Gesellschaft Holocaust - die Schuld der eigenen Vorfahren - Umgang in der Familie

Da mag die Dame Recht haben. Linguistik ist allerdings nicht die Lehre von der Schönheit der Sprache. Da haben Literaturwissenschaftler, Literaten und Journalisten einen anderen Blick. Wenn ich in einem Artikel beispielsweise das Wort "Geflüchtetenhilfe" lesen würde, flöge die Zeitung sofort in die Altpapierkiste.
Ja, bei etlichen Begriffen ist es gelungen, sie im Sprachgebrauch zu verankern, ohne dass sich dazu Alternativen entwickeln konnten. Später ist es dann sehr schwer, sie zu ersetzen, ohne sich lächerlich zu machen.

Die Alternativen zu "Flüchtling" sind allerdings auch sehr sperrig – "Zuflucht suchender", "Schutzsuchender"… . Das englische Wort "refugee" ist da viel wertfreier und schön kurz.
 
Daher hat ja die "taz" vor vielen Jahren schon das große "I" eingeführt: ProfessorInnen, AsylantInnen, FlüchtingInnen.

Damit hat man beide Geschlechter im Sack.
 
ja, Texte damit zu lesen sind mehr als grausam... Aktivisten benutzen das ja auch sehr gerne...
 
ja, Randgruppenverfechter, feministen und wie sie alle heißen.
 
… "Randgruppenverfechter", "Feministen" und wie du sie alle nennst.
 
Daher hat ja die "taz" vor vielen Jahren schon das große "I" eingeführt: ProfessorInnen, AsylantInnen, FlüchtingInnen.

Damit hat man beide Geschlechter im Sack.
Du hast wohl länger nicht die taz gelesen?: Aber das Binnen-I sieht nur eine Minderheit von 53 Befragten (42,4 Prozent) als adäquate Lösung des Problems an. Viele verweisen auf den gestörten Lesefluss: Wer schreibt schon gern von B(a)äuerInnen oder möchte sich mit Konstruktionen wie "JedeR, der/die diesen Text liest, der/die wird gleich wahnsinnig" herumschlagen? Das Binnen-I und die taz: Die Erektion im Text

Ich glaube, der Artikel ist von 2009.
 
und wie nennt man solche Gruppierungen dann? :noplan:
 
Pardon, dann gib mir "Politisch korrekte" Ausdrücke wenn es dich stört.
Erstens stört es mich nicht, wenn Du sie verwendest, und zweitens wäre es sinnlos, dir neutrale Ausdrücke zu nennen – du würdest sie nicht benutzen.

Du illustrierst sehr schön, wie politische Kampfbegriffe den öffentlichen Diskurs durchsetzen. Meiner Wahrnehmung nach ist das auch in den Diskussionen, die hier in den letzten Jahren in der Bar geführt worden, immer deutlicher geworden. Beim Thema Klimaveränderung ist das mE erstmals so richtig ausgeufert, beim Thema Ukraine dann gradezu explodiert. Aber die Vokabeln waren da noch auf begrenzte Gruppen mit bestimmten Weltanschauungen begrenzt, jede hatte ihre speziellen Pfeile im Köcher.

Beim Thema Asylpolitik und Zuwanderung dagegen ist inzwischen fast der gesamte öffentliche Sprachgebrauch gradezu durchseucht mit rhetorischen Giftgranaten. Um Fakten bemüht sich kaum jemand.
 
Es ist für eine Lösung im laufe der Diskussion aber völlig irrelevant wie was ausgedrückt wird... aber wir diskutieren ja gerne über das wie anstatt über das was
 
Wir diskutieren hier nicht über Lösungen, sondern tragen die eigenen Familienerfahrungen mit der Reflexion der Naziherrschaft und der Verantwortlichkeiten einzelner Familienmitglieder zusammen.

Nachdem slamburger über seine Familie von "Flüchtlingen aus Ostpreußen" geschrieben hatte, begann van Klomp eine Begriffsdiskussion:
@slamburger : Ich kenne und kannte einige aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Alle verwahrten sich gegen den Begriff Flüchtling.
"Ich bin nicht geflüchtet! Ich wurde aus meiner Heimat vertrieben!"
Ein kleiner gemeiner Unterschied, nicht?

Der "gemeine Unterschied" ist der zwischen "einem von uns", der Opfer von Vertreibung geworden ist – und einem "–ling", einem eben nicht von uns, einem von den anderen, den Fremden, die aus eigenem Antrieb zu uns kommen. (Und uns ausnutzen wollen.)
 
Wir diskutieren hier nicht über Lösungen, sondern tragen die eigenen Familienerfahrungen mit der Reflexion der Naziherrschaft und der Verantwortlichkeiten einzelner Familienmitglieder zusammen.
Genau!

Du hast wohl länger nicht die taz gelesen?: Aber das Binnen-I sieht nur eine Minderheit von 53 Befragten (42,4 Prozent) als adäquate Lösung des Problems an. Viele verweisen auf den gestörten Lesefluss: Wer schreibt schon gern von B(a)äuerInnen oder möchte sich mit Konstruktionen wie "JedeR, der/die diesen Text liest, der/die wird gleich wahnsinnig" herumschlagen?
In der Wissenschafts-Welt (Scientific-Community) ist diese Schreibweise Standard und nicht mehr wegzudenken. Da wimmelt es nur von Binnen-I nur so, und es stört überhaupt nicht den LESEFLUSS weil man es gewöhnt ist.
 
Das Problem ist, dass jeder Begriff ein Transportbehälter für einen bestimmten Inhalt ist. (Wehling nennt das "Frame".) Und dass Politiker darin geschult sind, diese Frames im öffentlichen Bewusstsein zu platzieren. Dann genügt später der Begriff, um bestimmte Inhalte mitzudenken – ohne dass sie dann noch hinterfragt werden..
Dieser Begriff 'FRAME', wahrscheinlich nicht 'Frahme' sondern eher 'Fräihm', trifft mich, im Kontext einer Unterhaltung auf Deutsch, wie ein Tritt in die barryschen Kronjuwelen.
Begriffe mit der Endung -ling finde ich dagegen Klasse, der Frühling, der Zauberlehrling, ein Pfifferling ... Anstoß an 'Flüchtling' zu nehmen ist einfach lächerlich. Wahrscheinlich hat die Dame, Frau Wehling, :D, ihr ganzes Leben unter dem -ling gelitten.
 
In der Wissenschafts-Welt (Scientific-Community) ist diese Schreibweise Standard und nicht mehr wegzudenken. Da wimmelt es nur von Binnen-I nur so, und es stört überhaupt nicht den LESEFLUSS weil man es gewöhnt ist.
Wenn es dich nicht stört, ist es ja hübsch für dich. Nur, warum führst du eine Zeitung als Beispiel an, die das seit Jahren bewusst nicht praktiziert?
 
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Das Problem ist wohl nicht wie man es sagt, sondern wie man es meint...
Das Problem ist, dass Sprache versteckte Werturteile vermittelt auch unbeabsichtigt.

Ich hatte mal ein Schlüsselerlebnis. Ich besitze ein Fachbuch, das ist eine Art Standartwerk, das wird seit 50 Jahren aufgelegt. Alle paar Jahre gibt es eine leicht erweiterte Auflage. Inhaltlich bleibt es größtenteils gleich. Ich besitze ein relativ aktuelles Exemplar. Ich hatte das mal verliehen, hätte es aber ausgerechnet dann benötigt und ging daher in die Bibliothek. Ich habe dort nur eine Ausgabe von 1976 gefunden und dachte mich trifft der Schlag. In der 1976-Ausgabe wird die Leserin herabqualifiziert zu einer "dummen, unwissenden Bittstellerin", während die Autoren als selbstgefällige Experten auf mich herabschauen. Das war so krass, ich wußte gar nicht, wie mir geschah. Ich fühlte mich dumm- und kleingemacht und von oben herab behandelt, ich hätte aufschreien mögen. Und das bei einem wissenschaftlichen Standartwerk, welches überhaupt nicht großartig die Beziehung Autor-Leserin zum Inhalt hat.

1976 hat das vermutlich kaum jemand bewußt empfunden, weil eine solche Behandlung in der damaligen Zeit noch völlig üblich war. Wir waren es gewohnt, herabqualifiziert zu werden und merkten es nicht einmal. Dennoch war es falsch und es hat uns klein gemacht.



Anstoß an 'Flüchtling' zu nehmen ist einfach lächerlich.
Die Bezeichnung Lehrling ist zugunsten von Auszubildende/Auszubildender fast ausgestorben. Ich halte das für eine emanzipierte Umbenennung. Es ist ein Unterschied.
 
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