Während du deine Annahme für sicher hältst, sehen andere Sachverständige dafür noch keine ausreichenden Grundlagen:
"Postwachstumspositionen streben die Unabhängigkeit vom Wirtschaftswachstum an, wobei Unsicherheit darüber herrscht, inwieweit eine Entkopplung von negativen Umweltwirkungen und Wachstum gelingen kann – da weder theoretische noch empirische Grundlagen ausreichend bestehen."
Ich halte meine Annahme keineswegs für sicher; sehr gerne werde ich sie revidieren, sowie dazu Anlass besteht. Doch gerade diese Aussage von Sachverständigen lädt ja nun
nicht dazu ein, sie besagt letztendlich: "Wir wissen nicht, wie's gehen soll". Ich halte es da wie mit dem Glauben an Gott: Selbstverständlich
könnte es ihn geben, und er könnte sogar genau diejenigen Eigenschaften haben, von welchen Gläubige gemeinhin ausgehen. Aber es gibt keinerlei Beweise, und nun müsste man mal die Frage stellen, wer hier eigentlich beweispflichtig ist. Ich denke nicht, dass
ich es bin.
Später im Text kommt Empfehlungen an die Politik, beispielsweise:
Wie das? Erst wird eingeräumt, dass man schlicht nicht weiß, wie man mit dem Wachstum fertigwerden soll - um dann konkrete Empfehlungen daraus abzuleiten? Aus
was denn?
Dies kann unter anderem durch wachstumsunabhängige Instrumente geschehen.
In meinen Augen ist das reine Augenwischerei. Es gibt keine wachstumsunabhängigen Instrumente. Gerade auch der CO2-Emissionsrechtehandel ist keineswegs wachstumsneutral. Er versucht, mit Marktinstrumenten in eine Wirtschaft einzugreifen, die kein Markt ist, sondern Kapitalismus - mit (unkalkulierbaren) Folgen, eben weil die Ausgangsprämisse (Marktwirtschaft) falsch ist. Wie kommen die Sachverständigen auf sowas?
Ich denke, ich befinde mich nicht in der Gesellschaft von lauter naiven Märchenfreunden, die die bittere Realität verleugnen, wenn ich – anders als du – eine Entkoppelung von Umwelt-/Klimaschutz und Wirtschaftswachstum nicht für unmöglich halte.
Auch ich würde die niemals als naive Märchenfreunde bezeichnen. Aber sie sind mit der Aufgabe betraut, den Kreis zu quadrieren, und sie geben angesichts des Ernstes der Lage dabei ihr Bestes. Ob das auch reicht, ist leider eine andere Frage. Persönliche Hoffnungen darin bestätigt zu sehen, dass es Gleichgesinnte gibt, finde ich verfehlt. Es gibt ganz viele Leute, darunter auch fast alle "Experten", die glauben, dass die Digitalwirtschaft weiterlaufen kann wie bisher und die freiheitlich-demokratische Gesellschaft, die auf freier Persönlichkeitsentfaltung basiert, trotzdem schon irgendwie Bestand haben wird. Die liegen aber falsch, tut mir leid. Für mich jedenfalls solange, bis mir jemand überzeugend erklärt hat, wie Überwachung und Freiheit übereins gehen sollen.
Das tröstet und motiviert mich, mir weiter Gedanken über eine andere Politik und ein anderes Leben zu machen und die auch möglichst zu versuchen umzusetzen.
Trost suchen - ich weiß nicht. Gott tröstet auch, deshalb gibt es ihn schließlich ja auch in den Köpfen der Menschen. Mir ist so eine Denke fremd. Ich bin neugierig, ich will wissen, wie der Hase läuft und warum. Ich will nicht behaupten, dass es mich kalt lässt, wenn Befunde nicht so ausfallen, wie ich es gerne hätte. Aber ich akzeptiere sie, auch wenn der Trost dabei unter die Räder kommt, und ich halte das für richtig.