Gesellschaft 20 Jahre sind genug - Gegen die Vertafelung der Gesellschaft

Kartoffel- und Reisgerichte sind auch nicht teurer, Eintöpfe auch nicht. Pizza kann man sehr gut und unter 2 Euro/Person selbst machen, von Brot /Aufstrichen gar nicht zu reden. Das Problem liegt, wie gesagt, eher in der Antriebsschwäche der Klientel als im HartzIV-Satz.

Ich glaube, dass die Diskussion, wie viel eine einzelne Mahlzeit kostet, am Thema vorbei geht. Ein Harzler hat, so haben wir's hier gelesen - 4 Euro am Tag für Essen und Trinken.
Wenn Du davon 2 Euro schon für eine einzige Mahlzeit verbläst, klappt das am Ende des Tages nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn Du halbwegs ausreichend, abwechslungsreich und gesund essen willst

Die Frage ist doch, ob wir in einem Staat leben wollen, der zwar Steuern und Sozialbeiträge in nicht unbeträchtlicher Höhe einnimmt, aber dann mit seinen Bedürftigen nach dem Motto verfährt: "Seid froh, dass ihr überhaupt etwas bekommt".

Ob wir uns das leisten können? Aber ja! Wie hier schon geschrieben wurde: Wenn Du wissen willst, wo Deine Steuerkohle hingeht, schau nicht nach unten, sondern nach oben.
 
Kann ja sein, dass die Preise einzelner Lebensmittel stark schwanken, aber in den 70er Jahren waren es noch 19% des Einkommens, die ein Durchschnittshaushalt für Lebensmittel ausgeben musste. Heute sind es knapp über 11%.
Wie gesagt: Das ging nur, weil sich ein neues Qualitäts-und Preissegment am untersten Ende der Skala etabliert hat.
Das liegt vor allem an den gesunkenen Verkaufserlösen, die die Landwirtschaft für ihre Produkte bekommt. Von jeder für Nahrungsmittel ausgegebenen Mark flossen in den 70er Jahren noch 47 Pfennig in die Kasse des Landwirtes, heute sind es nur noch 21.
Und da schließt sich der Kreis wieder: Weil viele Menschen als Harzler, Aufstocker und Niedrigstlöhner so wenig Einkommen haben, sind sie auf billige Produkte angewiesen. Billig verkaufen kann man aber nur, wenn man billig einkauft. Also wird der Staffelstab an die Produzenten weitergereicht.
Das gleichen die Landwirte mit Produktivitätssteigerungen aus: Die bewirtschafteten Flächen und die Zahl der gemästeten Tiere pro Arbeitskraft werden immer grösser. In der Landwirtschaft sind heute industrielle Produktionsmethoden die Regel.
Das machen sie gezwungenermaßen, weil sich ein landwirtschaftlicher Betrieb sonst nicht rechnet. In der Regel wird die Expansion über Schulden finanziert. Einer hat mir das so erklärt: Früher hatten wir 25 Kühe und da ist etwas übrig geblieben. Heute brauchst Du dafür mindestens 100 Kühe. Für 100 Kühe braucht man einen größeren Stall, eine größere Melkanlage, größere Anbauflächen für Futter (außer man kauft teuer zu) und produziert größere Mengen Mist. Den Stall hat er gebaut. Inkl. Photovoltaik auf dem Dach. Ohne die hätte die Finanzierung nämlich nicht geklappt.
Entsprechend sind die Qualität der Lebensmittel und ihre Preise. Und entsprechend viel kann weggeworfen werfen, wenn es nicht mehr total frisch ist oder einen Fleck hat.
Jetzt sind wir beim Punkt. Die Frage ist: wollen wir das? Wollen wir Lebensmittel, die um eines möglichst niedrigen Preises willen eine schlechtere Qualität haben?
 
Welche Lebensmittel waren denn besser in den 70ern? Gibt es dazu auch Quellen?
 
Welche Lebensmittel waren denn besser in den 70ern? Gibt es dazu auch Quellen?

Jetzt wird also mal wieder versucht vollends vom Thema abzulenken. Denn ob nun Lebensmittel, die statt natürlicher Nahrungsstoffe mit künstlichen Stoffen vollgestopft sind, mag jeder selbst entscheiden. Wenn Dich aber das Thema so sehr interessiert, dann hält Dich niemand davon ab, selbst zu recherchieren, wie alleine der Vitamingehalt in Obst und Gemüse abgenommen hat und stattdessen die Optik dort im Vordergrund steht.
 
Toastbrot. Dank Konservierungsstoffen hielt das Zeug auch mal 3 Monate. :hehehe:

und Limonade war so schön bunt

Naja, war damals schon Massentierhaltung angesagt (im aktuellen Ausmass wie heute)?

Damals war vieles besser weil die Diagnostik noch nicht so weit war.
Wurde damals der Joghurt schon durchschnittlich 1700 km durch Europa gekarrt?

zum Thema:

Damals musste zumindest noch niemand bei einer Tafel betteln um ein paar fast-abgelaufene-Lebensmittel (die andre weg werfen) zu erhalten.
Damals reichte das Geld noch aus um sich zu ernähren. (jaja, geht ja heute mit Fertignudeln auch - schon klar).
 
Jetzt wird also mal wieder versucht vollends vom Thema abzulenken.
Ich habe doch gar nicht solche Thesen in den Raum geworfen. Ich kann auch einfach behaupten früher sei einfach alles besser gewesen und Menschen ohne Arbeit seien gebratene Tauben in den Mund geflogen.
 
…Menschen ohne Arbeit seien gebratene Tauben in den Mund geflogen.

Hat das irgendjemand behauptet? Nein! Da aber zum einen früher die Beschäftigungsquote höher war, haben auch mehr Menschen Steuern und Abgaben bezahlt. Um so höher die Arbeitslosigkeit, desto weniger Leute müssen also für Steuern und Abgaben aufkommen. Zum anderen war es damals auch noch nicht verbreitete Unsitte, dass man Leute beschäftigte und deren Löhne dann von der Allgemeinheit bezahlen lies. Im Moment sieht es doch so aus: Immer weniger Leute zahlen in den Topf ein, aus dem aber andererseits immer mehr bedient werden müssen.
Dazu kommt das Verschleudern von Unsummen für irgendwelchen "Quatsch".
 
Welche Kostenfaktoren bei der Produktion gesenkt wurden, ist für diese Diskussion unerheblich. Tatsache ist, dass Lebensmittel in Deutschland so billig geworden sind, dass wir es uns leisten können, 11 Mio Tonnen an unverdorbenen Lebensmitteln jährlich wegzuschmeissen, ohne dass es notwendig wäre. Wie viele Tonnen über die Tafeln verramscht werden, weiß ich nicht.
 
Eine weitere Tatsache ist, dass etwa 10% der Bevölkerung nicht mehr als 50 Euro /Woche zur Verfügung hat, 90 Prozent dagegen mit 150 Euro das dreifache ausgibt. Dreiviertel haben immerhin noch 100 Euro zur Verfügung.

Toll.
Und wir konzentrieren uns jetzt auf den Teil der theoretisch 28,- Euro pro Woche zur Verfügung hat (siehe Thread Titel).

Aber Du hast recht. Das Problem "zu billige Lebensmittel" hat einen eigenen Thread verdient.
 
...
Eine weitere Tatsache ist, dass etwa 10% der Bevölkerung nicht mehr als 50 Euro /Woche und Kopf zur Verfügung hat, 90 Prozent dagegen mit 150 Euro das dreifache ausgibt. Dreiviertel der Bevölkerung haben immerhin noch 100 Euro zur Verfügung.
:upten:
Jawohl Spöege, das ist der springende Punkt!
Die krasse und unerechte Verteilung von Vermögen in Deutschland ...
 
Damals reichte das Geld noch aus um sich zu ernähren. (jaja, geht ja heute mit Fertignudeln auch - schon klar).
Damals gab es auch nur 3 Joghurtsorten in schlichter Verpackung, für die alle 6 Wochen mal Fernsehwerbung gemacht wurde. Wenn überhaupt.

Das Barilla Pasta heute bei 1,50 das halbe Kilo liegt, liegt u.a. auch daran, dass Steffi Graf sich mit den 90 Millionen Euro für die Werbung ein paar neue Tennisschuhe finanziert hat. Der Kerl, der uns auf der Kinderschoki über Jahrzehnte begleitet hat, hat damals 300 Mark auf die Kralle gekriegt.

Barilla macht einen weltweiten Umsatz von 4 Milliarden Euro. Wenn wir davon ausgehen, dass der deutsche Markt sogar ein Viertel davon ausmacht, hat Steffi 10% vom Umsatz als Salär bekommen. Die Pasta könnte immer noch 1,35 kosten. 15 Cent gehen aber an Steffi Graf. So muss man das auch mal rechnen.

Nix gegen Stars und Werbung. Von mir aus sollen die sich den *rsch vergolden lassen. Ich sehe es nur nicht ein, 15 Cent pro Packung an Steffi Graf zu überweisen. Die Nudeln schmecken mir dadurch nicht besser.

Ich bin da auch nicht immer konsequent, aber sobald jemandes Konterfei in einer Werbung auftaucht, der für so einen Deal garantiert zweistellige Millionenbeträge bekommt, ist der Hersteller so weit wie möglich raus aus meinem Warenkorb.

Ich bin echt nicht missgünstig, aber jedes Glas Rosbacher kostet mich x Michael Schumacher Cent. Da kauf ich doch lieber das Billigwasser aus dem Lidl.
 
Und wir konzentrieren uns jetzt auf den Teil der theoretisch 28,- Euro pro Woche zur Verfügung hat.
2003 hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung mal ausgerechnet, wie viel Geld für eine vollwertige Ernährung notwendig wäre. Durchschnittlich wären das 48 Euro monatlich pro Kopf, bei preisbewusstem Einkauf geht das für 21 bis 28 Euro pro Person. Laut DGE ist also eine ausreichende vollwertige Ernährung zum HartzIV-Satz machbar, wenn man preisbewusst einkauft.

Ich gehe davon aus, dass sich nicht allzu viel seitdem geändert hat.
 
2003 hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung mal ausgerechnet, wie viel Geld für eine vollwertige Ernährung notwendig wäre. Durchschnittlich wären das 48 Euro monatlich pro Kopf, bei preisbewusstem Einkauf geht das für 21 bis 28 Euro pro Person. Laut DGE ist also eine ausreichende vollwertige Ernährung zum HartzIV-Satz machbar, wenn man preisbewusst einkauft.

Ich gehe davon aus, dass sich nicht allzu viel seitdem geändert hat.

So, Du gehst also davon aus, ja? Du führst zum einen eine zehn(!) Jahre Tabelle heran, in der man dann lesen kann, dass bei Fisch, Obst und Gemüse die Preise ja ordentlich zurückgegangen sind.
Und wenn ich Deine Argumentationslinie zugrunde lege, dann dürften also ca 50 Euro im Monat für Lebensmittel im Regelsatz eines Hartz IV-Empfängers ausreichen, ja?

Wenn also der Monat ca 30 Tage hat, dann wären das rund 1,67 am Tag.
 
Moin,

2003 hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung mal ausgerechnet, wie viel Geld für eine vollwertige Ernährung notwendig wäre. Durchschnittlich wären das 48 Euro monatlich pro Kopf, bei preisbewusstem Einkauf geht das für 21 bis 28 Euro pro Person. Laut DGE ist also eine ausreichende vollwertige Ernährung zum HartzIV-Satz machbar, wenn man preisbewusst einkauft.

Tja, Spoege, lesen müsste man können.
Aus dem von Dir verlinkten Artikel (Hervorhebungen von mir):

In Tabelle 3 werden die Ergebnisse der Ausgabenberechnungen dargestellt. Zuerst werden die Ausgaben ohne Berücksichtigung der üblichen Verkaufsmengen angegeben. Auf der Basis der Preisberechungen für das Jahr 2003 belaufen sich die durchschnittlichen Ausgaben für eine vollwertige Ernährung auf ca. 43 € pro Woche und Person, bzw. auf 186 € pro Monat und Person. Bei einer über alle Lebensmittelgruppen preisbewussten Einkaufsweise kann eine vollwertige Ernährung für ca. 21 bis 28 € pro Person und Woche (10. bis 25. Perzentile), bzw. 92 bis 119 € pro und Person und Monat erreicht werden. Werden die Lebensmittel hingegen teuer (75. bis 90. Perzentile) eingekauft, so steigen die Ausgaben auf 51 bis 68 € pro Person und Woche, bzw. auf 220 bis 292 € pro Person und Monat.

Weiter steht da noch:
Berücksichtigt man die im Handel üblichen Verkaufsmengen, wie sie in Tabelle 4 dargestellt sind, so erhöhen sich theoretisch die notwendigen Ausgaben für eine vollwertige Ernährung auf durchschnittlich 87 € pro Person und Woche.
 
Die kann er ja ganz leicht selber mal überprüfen: Er möge sich mal, bitte, einen Monat lang mit 1,67 Euro am Tag ernähren.

Wie kommst Du auf die Zahl?
Wenn ich hier reinschaue:

http://www.sozialhilfe24.de/hartz-iv-4-alg-ii-2/regelsatz.html#regelbedarf

dann sind für Nahrung 127 EUR vorgesehen und selbst bei 31 Tagen sind das > 4 EUR.
Auch erlaube ich mir die Frage, ob man die 39 EUR für "Unterhaltung und Freizeit" nicht besser in was anderes steckt.
 
Die kann er ja ganz leicht selber mal überprüfen: Er möge sich mal, bitte, einen Monat lang mit 1,67 Euro am Tag ernähren.
Das ist theoretisch möglich.
Allerdings halt auf die Basics runtergebrochen und man muss den Krempel massiv auf Vorrat kaufen (Reis in Kilosäcken, TK Erbsen auch in Säcken etc)
 
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