Wollt Ihr das totale Europa?

Diese "kleiner Bruder/großer Bruder"-Erzählung klingt aber sehr naiv. Und auch ein bisschen herablassend, obwohl du's wahrscheinlich nicht so meinst.

Kann sein, daß es so klingt. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Diskutanten hier lebe ich in Griechenland und kenne die Situation vor Ort ebenso wie die "Volksseele". Sicher war die Hoffnung auf Hilfe vom "grösseren Bruder" naiv, das haben die Griechen ja schmerzlich merken müssen.

Dagegen kann man mal zwei Punkte zu bedenken geben. Erstens: Die Griechen haben eine ganze Menge größerer Brüder, die ihnen in ihrer jetzigen Lage helfen könnten: Griechen. All die Millionäre und Milliardäre, die dem griechischen Staat nach vorsichtigen Schätzungen 40 Milliarden € Steuern schulden. Und all die Reederei-Tycoons, die bislang per Gesetz steuerbefreit sind. Schwer einzusehen, warum Steuerzahler in ganz Europa dafür einstehen sollen, dass Griechenland von seinen reichsten Bürgern keine Steuern eintreibt. Die ständigen Solidaritäts-Forderungen nach außen sind deshalb ziemlich geschmacklos. Man nimmt die Deutschen und alle andern Nettozahler in die Pflicht, während Griechen keine Solidarität mit Griechen zeigen, sondern ihr Geld lieber im Ausland verstecken.

Ja, das ist ein grosses Problem. Dazu muß man aber wissen, daß Griechen auf Grund ihrer Geschichte ein andere Staatsverständnis haben als Deutsche. Jahrhundertelang besetzt, danach von einer raffgierigen Politikerklasse ausgeplündert, hat sich beim Griechen das Bild "Der Staat ist mein Feind" aufgebaut. So etwas wie "Gemeinsinn" gibt es in hohem Masse, aber nur im kleinen Raum, sprich innerhalb von Familie und Freundeskreis. Daß man einem Staat Steuern zahlt, von dem man nichts erwarten kann, und wo man weiß daß das Geld in dunkle Kanäle fließt, hat man nicht eingesehen. Das ist bedauerlich, aber unter den gleichen Rahmenbedingungen würden Deutsche nicht anders reagieren. Wenn ich (wie zuletzt von Barroso) höre, das Vertrauen in den griechischen Staat muß "wiederhergestellt werden", schüttle ich immer den Kopf - nein, nicht "wiederhergestellt", sondern "von 0 aufgebaut", und "0" ist dabei schon geschönt.
Griechenland und die griechische Gesellschaft ist in einer extrem schwierigen Umbruchphase. Der Umbau des Staates wird auch das Verhalten der Leute ändern, sobald sie sehen daß sich etwas zum Positiven verändert. Bisher ist noch zu wenig Vertrauen da, nicht nur Vertrauen in den griechischen Staat, sondern auch Vertrauen in Europa, so daß die reichen Griechen ihr Geld leider im Ausland lassen als von einer eventuell doch noch kommenden Währungsreform kalt erwischt zu werden. Auch hier gilt: Jeder Deutsche würde das gleiche tun. Man kann nicht erwarten daß sich Leute einfach handstreichartig enteignen lassen.

Was die Reeder angeht, die immer wieder als schlechtes Beispiel herhalten müssen weil sie von Steuern befreit sind: Das sind die Einzigen, die in GR private Stiftungen unterhalten, und massiv durch ihre Spenden das Gemeinwohl unterstützen. Durch eigene Anschauung kann ich sagen, daß das griechische Volk von diesen "bösen Steuerhinterziehern" mehr profitiert, als wenn diese Steuern zahlen würden - in Form von großen Fortbildungszentren, Infrastruktur und Strassenbau, Stipendien, etc). Wer allerdings wirklich ein Problem darstellt ist die Orthodoxe Kirche - ihr gehört praktisch das halbe Land, ohne daß sie Steuern auf Grundbesitz oder Erbschaften zahlen müssten - und die Gehälter der Geistlichen zahlt auch noch der Staat. DA könnte man wirklich Geld holen, aber da traut sich nicht mal die Troika dran.

Zweitens: Das Deutschland-Ansehen war in Griechenland tatsächlich groß. Ich kann mich an eine BBC-Umfrage von 2006 erinnern, wonach Deutschland unter allen Ländern von den Griechen die höchsten Sympathiewerte erhielt. Wieso dieses plötzliche Umkippen der öffentlichen Meinung? Es fällt schwer, das nicht zynisch sehen: Solange Deutschland ohne Nachfragen und Kontrollen den Wohlstand durch die jährlichen EU-Nettozahlungen und Fördermittel co-finanzierte, war alles bestens. Offenbar waren diese Sympathien aber eher mit Geld erkauft als genuin.

Das Ansehen Deutschlands in Griechenland ist traditionell immer sehr gut gewesen, schon lange bevor auch nur eine einzige Mark über die EU dort hingeflossen ist. Die Sympathien kommen zum Großteil daher, daß viele Griechen Deutschland als Gastarbeiter kennen und schätzen gelernt haben. Viele von ihnen sind in die Heimat zurück gekehrt, und sind jetzt hier in ihren Ansichten "deutscher" als die Deutschen.

Als den Rettungspaketen nicht umgehend zugestimmt wurde und die deutsche Regierung Strukturveränderungen forderte, wurden sofort deutsche Fahnen verbrannt, Hakenkreuze an die Botschaft geschmiert und Reparationsforderungen aus dem 2. Weltkrieg präsentiert.

Das alles ist vorgekommen, ja. Aber in einem sehr geringen Ausmass, das man in den deutschen Medien wie durch ein Vergrösserungsglas dargestellt hat. Die meisten Griechen sind auch heute noch deutsch-freundlich. Du kannst es mir glauben, ich erlebe es jeden Tag. Daß es hier wie überall Deppen gibt, ist aber auch normal.

Mich hat immer gewundert, warum sich der griechische Volkszorn im Verbrennen deutscher Flaggen entlud und nicht, sagen wir mal, in Plünderungen der Villenviertel in Athen und Thessaloniki, wo die griechischen Kleptokraten nisten, die wahren Verursacher der Misere.

Möglicherweise, weil dort auch die wichtigsten Arbeitgeber leben... Aber ja, dazu kann es noch kommen, wenn die Regierung nicht für einen sozialverträglichen Ausgleich zwischen Arm und Reich sorgt - und zwar bald. Die Troika könnte da mal helfen - zum Beispiel weil sie neue "Spar"vorhaben der Regierung ablehnt, wenn sie den sozialen Frieden gefährden. Derzeit ist die Troika das Feindbild Nummer 1 (deutlich vor Frau Merkel) - aber sie könnte von einem Tag auf den anderen der Liebling der Griechen werden, wenn sie sich für den kleinen Mann einsetzen würde. Ich bin gespannt, ob das mal passiert.
 
Aber ja, dazu kann es noch kommen, wenn die Regierung nicht für einen sozialverträglichen Ausgleich zwischen Arm und Reich sorgt - und zwar bald. Die Troika könnte da mal helfen - zum Beispiel weil sie neue "Spar"vorhaben der Regierung ablehnt, wenn sie den sozialen Frieden gefährden.

Die Troika ist eine kraftlose Marionettenversammlung. Die Sparvorhaben können nicht abgelehnt werden, weil sonst gänzlich Aus die Maus im Land.
Einzige Lösung: Drachme einführen. Nix Anderes funktioniert.

Die griechischen Nationalsozialisten sollen in den Dörfern 20 euro Scheine verteilen; damit sich die Dorfbewohner was zum Äsen kaufen können.
Ich pers. möchte da keinen Urlaub mehr machen.
Grund: entweder bekommt man aus Hass eine übergebraten oder der Camper wird abgefackelt ( aus Neid ) Obwohl man nicht mal für deren Dreck verantwortlich ist.

Griechischer Nationalsozialist verteilt paar Ohrfeigen
http://www.youtube.com/watch?v=nhS7JYwfYqw
 
Ja, das ist ein grosses Problem. Dazu muß man aber wissen, daß Griechen auf Grund ihrer Geschichte ein andere Staatsverständnis haben als Deutsche. Jahrhundertelang besetzt, danach von einer raffgierigen Politikerklasse ausgeplündert, hat sich beim Griechen das Bild "Der Staat ist mein Feind" aufgebaut. So etwas wie "Gemeinsinn" gibt es in hohem Masse, aber nur im kleinen Raum, sprich innerhalb von Familie und Freundeskreis. Daß man einem Staat Steuern zahlt, von dem man nichts erwarten kann, und wo man weiß daß das Geld in dunkle Kanäle fließt, hat man nicht eingesehen.

Ja, das alles ist ist mir vollkommen klar. In diesem Kontext ist es das rationalste Verhalten der Welt, keine Steuern zu zahlen. Aber das macht das Problem so unlösbar. Der griechische Staat ist völlig unfähig, seine korrupten Strukturen selbst zu reformieren, weil er aus diesen Strukturen besteht. Die Troika versucht ja seit zwei Jahren, beim Aufbau eines funktionierenden Steuersystems zu helfen, aber die EU-Beamten werden bei jedem Schritt ausgebremst.

Dass die Troika auch im Volk so ein Hassobjekt ist, ist ja eigentlich völlig absurd. Nur durch so eine externe Instanz wird es möglich sein, überhaupt Steuergerechtigkeit herzustellen. Im Augenblick werden die kleinen Leute und die Rentner besteuert, weil die Regierung das am einfachsten umsetzen kann. Die wahrhaft Wohlhabenden, von denen die wirklich maßgeblichen Steuereinnahmen zu holen wären, haben ihre Verbindungen und Prozessverschleppungs-Techniken und sind oft mit den regierenden Eliten vernetzt. Die Troika könnte der Hebel sein, durch den sich der griechische Staat in Richtung Steuergerechtigkeit und Transparenz bewegen lässt. Aber da schreien dann alle unisono von Besatzungsmächten und Gestapo-Schergen und Kapitalverschwörung - Linke und Rechte, Volk und Eliten. Ich sehe für diese mentale und organisatorische Totalblockade einfach keine Lösung.
 
Die Troika ist eine kraftlose Marionettenversammlung. Die Sparvorhaben können nicht abgelehnt werden, weil sonst gänzlich Aus die Maus im Land.

Die Troika hat schonmal Teile des Sparpakets abgelegt - natürlich können die das.

Einzige Lösung: Drachme einführen. Nix Anderes funktioniert.

Was soll das für eine Lösung sein? Jeder der so etwas tatsächlich als Möglichkeit ansieht, hat absolut keine Ahnung von Griechenland. In einem Land, das eine funktionierende Industrie hat, könnte eine Währungsreform plus folgender Abwertung funktionieren, weil es die Wettbewerbsbedingungen der lokalen Wirtschaft stärken würde. In GR gibt es aber keine funktionierende Industrie (mehr), so daß eine Abwertung nichts positives für die Wirtschaft bewirken kann. Statt dessen würde alles in GR unbezahlbar werden ausser lokalen Produkten - von denen es aber nicht genügend gibt. Selbst Lebensmittel werden zu 70% eingeführt. Von Grundstoffen, Geräten und Werkzeugen für die Landwirtschaft und die Industrie ganz abgesehen. Bei diesen Produkten ist GR zu 100% vom Import abhängig.

Ich pers. möchte da keinen Urlaub mehr machen.
Grund: entweder bekommt man aus Hass eine übergebraten oder der Camper wird abgefackelt ( aus Neid ) Obwohl man nicht mal für deren Dreck verantwortlich ist.

Wow, du hast ja richtig Ahnung. :rolleyes: Ich lebe in GR, und spüre nichts von Hass auf "Deutsche" im allgemeinen. Klar, Frau Merkel ist nicht beliebt, und Leute die dumme Kommentare von sich geben, sind bestimmt nicht gern gesehen. Aber wo ist das anders?
 
Schade, der Thread hat sich eigentlich auf einem kontroversen, aber erfreulichen Niveau eingepegelt gehabt, und dann kommt wieder sowas wie
Ich pers. möchte da keinen Urlaub mehr machen.
Wann hast Du (ifixit) das letzte Mal Griechenland Urlaub gemacht? Weswegen wurde der Wohnwagen abgefackelt? (Benehmen nach Gutsherrren Art, so dezent wie das Deutsche vielerorten gern im Urlaub machen?) Hast Du eine grobe Vorstellung, was die Einführung der Drachme Deutschland kosten wird (nur auf 10 Millarden genau reicht schon) und was die "Rettung" derzeit kostet? Die Investition ("Rettung") ist übrigens nicht "für lau"…

Die meisten Griechen durchschauen die Lage schon recht ordentlich, sie sind nicht zufrieden, wie auch, aber gleichzeitig fühlt man sich machtlos. Wenn man die Bilder der "Griechen-Randale" jeden Abend vorgeführt kommt (da nicht vor Ort eben aus der Konserve) und glaubt damit Griechenland zu kennen, glaubt wahrscheinlich auch, dass England wegen sozialer Unruhen brennt (waren doch auch schöne Bilder, nicht wahr?). Und die Unruhe in England war um einiges heftiger als die Proteste in Athen, Tote, Verletzte und Sachschaden in hoher Milionenhöhe inklusive! Griechen haben lange die Erfahrung machen müssen, dass im Land einige wenige sich die Taschen vollstopfen und die Macht missbrauchen (Besatzung, Militärdiktatur) - Demokratie und Europa waren das ultimative Heilversprechen, nur eben so mangelhaft umgesetzt, dass jetzt erst einmal eine Rechnung kommt. Gefällt nicht, würde hier auch niemandem gefallen.

Merke: Der Komplexitätsgrad der vorgeschlagenen Lösung ist fast immer äquivalent zum IQ des Postenden ;)
 
Der griechische Staat ist völlig unfähig, seine korrupten Strukturen selbst zu reformieren, weil er aus diesen Strukturen besteht.

Und weil diese Strukturen historische Wurzeln haben und kulturell verankert sind. Es ist sehr schwer, das aufzulösen, da stimme ich zu.

Die Troika versucht ja seit zwei Jahren, beim Aufbau eines funktionierenden Steuersystems zu helfen, aber die EU-Beamten werden bei jedem Schritt ausgebremst.

Das kann ja auch nur dann etwas werden - und genau das ist der eigentliche Knackpunkt! - wenn dies das eigentliche Ziel der Troika ist. Oberste Priorität hat aber die Rettung von Banken, und so ziemlich jeder Kollateralschaden, der nicht gerade den griechischen Staat komplett zum Erliegen bringt, wird dabei in Kauf genommen. Es wäre ja wirklich schön, wenn beides gleichzeitig ginge: die Stabilisierung der Eurozone und die Abwendung der Gefahr für das Finanzsystem, die von Griechenland ausgeht; andererseits aber auch sinnvolle Reformen, die dem Land und seiner Bevölkerung guttun und es weiterbringen, dazu noch die Schaffung von nachhaltig funktionierenden Organisationsstrukturen und Herbeiführen eines Bewusstseinswandels. Beides geht aber nun mal nicht, und es ist nicht an den Griechen, sich das einzugestehen, sondern an denjenigen, die die Kontrolle in GR übernommen haben.

Dass die Troika auch im Volk so ein Hassobjekt ist, ist ja eigentlich völlig absurd. Nur durch so eine externe Instanz wird es möglich sein, überhaupt Steuergerechtigkeit herzustellen.

Mir will einfach nicht in den Kopf, wie man das nicht verstehen kann. Die Troika ist in erster Linie dafür da, Verwerfungen des europäischen und internationalen Finanzsystems zu verhindern, und jeder Grieche spürt am eigenen Leibe, dass er dabei nur ein Spielball ist.

Im Augenblick werden die kleinen Leute und die Rentner besteuert, weil die Regierung das am einfachsten umsetzen kann. Die wahrhaft Wohlhabenden, von denen die wirklich maßgeblichen Steuereinnahmen zu holen wären, haben ihre Verbindungen und Prozessverschleppungs-Techniken und sind oft mit den regierenden Eliten vernetzt. Die Troika könnte der Hebel sein, durch den sich der griechische Staat in Richtung Steuergerechtigkeit und Transparenz bewegen lässt.

Das ist dann wohl etwas naiv, sorry. Die richtig Wohlhabenden, stinkend Reichen, Superreichen und im Geld geradezu Ertrinkenden kriegt niemand mehr auf diesem Erdball an die Hammelbeine. Aus die Maus, der Zug ist abgefahren! Dafür läuft die Umverteilung von Unten nach Oben, die der Kapitalismus mit mathematischer Gewissheit produzieren muss, schon viel zu lange (als Zäsur und "Reboot" kann man das Ende des Zweiten Weltkriegs ansehen, mehr als 60 Jahre); und sie hat nicht nur die Besitzverhältnisse in ein groteskes Ungleichgewicht gebracht, sondern, damit einhergehend, natürlich auch die Machtverhältnisse. Nirgendwo zahlt ein Reicher auch nur annährend noch Steuern, wie er eigentlich sollte. Genau das ist auch gemeint, wenn Angela Merkel von "marktkonformer Demokratie" spricht: Demokratie ja, aber nur noch mit eingebautem Veto der finanziell Mächtigen. Das Ganze natürlich: alternativlos.

Wo wir in Deutschland diesbezüglich stehen, kann man an der zutiefst verlogenen Debatte um Steuergerechtigkeit ablesen. Immer dann, wenn ein SPD-Mann stolz eine vom Datendieb gekauften Steuer-CD wie eine Trophäe vorzeigt, applaudiert das Volk. Wenn aber ein Herr Holznagel, seines Zeichens Präsident des Bundes deutscher Steuerzahler im D-Radio-Interview auf die Frage, warum man Reiche nicht besteuern dürfe, als Gegenargument folgendes zum Besten gibt:

"Dieses Vermögen […] ist sehr flexibel und sehr scheu und wird wahrscheinlich transferiert."

dann ist das nachvollziehbar und geht in Ordnung. Würden ja alle so machen. Man ist ja nicht blöd...
 
Und weil diese Strukturen historische Wurzeln haben und kulturell verankert sind. Es ist sehr schwer, das aufzulösen, da stimme ich zu.

...das Land ist durchsetzt mit Kartellen .... ein Liter Milch kostet landesweit nicht weniger als 1 Euro. Importmilch aus Österreich, die in Österreich 50 cent kostet, kostet 1,70 Euro .... als Beispiel. Solche Strukturen und die damit verbundenen Preis sind natürlich doppelt hart, wenn jetzt die Leute immer weniger Geld haben.
 
...das Land ist durchsetzt mit Kartellen .... ein Liter Milch kostet landesweit nicht weniger als 1 Euro. Importmilch aus Österreich, die in Österreich 50 cent kostet, kostet 1,70 Euro .... als Beispiel. Solche Strukturen und die damit verbundenen Preis sind natürlich doppelt hart, wenn jetzt die Leute immer weniger Geld haben.

Das hat sich schon verändert. Es gibt inzwischen günstigere Waren, und - speziell seit diesem Jahr - sehr viele fahrende Händler, die ihre Produkte direkt vom LKW verkaufen, unter Umgehung des Großhandels. Aber leider natürlich auch unter Umgehung der Steuer.
Aber es stimmt: Die Kartelle sind ein Problem, genauso wie die "geschlossenen" Berufe (Transportgewerbe, Taxis, Architekten, Apotheken etc.). Aber auch da tut sich langsam etwas.
 
Ich halte Griechenland für einen "failed state", ein gescheiterter Staat. Die Europäer müssen erkennen, dass ohne "state building", einen Staatsaufbau, Griechenland niemals einen durchschnittseuropäischen Lebensstandard wird erzielen können. In Griechenland sollten 50.000 europäische Beamte die Verwaltung übernehmen und neu aufbauen.

Kein halbwegs seriöser Mensch würde jemals bei diesen Rahmenbedingungen dort investieren. Sogar CocaCola, der größte Industriebetrieb in Griechenland verlagert jetzt seinen Sitz in die Schweiz. Schäuble "wirbt" gerade in Singapur für südeuropäische Staatsanleihen. So was ist unendlich peinlich. Wahrscheinlich glaubt er, dass er super ankommt, weil seine Zuhörer lächeln.


Warum haben die Griechen eigentlich Anspruch auf einen höheren Lebensstandard als die Rumänen oder Bulgaren? Warum hilft Europa nicht denen? Das verstehe ich nicht. Mit 30 Milliarden könnte man den Bulgaren echt weiterhelfen. In Griechenland reicht das nur 6 Monate.
 
Moin,

ich habe im letzen Herbst auf Kreta Urlaub gemacht und würde es immer wieder tun. Ich habe keine Spur von Unfreundlichkeit erfahren.
 
Ich halte Griechenland für einen "failed state", ein gescheiterter Staat. Die Europäer müssen erkennen, dass ohne "state building", einen Staatsaufbau, Griechenland niemals einen durchschnittseuropäischen Lebensstandard wird erzielen können. In Griechenland sollten 50.000 europäische Beamte die Verwaltung übernehmen und neu aufbauen.

Ich kenne viele Griechen, die das befürworten würden. Aber für die meisten käme das einer Besatzung gleich - was sicher nicht zielführend ist.

Kein halbwegs seriöser Mensch würde jemals bei diesen Rahmenbedingungen dort investieren. Sogar CocaCola, der größte Industriebetrieb in Griechenland verlagert jetzt seinen Sitz in die Schweiz.

Auf die ist aber gesch!ssen. Die waren in GR, weil sie dort durch Korruption und Steuer"sparen" günstige Bedingungen hatten. Auf solche Firmen kann GR gut verzichten.

Schäuble "wirbt" gerade in Singapur für südeuropäische Staatsanleihen. So was ist unendlich peinlich. Wahrscheinlich glaubt er, dass er super ankommt, weil seine Zuhörer lächeln.

Hättest du kurz nach dem Schuldenschnitt im März in griechische Staatsanleihen investiert (zB WKN GR0128010676), hättest du innerhalb der letzten 5 Monate deinen Einsatz verdoppelt. So "unendlich peinlich" finde ich die Rendite nicht...
 
Mir will einfach nicht in den Kopf, wie man das nicht verstehen kann. Die Troika ist in erster Linie dafür da, Verwerfungen des europäischen und internationalen Finanzsystems zu verhindern, und jeder Grieche spürt am eigenen Leibe, dass er dabei nur ein Spielball ist.

Schon richtig, dass es letztlich um die Verhinderung solcher Verwerfungen geht. Aber die Mittel zum Zweck sind sehr verschiedene. Von der Troika kam ja nicht einfach die Ansage: Spart, basta! Für dieses Ziel waren sehr unterschiedliche und größtenteils sehr sinnvolle Maßnahmen vorgesehen. Die Athener Regierungskoalitionen haben aber nur die simpelsten und härtesten umgesetzt - die, die Rentner und kleine Leute treffen. Die schwierigen Maßnahmen, die in die korrupten Strukturen eingreifen würden, sind bislang alle verzögert oder gar nicht begonnen worden: die Reduzierung des parasitären Beamtenapparats, Steuersystem und Steuerfahndung, der Aufbau eines Katasteramtes, die Vereinfachung von Geschäftsgründungen, die Zerschlagung der Berufskartelle etc. Das alles sind Maßnahmen, die eigentlich populär sein müssten, weil sie für Gerechtigkeit und Transparenz sorgen und weil sie letztlich für alle Griechen positiv sind (auch wenn einzelne Lobby- und Berufsgruppen, Steuerhinterzieher und untätige Bürokraten aus ihren Feuchtbiotopen vertrieben werden). Die EU hat für diese Maßnahmen Unterstützung und Fachleute angeboten, aber die kommen offenbar nicht voran oder werden sabotiert.

Dass die Troika-Sparpläne nicht nur destruktive, sondern viele konstruktive Elemente haben, wird aus irgendeinem Grund immer unterschlagen. Bisher haben die griechischen Regierungen nur die destruktiven Elemente umgesetzt, aber das war nicht der Gesamtplan. Da scheint's bei der EU-Kommission auch sehr mit der Kommunikation gegenüber der griechischen Bevölkerung zu hapern.
 
Hättest du kurz nach dem Schuldenschnitt im März in griechische Staatsanleihen investiert (zB WKN GR0128010676), hättest du innerhalb der letzten 5 Monate deinen Einsatz verdoppelt. So "unendlich peinlich" finde ich die Rendite nicht...

Ich habe im März in griechische Staatsanleihen investiert, allerdings vor dem Schuldenschnitt :D
Ich habe meinen Einsatz daher halbiert und hatte nach der Enteignung (obwohl ich groß an der Abstimmung namentlich gegen den Schuldenschnitt votiert habe) ungefähr hundert fast wertlose Posten in meinem Depot. Ich hatte aber zu Risikominderung gleichzeitig noch mal Apple Aktien gekauft. Insofern ging es gut. Es war aber das klassische Fehler erst zu investieren, wenn es alle tun. Insofern hast Du vielleicht recht, ich sollte vielleicht meine Apple Aktien verkaufen und noch mal in griechische Anleihen gehen. Ich suche immer noch nach Wegen mich an diesem Eurodebakel etwas zu bereichern, damit ich, wenn dann in 10 Jahren die Vermögensabgabe kommt, nicht mein Haus verkaufen muss um den deutschen Staat zu bedienen.
 
Von der Troika kam ja nicht einfach die Ansage: Spart, basta! Für dieses Ziel waren sehr unterschiedliche und größtenteils sehr sinnvolle Maßnahmen vorgesehen. Die Athener Regierungskoalitionen haben aber nur die simpelsten und härtesten umgesetzt - die, die Rentner und kleine Leute treffen.

Ist das denn irgendwo auf der Welt anders? Warum sollte ausgerechnet Griechenland das schaffen, was andere Länder - in denen die Rahmenbedingungen deutlich besser sind - auch nicht hinbekommen? Ich halte es für ziemlich verlogen, uns in TV-Dokumentationen den typischen griechischen Reeder vorzuführen, der nun an allem schuld sein soll, weil ihm jegliches Sozial- und Gerechtigkeitsgefühl abgeht. Das ist doch hier auch so: Sowie auch nur ansatzweise Forderungen nach gerechterer Verteilung der Lasten aufkommen, treten sofort die Henkels und FDP-Experten auf den Plan und erklären uns in altväterlichem Ton, warum das wirtschaftlicher Unsinn sei, ja Wahnsinn geradezu, weil Privat sowieso alles besser könne als der Staat und Sozialpolitik schädlich für die deutsche Wirtschaft sei. Die Kernbotschaft lautet: Wenn ihr die "Leistungsträger" (dieser Begriff bedarf noch einer genaueren Erörterung...) ärgert, hauen die ab, und das ist schlecht für unser Land. Dann klatscht genau dasselbe Publikum, das auch die Datendealerei mit Kriminellen bejubelt. Gerechtigkeit, Gemeinsinn und Sozialgemeinschaft als pure Show. Mehr Farce geht nicht.

Aber immerhin: Der griechische Reeder gibt sich offen, er sagt klipp und klar in die Kamera: "Die Kohle versickert ja doch. Würden Sie Al Capone Geld geben?". Das ist hier in Deutschland anders. Hier kriegt dieselbe asoziale Haltung ein weihevolles Mäntelchen umgehängt. Wie das dann im Einzelfalle aussieht, habe ich ja bereits an der Äußerung von BdSt-Präsident Reiner Holznagel gezeigt. Hier noch einmal:

"Dieses Vermögen […] ist sehr flexibel und sehr scheu und wird wahrscheinlich transferiert".

Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen! Die Besitzer des Vermögens können doch nichts dafür, dass ihr Vermögen so "scheu", unstet und freiheitsliebend ist...
Die Tendenz ist offensichtlich: Es passiert genau dasselbe wie in Griechenland, wie überall, aber das zutiefst unsoziale Treiben hat kein Gesicht und keinen Adressaten. Um Verschleierung bemüht sich übrigens auch das Statistische Bundesamt. Während über die Armen und die Mittelschicht alles bekannt ist, liegen über die Oberschicht kaum Daten vor. Was ja tatsächlich auch problematisch ist, weil man in der Regel nicht einfach automatisch anfallende Daten (Lohnsteuer, Sozialleistungen, etc.) für die Statistik heranziehen kann; und auf freiwillige Angaben mag man sich lieber nicht verlassen, denn die würden überwiegend nicht der Wahrheit entsprechen. Soso...
 
Wann hast Du (ifixit) das letzte Mal Griechenland Urlaub gemacht? )
Griechenland ist Transitland, wie Österreich; d.h. zügig durch fahren.
Wenn ich in Thesaloniki rd. 8 euro f. 0,2 L mittel-gekühlten Hopfentee bezahlen darf, dann langt es gleich mal wieder. Es gibt interessantere
Lokalitäten.
Eine Bundeskanzlerin Mörgel möchte ich auch nicht auf Plakaten mit schwarzem Oberlippenbart und Hakenkreuz im Urlaub sehen. Mir scheinen
die Griechen elend angefressen und die Gewaltbereitschaft hat man schon genug gesehen. .


Hast Du eine grobe Vorstellung, was die Einführung der Drachme Deutschland kosten wird (nur auf 10 Millarden genau reicht schon) und was die "Rettung" derzeit kostet? Die Investition ("Rettung") ist übrigens nicht "für lau"… ;)
die EZB wird brav Gelder generieren; analog wird die Inflationsrate angekurbelt. Mag ja f. d. schnellen Umsatz ganz toll sein; längerfristig kommt eher der große Abschwung; nicht mal Stagnation.
Zahlreiche Wirtschaftsexperten raten eher zur Drachme. Grund: wegen dem kleineren Opfer?
Die EU schrammt sehr bald gänzlich an die Wand - weshalb dann noch groß die Aufregung? Wer das Moos hat, haut eh bald ab, aus dem EU-Moloch.


Die meisten Griechen durchschauen die Lage schon recht ordentlich, sie sind nicht zufrieden, wie auch,
Wenn man 1/3-tel weniger auf dem Gehaltskonto hat, würde ich auch keine Freudensprünge machen.
Das Land hat sich selber elend abgewirtschaftet. Jetzt jammert man groß herum und Keiner hat schuld. Aldi hat dort schon vor über > 2 Jahren die Koffer
gepackt, weil dort kein Blumentopf mehr zu holen war.


Merke: Der Komplexitätsgrad der vorgeschlagenen Lösung ist fast immer äquivalent zum IQ des Postenden ;)

aha, und du hast natürlich eine Generallösung am Start. respect
 
Merke: Der Komplexitätsgrad der vorgeschlagenen Lösung ist fast immer äquivalent zum IQ des Postenden
aha, und du hast natürlich eine Generallösung am Start. respect

Wer aufmerksam liest, ist klar im Vorteil! Ich habe nicht behauptet die Lösung zu haben, sondern hervorgehoben, dass die Lösung sehr komplex ist, viel komplexer als die "Griechen raus Lösung". Europa ist etwa auf "halben Wege", das Staatenbündnis ist emotional im Bewusstsein großer Teile der Bevölkerung sehr locker (Wenn man zwei Staatsangehörigkeiten hat schon deutlich weniger locker - und nein, es ist nicht die griechische ;) ), in der Praxis aber schon deutlich verwoben. Politisch, wirtschaftlich, strategisch teilweise sogar juristisch, diesen Komplex zu lösen ist aufwändig, fast so genauso aufwändig und kostspielig wie die Gestaltung! (Verträge müssen geändert werden, der Status in der Gemeinschaft ändert sich, Wechselkurse müssen gefunden werden, das Bankenwesen muss aus dem europäischen, bzw. aus dem Eurokomplex ausgegliedert werden, die Stellung der Griechen im europäischen Ausland ändert sich, es wird eine noch viel massivere Landesflucht, vor allem der Reichen geben…die Liste ist lang). In der Summe spart Deutschland nichts!

Der Stammtisch würde jetzt radikal handeln ("zuschlagen" erscheint dem wenig Denkenden als eine Form des Handelns…) und anschließend über die höheren Verlust klagen. Im Privaten wäre jedem klar, dass etwa eine (Kapitallebens-)Versicherung in die ich reichlich investiert habe, deren Konditionen sich geändert haben, trotzdem teurer werden kann, bzw. die Verluste viel höher sind wenn ich sie kündige, als wenn ich den Vertrag durchziehe (Zähneknirschen erlaubt)! Die Lösung: Kühl analysieren, volkswirtschaftlich (dabei die versteckten Kosten einbeziehen!) rechnen, verhandeln, verhandeln, verhandeln und erst nach wiederholter Überprüfung eine endgültige Lösung anstreben. Unbefriedigend? Warum? Wegen der Erkenntnis, auf was man sich in Europa eingelassen hat? Die Erkenntnis das neben den vielen Vorteilen (Wirtschaft / Deutschland / Außenhandelsüberschuss und so'n Zeugs ;) ) nun auch die Haken und Ösen erkennbar werden?

(Shakespeare spricht von "slings and arrows of outrageous fortune" - habe ich einfach mal kopiert, Hamlet 3/1. Keine Klugsch…ei sondern ein Hinweis, dass diese Art von Erkenntnissen gar nicht neu sind!)
 
Panama will übrigens den Euro als offizielle zweite Währung einführen - finde ich in der gegenwärtigen Situation sehr interessant.
 
Moin,

Panama will übrigens den Euro als offizielle zweite Währung einführen - finde ich in der gegenwärtigen Situation sehr interessant.

Allerdings sehr interessant. Offensichtlich hat man woanders mehr Vertrauen in den Euro als in den Dollar...
 
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