Glaubt man Aktivisten, die seit Jahren die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie untersuchen, sind die Billigketten längst nicht mehr die größten Übeltäter der Branche. Abgelöst haben sie die Luxuskonzerne – also ausgerechnet diejenigen, die ihre Kleidung zu besonders hohen Preisen verkaufen. Untersuchungen von Initiativen wie „Rank a brand“ oder der „Kampagne für saubere Kleidung“ zeigen, dass die Produktionsbedingungen, unter denen Konzerne ihre Premiummarken fertigen lassen, mindestens ebenso schlimm sind wie die der Billigketten. ... Luxuskonzerne schnitten bei der letzten Untersuchung besonders schlecht ab. Prada, Escada, Versace, Armani, Hermès, Marc Jacobs und Louis Vuitton: Sie alle stuft Rank a brand als „nicht empfehlenswert“ ein. ... Während Billigketten ihre Kleidung vor allem in Asien fertigen lassen, wird Luxusmode oft in der Türkei oder in Osteuropa, zum Beispiel in Bulgarien, Rumänien oder Kroatien, genäht. Die Konzerne werben mit dem Label „Made in Europe“. Das sieht seriöser aus als „Made in Bangladesh“. Doch auch wenn ein Konzern in Osteuropa oder der Türkei fertigen lässt, ist das keine Garantie für würdige Arbeitsbedingungen. Im Gegenteil, heißt es bei der Kampagne für saubere Kleidung. Sie hat 300 Näherinnen in Osteuropa und der Türkei befragt. Dort, so das Ergebnis, sei die Kluft zwischen ausgezahlten und existenzsichernden Löhnen „teilweise noch größer als in asiatischen Produktionsländern“.