Change, Reform und Wandel
Jens Wernicke 03.06.2015
Matthias Burchardt über das Alphabet der politischen Psychotechniken
Matthias Burchardt ist Akademischer Rat am Institut für Bildungsphilosophie der Universität zu Köln sowie entschiedener Kritiker der Bildungsreformen im Namen von PISA und Bologna. Zuletzt erschien von ihm das Buch "Ja? Nein? ... Jein! Kompass für den alltäglichen Gewissenskonflikt", das er zusammen mit Andrea Mayer und Nora Hespers geschrieben hat.
http://www.heise.de/tp/artikel/44/44961/1.html
Der Begriff "Wandel" verschleiert dabei wunderbar, dass die vermeintlich zwingenden Verhältnisse zuvor politisch geschaffen oder zugelassen worden sind, nicht zuletzt, um die Partikularinteressen von globalen Finanz- und Machteliten zu realisieren. Zugleich stellt die Logik des "Sachzwanges" infrage, dass es - was jedoch stets der Fall ist - Alternativen zur vermeintlich einzig möglichen Reform gibt.
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Im Grunde wird das Modell der "schöpferischen Zerstörung", das von Schumpeter als Wirkungsprinzip des entfesselten Marktes dargestellt wurde, gerade hegemonial auf immer mehr Lebensfelder ausgedehnt, die ursprünglich einer anderen Handlungs- und Soziallogik unterstanden: Kultur, Politik, Recht, Familie, Kirche, Bildung usf. stehen zwar prinzipiell in einem gesellschaftlichen Zusammenhang mit wirtschaftlichen Bereichen der Gesellschaft, sind allerdings nicht deren untergeordnete Funktion.
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Die skizzierten Strategien der Organisationsentwicklung durch Change Management dürften vielen Lehrern und Hochschulkollegen bekannt vorkommen. Insbesondere bei der Durchsetzung des Bologna-Prozesses sind auf diese Weise vielfältig Strukturen, Prozeduren und Personen verändert worden. Und viele der Kritiker sind bis heute kaltgestellt als Leute der Vergangenheit.