Bis hierhin „Chapeau!“
Deine wortreiche Beschreibung trifft sehr gut meine Gedanken zu Europa, wobei ich für mich nochmals betonen möchte,
daß ich Europa als politisches und wirtschaftliches Gebilde für unentbehrlich für unser aller Friede, Wohlstand und Freiheit halte. Allein der Weg dorthin und der Umgang mit der Idee (und Chance; s. oben) ist in meinen Augen von Machtstreben und Bürokratie korrumpiert worden.
Alles Weitere findet nicht meine Zustimmung, da ich sehr wohl der Meinung bin, daß der „europäische Gedanke“ (aus welchen Motiven der auch immer erwachsen ist) zur nachhaltigen Befriedung von Europa beigetragen hat.
Ich kann dir nur absolut beipflichten. Natürlich hat der 'europäische Gedanke' zu zwischenstaatlichen Friedensverhältnissen geführt. Indes wag ich festzustellen: es war der europäische Gedanke - nicht aber die EU. Vielmehr: es war der europäische Gedanke –
trotz der EU.
Es gilt doch zu differenzieren und wachsam zu bleiben. Denn: "aus welchen Motiven der auch immer erwachsen ist...", ist gefährlich und überführt die Organe der EU derzeit in eine finanzmarktlobbyistische Bürokraten-Diktatur, die mit dem 'europäischen Gedanken' gar nichts mehr zu tun hat – sondern allein noch als Mantel über der eigentlich verbrecherischen Struktur liegt. Den Bürgern wird damit – und das ist eben das, was Kritiker in Wahrheit bemängeln – zum einen die zugesicherte Rechtssicherheit genommen wie auch der 'europäische Gedanke' an sich gestohlen. Wir erleben derzeit mit, wie der nobelste Gedanke der Bürgerschaften Europas missbraucht und als bloßes Propaganda-Mittel genutzt wird, um in Wahrheit einen Unrechts-Staat durchzusetzen. Ja, auch die EU ist wichtig und unerlässlich – aber allein in Recht und Rechtsstaatlichkeit. Alles andere ist nur ein Zerrbild jenes Gedankens, den wir zurecht verteidigen: dem europäischen Gedanken, der derzeit aber verbrecherischsten Missbrauch erleidet.
Zunächst einmal stelle ich erneut fest, ob national oder übernational: Europa lebt und webt kooperativ – oder es gibt keine Europa. Der europäische Gedanke ist der Gedanke des Friedens der europäischen Nationen.
Wer aber von 'Europa' spricht, muss nicht die 'EU' bzw. den Bundesstaat meinen, der in seiner derzeitigen Verfassung zum einen offen und unverblümt allein Interessen der Finanz-Wirtschaft vertritt, und der zum anderen auf ständigem Rechtsbruch basiert; Rechtsbrüche die zu eklatant und in den Resultaten zu schicksalhaft wegweisend sind, dass den Proklamationen der Rechtsbrecher, denen Europa derzeit in die Hände gefallen ist, Vertrauen geschenkt werden dürfte.
Oder anders gesagt: Während der europäische Gedanke ein unerlässlicher, nobler und darum allein erstrebenswerter ist – ist die EU hinsichtlich ihrer Konstitution mittlerweile zur Gefahr geworden, eben diesen Frieden wieder zu gefährden. Dies beweist sie derzeit an ihrer allein Finanz-lobbyistischen Politik.
Nicht nur an Griechenland und Spanien ist dies bereit ersichtlich geworden. Denn der Frieden ist dort bereits weit über den Siedepunkt hinaus in Gefahr gebracht worden.
Die EU ist kein Rechtsstaat mehr, in dem durch Gewaltenteilung und Rechtsschutz die Grundrechte der Bürger gesichert sind. Sie ist – und dies ist vor allem an der immer krasser werdenden Schneise zwischen arm und reich abzulesen – kein Sozialstaat, der dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Sondern sie kristallisiert sich zusehends als unselbstständiger Teil eines globalen, ausbeuterischen Kapitalismus heraus, in dem das Gemeinwohl (dem jeder Staat vorrangig verpflichtet ist) vollständig geopfert wird.
Indessen ist das Recht bereits in Praxis einem ständigen Bruch überantwortet worden. Demokratie ist die politische Form der allgemeinen Freiheit. Die Gesetze der Republik müssen der Wille aller Burger sein. Wenn sie nicht das Volk unmittelbar durch Abstimmungen beschließt, müssen sie im Parlament (eingebettet in den öffentlichen Diskurs) beraten und beschlossen werden.
Die meisten Rechtssätze, die in Deutschland wie in der Gesamt-EU gelten, sind aber mittlerweile von exekutiven Organen als Richtlinien und Verordnungen beschlossen worden. Diskurse gibt es darüber nicht mehr. Man hat Hintertüren benutzt, um Recht zu brechen. Das Europäische Parlament hat dabei nur außerordentlich begrenzten Einfluss auf die Gesetzgebung. Das Stimmgewicht vor allem der Wähler weicht dabei undemokratischen, also freiheitlichen Prinzipien entgegen voneinander ab.
Die EU hat, wie übrigens alle zentralistischen Bürokratien, ihre Befugnisse dabei auf alle wirtschaftlich wichtigen Bereiche ausgedehnt und ist dabei nach Belieben rechtsbrüchig geworden – selbst den eigen verfassten Rechtsvorgaben entgegen. Recht wie Rechtsetzung werden in ständig neuen Ergänzungen – ohne öffentlichen Diskurs und somit Zustimmung der Bürgerschaft – verändert und gar vollständig verkehrt.
Ja, der Frieden in Europa ist u.a. Teil des europäischen Gedankens und Einigungsprozesses. Beides wird derzeit von den maßgeblichen Lenkern der EU-Bürokratie gefährdet.
Jeder Rechtsbruch wirkt sich still und heimlich auch auf den 'europäischen Gedanken' aus. Diese Abfolge lässt sich an den Meinungsbekundungen in Griechenland und Spanien bereits ablesen.
Und noch einmal: die Kritiker an der EU, die ich persönlich kenne, sind allesamt keine Kritiker am europäischen Gedanken. Ganz im Gegenteil sind sie Verfechter Europas – aber eben 'in Recht, rigorosem Gemeinwohl und in Freiheit, also Rechtsstaatlichkeit'. Prinzipien, die von den derzeitig politisch Verantwortlichen in grotesker Weise diffamiert und verraten werden.
Wir haben uns zu wehren. Wir haben uns dagegen zu wehren, dass der noble Gedanke der europäischen Einigung von Kaptial-Verbrechern missbraucht wird, indem die EU zu einem Unrechts-Staat verkommen darf, in dem alle Rechtsstaatlichkeit geopfert ist. Wir haben uns gegen jene zu wehren, die den europäischen Gedanken ihren eigenen Interessen opfern. Sie missbrauchen ihn mittlerweile sogar offensichtlich. Sie verstecken sich nicht mehr.
Als jüngstes Beispiel: Asmussen treibt über Griechenland die EU noch weiter in den Schuldturm seiner lobbyistisch verbundenen Banken-Freunde. Schulden, um Schulden zu tilgen, ist sein Vorschlag. Oder in Klartext: noch mehr Entrechtung, um Entrechtung aufzuheben? Noch mehr Abhängigkeit, um unabhängig zu werden? Wir sollten doch mal aufwachen langsam...
http://www.spiegel.de/wirtschaft/so...denrueckkauf-durch-griechenland-a-861069.html
http://www.welt.de/wirtschaft/artic...gene-Anleihen-mit-Krediten-zurueckkaufen.html
Über Asmussen hatte ich bereits informiert:
https://www.macuser.de/forum/f33/weltwirtschaftskrise-macht-noch-603948/#post7012137
Glücklicherweise leben wir hier nicht in Griechenland. Aber wir leben
gemeinsam in Europa! Darum sollten wir uns fragen: wollen wir Armut, De-Solidarisierung, demokratische Entmündigung unseren Brüdern und Schwestern in der 'europäischen Provinz Griechenland' aufbürden – nur weil Finanzverbrecher sich das Recht einverleiben, mittels Kaptial-Drucks den Rechtsstaat auszuhebeln?
Wir erleben einen finanz-geführten Staatsputsch derzeit mit! In Griechenland ist er im Grunde bereits vollzogen. Wir laufen Gefahr, darüber nicht nur die EU, sondern den europäischen Gedanken an sich wieder zu verlieren. Dagegen müssen wir uns wehren. Wer das unterlässt, der verrät den europäischen Gedanken, den er idealisiert vorgibt, ihn hochzuhalten – eben so, wie es die politischen Kräfte von Merkel bis Baruso derzeit propagandistisch tun. Sie opfern den nobelsten Gedanken der europäischen Bürgerschaften für ihre lobbyistischen Hintergründe, während sie uns zugleich mit unseren eigenen Idealen betäuben und binden. Ein perfider Raubzug. Ganz – ich hatte es im Vorpost bereits ausgeführt – nach alten religiösen Prinzipien, die von der Aufklärung überwunden worden waren.
Die Allmacht Gottes ist die proklamierte, Diskurs abweisende Alternativlosigkeit der heutigen Politik. Und die Hoffnung auf ein Paradies wurde durch die Hoffnung auf ein irgendwann einmal rechtsstaatliches Europa ersetzt - dem bis dahin aber jedes Opfer zu erbringen sei, dass nur irgend möglich ist. Wir sind darauf reingefallen.
Während einer Anhörung in Brüssel sagten mir zuletzt gleich mehrere Rechtsstaatler, indem sie einen deutschen Kollegen zitierten: "Europa ist in die falschen Hände gefallen". Genau dies trifft den tatsächlichen Missstand. Das
Gute ist in die falschen Hände gefallen.
An den eklatanten Rechtsbrüchen, unseren Staatsverschuldungen, am Abbau des Gemeinwesens, an der Ent-Staatlichung Griechenlands, schlussendlich an der Korruption des europäischen Gedankens können wir diesen Umstand ablesen. Die Vergabe des Friedens-Nobelpreises verkommt damit zu einer Farce.
Ich zitiere Stéphane Hessel: "Empört Euch!"
Damit ist alles gesagt. Wer das unterlässt, läuft im Gleichschritt. Und wie das endet, wissen wir alle. Skepsis ist dagegen
immer Bürgerpflicht! Denn sie ist das Mittel zur Überprüfung des Rechts! Wenn die Politik aber auffordert, diese Skepsis dranzugeben, sollte im Grunde jeder Bürger erst Recht skeptisch werden... Denn Skepsis ist Bürgerpflicht. So, wie auch der Widerstand gegen Unrecht Bürgerpflicht ist.