Prinz Herbert
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Simple Quizfrage – was ist problematischer: jemandem *freiwillig* seine persönliche Daten verfügbar zu machen, der damit nur Geld machen will, und nichts als das,
Freiwillig? Das heißt, du würdest die Nutzungsbedingungen für Android oder iOS auch dann akzeptieren, wenn das nicht die Bedingung dafür wäre, das entsprechende Gerät benutzen zu können? Im Leben doch nicht! Und es geht dabei nicht mal mehr nur um IT-Gadget-Spaß - immer mehr Menschen sind mittlerweile auf digitale Kommunikation angewiesen, weil sie sonst Probleme mit ihrem sozialen Umfeld oder im Beruf bekommen. Derzeit erleben wir sogar die Ausweitung der "Freiwilligkeit" auf Supermärkte. Gut, ich muss nicht bei Real einkaufen, wenn ich nicht biometrisch erfasst werden will. Irgendwann werde ich aber vor dem Problem stehen, mich entscheiden zu müssen, ob ich überhaupt einkaufen möchte oder nicht.
Nur Geld machen? Klar. Doch woher kommt das Geld? Weil einige so blöd sind, auf personalisierte Werbung reinzufallen (du natürlich nicht)? Das ist leider noch nicht die ganze Geschichte. Die Effizienzgewinne, die die Unternehmen durch die Nutzung der Daten erzielen, bezahlt derjenige, der die Daten hergegeben hat. Mit teureren Versicherungen, vielleicht auch mit Schwierigkeiten bei der Jobsuche, um nur mal zwei Beispiele zu nennen; aber was eine komplett durchdigitalisierte Zukunft an Problemen für den ein oder anderen bereithalten wird, ist noch gar nicht klar. Billiger und besser wird da gar nichts, im besten Fall wird's für dich oder mich nicht teurer und nicht schlechter. Vielleicht heißt es sogar an der ein oder anderen Stelle: "Du nicht!".
Je weiter diese Entwickluing fortschreitet, umso mehr werden sich die Menschen daran gewöhnen, in jeder Lebensregung potenziell beobachtet werden zu können. Diese Potenzialität ist das Gefährliche: Man weiß nicht, wer einen wann beobachtet und wie sich nicht-konformes Verhalten auf welche Scores auswirkt. Aus Angst, später Nachteile zu erleiden, passt man sein Verhalten an. Das ist der Tod des Individuums, der Tod der freien Persönlichkeit und letztendlich auch der Tod der Demokratie. Mit disziplinierten Zombies kann man keine Demokratie fahren.
oder jemandem *unfreiwillig* sämtliche Kommunikationsdaten zur Verfügung zu stellen, dem es um hoheitliche, imperiale *Macht* geht, auch die über einen selbst, und um *nichts als das*.
Ne, es geht auch der Wirtschaft um Macht über uns. Daher werden ja mittlerweile Psychogramme aus den Daten gefertigt. Um die Demokratie an die Wand zu fahren, braucht es den Überwachungsstaat nicht, da reichen Google & Co. "Dinge, von denen Sie nicht wollen, dass sie publik werden, sollten Sie besser erst gar nicht tun", lautet der denkwürdige Spruch von Eric Schmidt. Ja, was heißt denn das?
Nicht, dass ich eine Lanze für staatliche Überwachungsmaßnahmen brechen wollte. Die lehne ich natürlich auch entschieden ab. Man muss aber auch klar sehen, dass Staat und IT-Wirtschaft Hand in Hand arbeiten. Es geht ja um die Digitalisierung, die das Wachstum sichert - weshalb Unionspolitiker kürzlich den Vorschlag gemacht haben, den Beauftragten für den Datenschutz durch einen Digitalbeauftragten zu ersetzen, der der IT-Wirtschaft Beine macht, u.a. durch die Erlaubnis, dass staatliche Behörden Daten verbimmeln dürfen. Oder eCall: IT-Industrie und Staat teilen sich die Daten, das Ziel ist auf beiden Seiten so gut wie dasselbe.
Wer das alles scheiße findet, darf sich nicht dazu hinreißen lassen, irgendwo Gut und Böse zu verorten. Wir brauchen generell ein Ethik für das digitale Zeitalter.