Was denkst du wird passieren wenn wir wieder und wieder Menschen Angst vor Klimaschutz machen, Lösungen ignorieren, wenn kein Klimaschutz passiert? Wie wird die volkswirtschaftliche Perspektive sein, wie anspruchsvoll aus ökonomischer und technischer Sicht werden unsere Aufgaben sein wenn wir CO2-Neutralität nicht erreichen? Inwiefern werden uns Staatsformen kümmern?
Weder habe ich bestritten, dass es zum Klimaschutz keine Alternative gibt, noch habe ich irgendetwas dagegen einzuwenden, sofort damit anzufangen. Dafür bin ich auch bereit, mein Leben umzustellen. Es gibt hier überhaupt keinen Dissens. Selbstverständlich ist eine Welt, die im Klimachaos versinkt, die schlechteste von allen Optionen, sogar noch schlechter als eine Welt, in der die Wirtschaft zusammengebrochen ist.
Nur begreife doch endlich: Wir werden niemals zu einem wirksamen Klimaschutz kommen, wenn wir keinen Plan haben, um den Kapitalismus geordnet zu beenden. Denn es ist die kapitalistische Logik, die die Schonung von Umwelt und Rohstoffen zuverlässig unterbindet und jeden, aber auch wirklich jeden kostbaren Effizienzgewinn in mehr Wachstum und mehr Verbrauch verwandelt. Fehlt also der Plan für den Ausstieg, dann gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten:
- Wir machen weiter wie bisher, d.h. wir fordern mehr Klimaschutz, stellen mehr Windräder auf, installieren Solarpanele, betreiben immer ausgefuchsteres Greenwashing, schieben völlig wirkungslose CO2-Zertifikate herum, erfreuen uns an Leuchtturmprojekten und fummeln uns Statistiken zurecht - rühren das Wirtschaftssystem aber nicht an, weil wir erstens ignoranterweise glauben, dass wir das dank "grüner Technik" gar nicht müssen, weil wir zweitens eine (durchaus begründete) Angst vor dem Absturz haben und drittens, weil die Mehrheiten dafür fehlen und in einer Demokratie ohne Mehrheiten bekanntlich nix läuft. Ach ja, und viertens: Weil wir uns schon längst darauf verständigt haben, dass Defizite beim Klimaschutz rein moralische Gründe haben müssen, keine strukturellen. Wir hängen dann weiter in einer fatalen Schleife drin, in der sich Hoffnung und Enttäuschung miteinander abwechseln, für den Klimaschutz ist jedoch nichts gewonnen, ganz im Gegenteil, die Wirtschaft wächst ja fröhlich weiter.
- Wir legen es drauf an. Wir schrumpfen in Absehung der Systemzwänge die Wirtschaft, indem wir beispielsweise der Industrie Vorgaben machen, ab wann sie keine fossile Energie mehr verbrennen darf. Die Vorgaben sind natürlich unerfüllbar, was wir in unserer grünen Technikeuphorie gar nicht merken und uns im Zweifelsfalle auch nicht groß juckt - da werden wir dann wieder moralisch und wollen die alten Dinosaurier sterben sehen, die sind doch selber schuld... außerdem ist der Klimawandel ja auch schlimmer als eine kaputte Industrie. Schwierig daran ist, dass die Bevölkerung die extremen Folgen letzten Endes nicht zu tragen bereit sein wird, weil sie äußerst hart und - anders als der Klimawandel - unmittelbar spürbar sein werden. Da wird es dann nicht mehr nur um Engpässe beim Toilettenpapier gehen, sondern um die massenhafte Vernichtung von Existenzen. Und dann passiert genau das, was ich bereits beschrieben habe: Es wird extrem rechts gewählt. Gestern erst hörte ich Donald Trumps Rede zu seiner erneuten Kandidatur, wie aus dem Bilderbuch hat er da den Klimawandel kleingeredet und ihn als Erfindung linksradikaler Demokraten hingestellt. Genau das haben wir dann hoch 2, und die Menschen werden das in ihrer unmittelbaren Not wählen. Mit dem Ergebnis, dass alle Bemühungen, den Klimawandel zu stoppen, für die Tonne sein werden.
Ich möchte damit ausdrücklich
nicht sagen, dass ich Wirtschaft und Umweltschutz als Gegensätze betrachte und mich im Zweifelsfall lieber für die Wirtschaft und gegen den Umweltschutz entscheide. Allerdings betrachte ich
dieses Wirtschaftssystem als unvereinbar mit dem Umweltschutz und plädiere dafür, Pläne zu erarbeiten, wie man aus dem System so aussteigt, dass es nicht zu extremen Verwerfungen kommt - gerade
damit es eine solide Perspektive für wirksamen Umweltschutz geben kann. Dann müssen wir natürlich auch auf vieles verzichten, aber wir werden es bereitwillig tun, eben weil eine tragfähige Perspektive da ist. Es wundert mich nicht, dass Ulrike Herrmanns Buch "Das Ende des Kapitalismus" auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste gelandet ist (die Autorin selbst war davon ausgegangen, überhaupt keinen Verlag für ihr Modell "britische Kriegswirtschaft ab 1939" zu finden und wollte das Buch im Selbstverlag herausbringen). Denn auch wenn "Kriegswirtschaft" oder "Überlebenswirtschaft" nicht schön klingt - es ist eine Perspektive. Traumtänzerei mit "grünem Wachstum" und Leuchtturmprojekten ist
keine.
Ich warte auf keine Antwort
Jetzt hast du sie doch bekommen, aber es wird die letzte sein.