Der Thread zur Partei

Wenn die demokratischen Partien die ihnen zugedachte Rolle kompetent erfüllen, haben extremistische Parteien normalerweise keine Chance. Heißt umgekehrt: wenn extremistische Parteien Zulauf bekommen, liegt immer auch ein Versagen der etablierten restlichen Parteien zugrunde.
Da bin ich anderer Ansicht. Politik bedeutet ja zunächst, eigene Interessen zu formulieren, sich mit den Interessen der anderen gesellschaftlichen Gruppen auseinanderzusetzen und einen Ausgleich zu finden. Ich gehe davon aus, dass es in jeder Gesellschaft einen großen Anteil von Menschen gibt, die rein emotional auf politische Vorgänge reagieren. Ihre Willensbildung ist von Verlustängsten bestimmt, die Auseinandersetzung mit den Interessen anderer Menschen überfordert sie. Sie haben das Bedürfnis nach einfachen Erklärungen für komplexe politische Vorgänge und sind empfänglich für Versprechungen.

Diese Menschen gibt es in allen politischen Lagern, Fremdenfurcht und nationalistisches Denken natürlich auch. Und in allen Gesellschaften macht der besonders aggressiv nationalistische Anteil zwischen 5 Prozent 10 Prozent aus. Geschickten Politiker/innen wie Le Pen gelingt es dann immer wieder, auch die Randschichten mit populistischen Kampagnen zu mobilisieren, die nicht auf den ersten Blick als nationalistisch zu identifizieren sind. Frauke Petry gehört mE auch zu diesem Typ Politiker/in, die das können. Sie hat, auch aufgrund ihrer Herkunft, ein gutes Gespür für das einfache Denken und Fühlen ihrer Zielgruppe, der Pegida-Schicht. Da wird sie für die AfD eine menge Wählerstimmen abfischen können.

Aber die Erfahrung zeigt auch, dass solche populistischen Erfolge nie von Dauer sind. Diese Zielgruppen sind zu wankelmütig, die Repräsentanten erweisen sich oft als unfähig, im mühsamen Politikalltag konstruktiv mitzuarbeiten. Dann geht es wieder abwärts mit den Stimmen. Und mit neuen Kampagnen, Versprechungen und Namen anschließend wieder aufwärts. Und so fort. Marine Le Pen könnte es sogar schaffen, den Front National in einer Position zu etablieren, die sie bis ins Präsidentenamt trägt. Aber dann muss sie praktische Politik für ganz Frankreich machen – und sich in weiten Teilen von ihren populistischen Forderungen wieder verabschieden.

Das wird dann bei denen, die ihr ihre Stimme gegeben haben, als Versagen einer etablierten Partei gewertet. Und der ganze populistische Schweinezyklus geht von vorne los, mit neuen Kampagnen und neuen Namen.
 
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Da bin ich anderer Ansicht. Politik bedeutet ja zunächst, eigene Interessen zu formulieren, sich mit den Interessen der anderen gesellschaftlichen Gruppen auseinanderzusetzen und einen Ausgleich zu finden. Ich gehe davon aus, dass es in jeder Gesellschaft einen großen Anteil von Menschen gibt, die rein emotional auf politische Vorgänge reagieren. Ihre Willensbildung ist von Verlustängsten bestimmt, die Auseinandersetzung mit den Interessen anderer Menschen überfordert sie. Sie haben das Bedürfnis nach einfachen Erklärungen für komplexe politische Vorgänge und sind empfänglich für Versprechungen.

Ich denke, das ist leider sogar die Mehrheit. Die meisten Menschen sind ja schon mit ihrem eigenen Leben überfordert, wie kann man da noch erwarten daß sie an die Interessen anderer Leute denken, oder sich gar die Mühe machen, komplexe politische oder gesellschaftliche Vorgänge zu analysieren.

Diese Menschen gibt es in allen politischen Lagern, Fremdenfurcht und nationalistisches Denken natürlich auch.

Aber in unterschiedlichen Prozentsätzen.

Aber die Erfahrung zeigt auch, dass solche populistischen Erfolge nie von Dauer sind. Diese Zielgruppen sind zu wankelmütig, die Repräsentanten erweisen sich oft als unfähig, im mühsamen Politikalltag konstruktiv mitzuarbeiten. Dann geht es wieder abwärts mit den Stimmen. Und mit neuen Kampagnen, Versprechungen und Namen anschließend wieder aufwärts. Und so fort. Marine Le Pen könnte es sogar schaffen, den Front National in einer Position zu etablieren, die sie bis ins Präsidentenamt trägt. Aber dann muss sie praktische Politik für ganz Frankreich machen – und sich in weiten Teilen von ihren populistischen Forderungen wieder verabschieden.

Aufpassen: Diese (Wunsch-)Vorstellung hat schon damals bei Hitler nicht funktioniert.
 
“Die AfD steht vor der Spaltung, Hunderte Mitglieder sind schon ausgetreten. Nun will die Parteispitze den Machtverlust in den Parlamenten aufhalten - und verlangt von abtrünnigen Abgeordneten die Mandate zurück.”

Schönes Demokratieverständnis. :confused:
 
Auch das ist typisch für populistische Parteien. Sie reden dem Volk nach dem Maul und folgen dessen Stimmungen. Das bedeutet aber auch, dass sie nach innen autoritär sein müssen und Abweichler von der schlingernden Parteilinie in den eigenen Reihen nicht ertragen können.
 
Nein, die Rolle der Vernunft, um wieder mehr Liberalismus und mehr Marktwirtschaft zu wagen und weniger Staat.

Du musst dich entscheiden: Entweder mehr Marktwirtschaft oder weniger Staat. Denn nur der Staat hätte die Macht und die Mittel, der extrem konzentrierten, also marktfeindlichen Wirtschaft etwas entgegenzusetzen. Klick mal hier: https://www.destatis.de/DE/Publikat...ischesJahrbuch2012.pdf?__blob=publicationFile und schau dir Seite 501 an: "Weniger als 1% der größten Unternehmen erwirtschafteten 2009 knapp 65% des Umsatzes". Dass dies mit marktwirtschaftlichen Prinzipien kaum in Einklang zu bringen ist, versteht sich (hoffentlich) von selbst. Daran ändert auch der letzte Satz auf S. 501 nichts. Denn die 3,5 Millionen Betriebe, die dem Wettbewerb ausgesetzt sind, spielen für die Wirtschaft insgesamt nur eine Nebenrolle.

Ein beliebtes Argument der radikalen Marktbefürworter ist ein anthropologisches. Der Mensch lasse sich nun mal nicht gern in seiner Freiheit einschränken, also auch nicht vom Staat vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat. Daher sei eine möglichst liberale Wirtschaftsordnung die Voraussetzung für effizientes Wirtschaften. Soweit stimmt es. Grundfalsch ist aber die Annahme, Freiheit würde zwangsläufig *Marktwirtschaft* bedeuten. Der Anthropologe Alan Fiske nennt vier Formen des ökonomischen Zusammenlebens: Teilen, Tauschen von Gefälligkeiten, hierarchische Dominanz und Markt.
 
NeuStart Deutschland Alternative Partei. :hehehe:
 
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Luckes Plan ist sehr gut. Er entzieht dabei der AfD Stimmen, ohne jemals genügend Einfluß zu bekommen. Ich plädiere sogar dafür, weitere Alternativen für Deutschland zu gründen. Die Zersplitterung hat sich in den 70er Jahren schon auf der linken Seite bewährt, wo sich KPD/ML, KPD /AO, KBW, KB, DKP & Co erbarmungslose Kämpfe um die richtige Sicht der Dinge geliefert haben. Einige sind dann zu den Grünen gegangen und haben die mit aufgebaut, viele ins esoterische Lager geflohen, ein Rest hat sich in den 90ern in die neue Linkspartei gerettet. Die anderen schreiben in Internetforen bittere Anklagen gegen den Westen und vergreisen allmählich.

Diese eigentlich fatale Entwicklung wäre auf der rechtskonservativen Seite des Spektrums sehr wünschenswert. Lucke und Petry wären bis an das Ende ihrer Tage in Richtungskämpfe verwickelt und politisch neutralisiert. Bachmann irrlichtert am Rand der Neonazi-Szene und macht die Pegidanten für bürgerliche Kreise unmöglich.

An der Bedrohung durch die militanten Neonazis ändert das natürlich nichts. Aber zumindest bleiben die dann erstmal weiter allein in der rechten Schmutzecke.
 
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Die anderen schreiben in Internetforen bittere Anklagen gegen den Westen und vergreisen allmählich.

Dabei graue Haare zu bekommen ist nicht gleich bedeutend mit vergreisen sondern mit erhöhter geistiger Aktivität.
 
Luckes Plan ist sehr gut. Er entzieht dabei der AfD Stimmen, ohne jemals genügend Einfluß zu bekommen. Ich plädiere sogar dafür, weitere Alternativen für Deutschland zu gründen. Die Zersplitterung hat sich in den 70er Jahren schon auf der linken Seite bewährt, wo sich KPD/ML, KPD /AO, KBW, KB, DKP & Co erbarmungslose Kämpfe um die richtige Sicht der Dinge geliefert haben. Einige sind dann zu den Grünen gegangen und haben die mit aufgebaut, viele ins esoterische Lager geflohen, ein Rest hat sich in den 90ern in die neue Linkspartei gerettet. Die anderen schreiben in Internetforen bittere Anklagen gegen den Westen und vergreisen allmählich.

Diese eigentlich fatale Entwicklung wäre auf der rechtskonservativen Seite des Spektrums sehr wünschenswert. Lucke und Petry wären bis an das Ende ihrer Tage in Richtungskämpfe verwickelt und politisch neutralisiert. Bachmann irrlichtert am Rand der Neonazi-Szene und macht die Pegidanten für bürgerliche Kreise unmöglich.

Herrlich. :hehehe::upten:
 
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