Das Problem ist, dass sich nur eine sehr kleine Minderheit von Ökonomen mit Postwachstumsökonomie beschäftigt, das ist ein kleiner Club ohne Einfluss. Wir haben viele Klimaforscher, die einen guten Job machen und deren Wort auch Gewicht hat. Ökonomen hingegen, die aus den naturwissenschaftlichen Befunden Konsequenzen ziehen, aber eben leider kaum. Daher finde ich, dass es nicht reicht, zu sagen: Dann sollen die Ökonomen mal machen, ist ja deren Job... es scheint überhaupt nicht hinzuhauen.
Neulich trafen in einer Ausgabe von "Markus Lanz" Luisa Neubauer von FFF und irgendein FDP-Politiker aufeinander. Ich habe mir das in der Mediathek angesehen, musste zwischendurch aber mal das Video anhalten. Als ich zurückkam und das Standbild sah, dachte ich nur: Gott, das sagt doch jetzt echt alles. Ein grinsender, zuversichtlicher und über die Macht des Marktes eloquent schwadronierender FDP-Heini, daneben eine junge Frau mit einem Gesichtsausdruck, den ich als eine Mischung aus Wut, Verachtung und Verzweiflung beschreiben würde. Es liegen Welten zwischen dem, was wirklich erforderlich wäre und der Art, wie das Problem in dieser Gesellschaft gesehen und angegangen wird.
Wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst, muss man aber zusehen, wie man den technischen Fortschritt und die Produktion von umweltfreundlicher Technik organisiert kriegt - das kann dann ja nicht mehr über Investitionen laufen, weil Unternehmen keine Gewinne mehr machen können und auch der Staat nicht mehr einspringen kann wie gewohnt. Das konnte er bislang ja nur, weil die Wirtschaft wuchs. Über Wettbewerb mit anderen kapitalistischen Ländern wie China müsste man dann eigentlich auch nicht mehr reden - eine stagnierende Wirtschaft ist einer Wachstumswirtschaft hoffnungslos unterlegen, und wenn China weiter wachsen möchte...
Oder wir wachsen eben doch weiter. Dann aber kein Klimaschutz, keine Chance. Das Problem ist brutal.
https://taz.de/Klimaziele-und-Wirtschaftswachstum/!5718595/