junicks
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Wie soll man die "soziale Komponente" bewerten bzw. was verstehst du genau überhaupt darunter und wie willst du die sicherstellen? Ein Studium ist doch nicht dafür da Leute nach sozialen Kriterien auszuwählen sondern nach Leistung....
Dass Unis generell mehr Geld benötigen ist ja keine Frage, aber das ist total unabhängig davon ob sie nun Studiengebühren haben oder nicht und es Zugangsbeschränkungen gibt oder nicht - mehr Geld aus dem Staatsbudget sollte ohnehin her, das ist auch die einzige Forderung der Protestler die ich gut und richtig finde.
Aber dieses "wir wollen in Ruhe studieren und in Frieden gelassen werden und uns selbst finden und die Welt verbessern" Gewäsch ist sowieso ein Brechmittel. Die sollen was leisten oder die Klappe halten, aber nicht dafür plädieren dass sie ohne Leistungsdruck studieren können denn Druck hat man überall, schon in der Schule!
soziale komponente & eignungstests:
meine lebensgefährtin hat ein abgeschlossenes studium der geisteswissenschaften (mag. phil.) und studiert nun medizin. sie hat den EMS aus dem stand geschafft. sie arbeitet auch seit einigen jahren als ordinationsassistentin in einer privatarztpraxis und hat daher schon 300x mehr ahnung, wie der job so läuft, als ihre kollegInnen.
der EMS-test ist de facto ein besserer intelligenztest. sie sagen zwar, du kannst ihn nicht lernen, jedoch gibt es genügend (teure) vorbereitungskurse sowie übungsmaterial im buchhandel und streckenweise sind es die selben beispiele leicht abgewandelt. kurz: der EMS ist, genau wie ein MENSA-test, problemlos erlernbar.
was allerdings nicht "geprüft" wird, ist deine menschliche eignung zum arzt. eben die soziale komponente. ebenso wenig der kreative zugang zur materie, wie man auf ungewöhnliche probleme reagiert, ob man einfallsreich ist.
kurz: der test sagt nichts über deine eignung als arzt aus, sondern nur, ob du ein routinierter lerner bist, ein funktionierendes kurzzeitgedächtnis hast und halbwegs was von organisation verstehst.
druck und wissenschaftliches arbeiten:
du hast das nicht ganz verstanden. es gibt (in österreich) eine mindeststudienzeit, in der du gefälligst das studium abzuschliessen hast. leider ist das in 99% der fälle nicht möglich. warum? kennst du das anmeldesystem für diverse vorlesungen und (pro-)seminare? 30 plätze frei, 300 anmeldungen, wer am schnellsten ist, kommt rein, wer nicht, warteliste; ansonsten viel glück im nächsten semester! wiederholung des szenarios höchst wahrscheinlich.
zu zeiten der studiengebühren hat das bedeutet, dass du, wenn du es in der mindestzeit schaffst (einen teil der) studiengebühren zurückzubekommen. das ist die finanzielle komponente.
weiters geht mit diesem "leistungssystem" der sinn des studiums irgendwo verloren. studenten sind im prinzip angehende wissenschaftler, denen es so nicht möglich ist, wie solche zu arbeiten, da sie keine längerfristigen projekte in angriff nehmen können, da sie immer die "mindestzeit" im nacken haben. viel hängt auch vom good will der diplomarbeitsbetreuer ab (2 monate zeit für die benotung, willkürliche vergabe von prüfungsterminen), wann man fertig wird. ich kenne niemanden, der es in der mindestzeit geschafft hat, selbst dann nicht, wenn die meisten begrenzten kurse "gebucht" werden konnten.
ich weiss nicht, wie schlimm es in deutschland ist, aber in österreich gibt es eine hässliche neidgesellschaft. studenten sind faules pack und studenten, die für ihre rechte und änderungen im system auftreten, sind faules pack, welches mit schlagstöcken und tränengas zur räson gebracht werden soll. sobald allerdings der magister oder doktor vor dem namen steht, ist alles ganz anders: dann ist man eine respektsperson. letztendlich sind die österreicher ein volk pawlow'scher arschkriecher, die sofort beim reizwort "titel" den diener machen. aber bis es soweit ist, ist man der abschaum der gesellschaft, lebt von "meinem steuergeld" und ist onehin die ganze zeit besoffen.
studenten kosten dem steuerzahler nichts mehr, wenn sie länger studieren. und dass in österreich ein wissenschaftsminister jetzt die "piefkeflut" als hintertür nutzen will, die studiengebühren wieder einzuführen (obwohl diese, wie er einst meinte, ohnehin nur ein "symbolischer betrag" seien, der nicht im geringsten die laufenden kosten abdecken kann), anstatt sich dafür einzusetzen, dass es ein europaweit gültiges zugangssystem gibt. so ist das in europa und speziell in österreich: das problem wird nicht an der wurzel gepackt, nein, man bekämpft die sympthome und wenn garnichts mehr hilft, dann verabreicht man ein placebo und hofft, dass es von selbst weg geht.
und genau deshalb ist seit donnerstag mittag das audimax der uni wien besetzt. deshalb ist am freitag die uni graz nachgezogen. deshalb bereitet sich die tu wien darauf vor. deshalb haben sonntags die innsbrucker und salzburger ihren protest begonnen. deshalb solidarisieren sich gewerkschaften, universitäten, privatpersonen und unipersonal aus aller welt ( http://unibrennt.at/?cat=11 )mit den besetzern, weil irgendwann schluss sein muss mit der heuchlerischen bildungspolitik, die auf der einen seite kein geld für die bestehenden institute hat und gleichzeitig in niederösterreich eine privatuni aufzieht, in der ein paar lieblingsstudenten diverser professoren subventioniert elite spielen darf.
vielleicht denken einige hier darüber nach, warum solche besetzungen und demos überhaupt erst notwendig sind und dass es sich dabei um die aufgestaute verzweiflung der letzten 9 jahre bildungspolitik von gehrer bis hahn handelt. ich empfehle auch diesen artikel zu lesen: http://piraten.in/480
heilige!
@junicks #unibrennt #audimax #unsereuni #oesterreichbrennt