Medien, Studien etc. nicht mehr akzeptiert. Was einem nicht gefällt, wird als "einseitig" oder gar als Lüge deklariert und am besten noch mit Berichten aus Internetblogs und schrägen Portalen gekontert. Dazu gibt's dann obskure Andeutungen auf gelenkte Meinungsmache, entweder durch Lenkung von oben oder Selbstmanipulation der Medien. Praktisch alles wird zum Teil einer Kampagne erklärt.
Das finde ich ebenfalls schockierend. Klar, nicht jede Quelle ist eine gute Quelle. Und auch die FAZ mag nicht immer richtig liegen.
Aber dieser extrem selektive Umgang ist erschreckend. Der "Mainstream" ist sowieso schonmal ein Lügengebilde. Und deshalb ist alles, was diesen Mainstream "kritisch hinterfragt", wahr. Wenn dieses "kritische Hinterfragen" bedeutet, Blogs von offensichtlichen Vollspinnern zu zitieren und alles für bare Münze zu nehmen, was irgendwo im Internet steht, frage ich mich immer, ob den Leuten die Ironie wirklich nicht bewusst ist. Ein mal "kritisch hinterfragt" zu haben und so bei einer beliebigen Meinung gelandet zu sein, die sich vom Mainstream abhebt, scheint als ausreichend angesehen zu werden, um die absolute Wahrheit zu finden. Naja, jedenfalls wenn einem diese Meinung entweder aufgrund eigener Ansichten gefällt, oder einfach nur, weil sie sich möglichst extrem abhebt von "den anderen". Auch wenn einem, so sollte man meinen, doch manchmal viele Dinge gleichzeitig "Vorsicht, hier stimmt etwas nicht" entgegenrufen.
Aber am härtesten finde ich es, wenn dann eben z.B. bei FAZ.net mal ein Artikel kommt, in dem auch die andere Seite eines Konflikts oder anderen Themas beleuchtet wird - so, wie es sich für seriöse Medien ja auch gehört. Dann wird daraus "Jetzt könnt ihr uns aber gar nichts mehr entgegenbringen, wenn es nun schon so offensichtlich ist, dass *selbst* die FAZ sich dem Druck beugen und davon berichten *muss*".
In gewissen Staaten mit diktatorischen Tendenzen funktionierte die Propagandamaschine schon immer ganz hervorragend bei der einfachen Landbevölkerung, die beschränktem Zugang zu freien Informationen und Bildung ausgesetzt ist. In Deutschland funktioniert sie offenbar ganz hervorragend bei der selbsternannten geistigen Elite.