Gesellschaft Rot-Rot-Grün nach der Bundestagswahl?

Ich finde es bedenklich, wie sehr du und andere sich als Opfer eines übermächtigen neoliberalen Systems sehen.

Ich finde es bedenklich dass Profiteure des Neoliberalismus so wenig Mitgefühl (von Solidarität traut man sich gar nicht zu sprechen) mit denen haben die bei diesesm System auf der Strecke bleiben.

Ich bin inzwischen zwar aus dem Leiharbeitsgewerbe raus, aber ich habe nicht vergessen wo ich herkomme. Andere hingegen meinen dass sie so weit über den Dingen stehen, dass ihnen der Absturz nicht passieren kann, und reagieren deswegen mit Verachtung auf die Menschen denen es nicht so gut geht.

Dazu gehören dann eben auch Äußerungen wie:
Ich finde es bedenklich, wie sehr du und andere sich als Opfer eines übermächtigen neoliberalen Systems sehen.
 
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Kapitalismus und eine relative Form von Gerechtigkeit stehen für mich nicht zwingend im Widerspruch.
Die für mich schlüssige Alternative ist die Wiederherstellung einer echten Sozialen Marktwirtschaft. Was wir jetzt haben ist Lichtjahre davon entfernt.

Außerdem zitiere ich Mutti:
Sie höchstselbst hat dieses perfide Oxymoron in die Welt gesetzt.

Demokratische Rechte sind nicht verhandelbar, Punkt.
Wer die Demokratie den Märkten oder sonstwem anpasst, schleift die Demokratie.

Genau das ist passiert.
Wir haben hier schon dargestellt, dass die Agenda 2010 von Schröder schon 1999 skizziert wurde, er wurde trotzdem wiedergewählt, hat die Agenda umgesetzt, nach ihm dann Merkel, die dann gleich zweimal wiedergewählt wurde und sich bis heute großer Unterstützung in der Bevölkerung erfreut. Ganz offensichtlich weigern sich mindestens 80 Prozent, eher 90 Prozent, der Bevölkerung, die unwiderlegbaren und unzweifelhaften Auffassungen, die du vertrittst, zu übernehmen. Warum ist das so?

Wer die Demokratie den Märkten oder sonstwem anpasst, schleift die Demokratie.
Wo würdest du am jetzigen demokratischen System etwas ändern wollen?
 
Ich finde es bedenklich dass Profiteure des Neoliberalismus so wenig Mitgefühl (von Solidarität traut man sich gar nicht zu sprechen) mit denen haben die bei diesesm System auf der Strecke bleiben.
(…) Andere hingegen meinen dass sie so weit über den Dingen stehen, dass ihnen der Absturz nicht passieren kann, und reagieren deswegen mit Verachtung auf die Menschen denen es nicht so gut geht.
Dazu gehören dann eben auch Äußerungen wie: "Ich finde es bedenklich, wie sehr du und andere sich als Opfer eines übermächtigen neoliberalen Systems sehen."
Wenn du aus diesem Satz Verachtung für diejenigen liest, die "bei diesesm System auf der Strecke bleiben", ist das schon böswillig.

Ich wiederhole es gern: Das jetzige System wird von einer großen Mehrheit der Bevölkerung nicht in Zweifel gezogen. Sie wählt nicht links, sondern – wie ihr es ausdrücken würdet – neoliberal. Auch diejenigen, die "auf der Strecke bleiben". Sie sind damit nicht nur Opfer, sondern auch Täter.

Ich selbst will auch ein anderes Wirtschafts- und Sozialsystem, akzeptiere die Wahlergebnisse aber als demokratisch zustande gekommen. Das tut ihr nicht – oder verstehe ich euch falsch? Eurer Meinung nach haben wir keine Demokratie? Was würdet ihr verändern wollen?
 
Ich finde es bedenklich dass Profiteure des Neoliberalismus so wenig Mitgefühl (von Solidarität traut man sich gar nicht zu sprechen) mit denen haben die bei diesesm System auf der Strecke bleiben.
Das hätte ich gern näher erläutert. Was ist "Neoliberalismus", wer sind dessen "Profiteure" und wer sind die, "die bei diesem System auf der Strecke bleiben"? Was genau bedeutet "auf der Strecke bleiben"?

Das was Du da schreibst, ist ohne eine solche Erläuterung eine plumpe Aneinanderreihung inhaltsleerer Schlagwörter. Solche Inhaltsleeren Schlagwörter sind zwar derzeit groß in Mode, wie z.B. "soziale Gerechtigkeit" das macht sie aber nicht brauchbarer. Der Begriff "soziale Gerechtigkeit" ist schon deshalb ein inhaltsleeres Schlagwort, weil es eine allgemeingültige Definition des Begriffes "Gerechtigkeit" gar nicht gibt und jeder seine eigene "Gerechtigkeit" empfindet. Solche Schlagwörter werden bevorzugt gebraucht, um eine argumentative Schwäche zu verdecken, im politischen Alltag auch um zu vernebeln und populistisch ("Reichtum für alle") auf Stimmenfang zu gehen.
 
Was genau bedeutet "auf der Strecke bleiben"?
Ich möchte zumindest zu diesem Punkt Stellung nehmen und es erläutern: Bei Arbeitslosengeld II gibt es beispielsweise keinen Qualifikationsschutz mehr und es wird erst bewilligt nachdem man sein Vermögen bis auf bestimmte Freibeträge verbraucht hat. Viele Menschen mussten Lebensversicherungen auflösen, ihr erspartes Haus verkaufen bevor ihnen etwas bewilligt wurde. Das ist schon ein ziemlicher sozialer Abstieg, meinst Du nicht?
 
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Das ist so nicht ganz richtig, es kommt auf die Größe an. Für eine vierköpfige Familie gilt nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts eine Eigentums-Wohnfläche von 120 qm als angemessen, 80 qm Wohnfläche sind es für ein Ehepaar, aber auch für einen Alleinstehenden.
Bei Lebensversicherungen kommt es auf den Vermögensverlust an, der durch den Rückkauf entstehen würde. Da ist, glaube ich, noch eine gerichtliche Entscheidung anhängig.

Aber über solche Details kann man lang und breit diskutieren. Dass wir für das untere Drittel der Bevölkerung eine negative Einkommensentwicklung haben, dürfte unbestritten sein. Dass das obere Drittel dagegen zunehmend besser dasteht, ebenfalls.

Nur ist die materielle Ungerechtigkeit ja nicht der Hauptkritikpunkt von Nonparaille und MacQuandalf, sondern das ganze System – als Wirtschafts- und Sozialpolitik, Demokratie und Parteien, Medien. Und da frage ich mich, welche Vision von einer gerechten und demokratischen Gesellschaft sie haben.
 
Nur ist die materielle Armut ja nicht der Hauptkritikpunkt von Nonparaille und MacQuandalf, sondern das ganze System

Wie kommst du darauf solche Unwahrheiten zu formulieren ?
Ich habe deutlich geschrieben dass für MICH die Soziale Marktwirtschaft, sofern sie wieder hergestellt wird eine Alternative darstellt.
Also verbreite nicht so einen Unsinn.

Außerdem richte ich meine Standpunkte nicht danach aus was zur Zeit mehrheitsfähig ist.
Ich vertrete meine Meinung, das was ich für mich als richtig erachte.
 
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Nur ist die materielle Ungerechtigkeit ja nicht der Hauptkritikpunkt von Nonparaille und MacQuandalf, sondern das ganze System – als Wirtschafts- und Sozialpolitik, Demokratie und Parteien, Medien. .

Unser Kritikpunkt ist, dass dieses Sytem so ausgelegt ist, dass es diese Ungleichgewichte produziert. Was wir ändern würden, haben wir hier und an anderen Stellen im Forum schon recht deutlich dargelegt. Man muss es nur mal richtig lesen...
 
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Ich habe deutlich geschrieben dass für MICH die Soziale Marktwirtschaft, sofern sie wieder hergestellt wird eine Alternative darstellt.
Du hast auch geschrieben, „die Parteien gucken nicht deswegen auf die Umfragen um dem Wähler seine Wünsche zu erfüllen, sondern um heraus zu finden mit welchen Lügen sie das Stimmvieh am besten zur Stimmabgabe bewegen können.“ Dass es völlig egal sei, was man wählt, und wer am Ende die Wahl gewinnt: "es ist sowieso immer dieselbe wirtschaftsliverale Soße.“ Dass es „der Politik“ immer nur darum gehe, "die Wirtschaft mit billigem Menschenmaterial zu versorgen welches nicht aufmuckt und die Klappe hält aus Angst arbeitslos zu werden“. Dass du wahrsceinlich gar nicht mehr wählen gehst.

Deine Kritik ist also viel grundsätzlicher, sie bezieht sich nicht nur auf die unsozialen Seiten der Marktwirtschaft. Sondern auch auf die Parteien, und zwar auf alle, die in der Politik aktiv sind, also auch auf unsere Form der parlamentarischen Demokratie.

Aber ich habe dich ja auch – und das war ernst gemeint – gefragt, welche Art demokratisches System und welche Art Marktwirtschaft du dir vorstellst. Erklär's doch einfach.
 
die Parteien gucken nicht deswegen auf die Umfragen um dem Wähler seine Wünsche zu erfüllen, sondern um heraus zu finden mit welchen Lügen sie das Stimmvieh am besten zur Stimmabgabe bewegen können
Das ist eine Kritik die in der Tat schon sehr lange Gültigkeit hat. In der Tat versuchen die Parteien Mehrheiten zu bekommen und mit Ehrlichkeit klappt das nicht immer. Vor allem dann nicht, wenn etwa bittere Pillen verordnet werden müssen. Die Parteien schaffen daher nicht selten Ersatzargumentationen. So werden gewährte Steuererleichterungen auf Umwegen wieder kassiert oder aber es wird die totale Informationsdurchleuchtung aller Bürger beschlossen und das Argument des Terrors vorgeschoben. Das passiert ständig und das nicht erst seit gestern.

Deswegen sind ja erfolgreiche Politiker nicht selten die größten Floskelkünstler und deswegen hat doch die Politik inzwischen ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ich weiß aber nicht ob und wie man das wirklich besser machen will. Je ehrlicher eine Partei wird, desto eher ist sie weg vom Fenster. Der Wähler will ganz offenbar belogen werden.
 
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… hat doch die Politik inzwischen ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ich weiß aber nicht ob und wie man das wirklich besser machen will. Je ehrlicher eine Partei wird, desto eher ist sie weg vom Fenster.
Ich erinnere wieder mal an die Diskussion hier im Forum über die steuerpolitischen Pläne der Grünen, vor der letzten Bundestagswahl. Die hat die Diskussion in der Öffentlichkeit gespiegelt. Ihre "Ehrlichkeit" – also vor der Wahl ein ausführliches Konzept vorzustellen – hat den Grünen damals schwer geschadet.

Die Linken verändern sich da weniger, die fahren unverdrossen ihren anti-neoliberalen Kurs – werden dann aber auch nur von einer Minderheit um die 10 Prozent gewählt. Oder kommen, wie jetzt in Schleswig-Holstein, gar nicht rein.

Vereinfacher und Demagogen wie die AfD schaffen es dagegen aus dem Stand, grösste Aufmerksamkeit zu erregen und jede menge Wählerstimmen abzugreifen. Und das mit einem ausgesprochen unsozialen Programm.

Es ist so einfach, "der Politik" die Schuld zu geben. Aber genau diese Sorte Politik wird immer gewählt, Wahl für Wahl. Seit Jahrzehnten.
 
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Nur ist die materielle Ungerechtigkeit ja nicht der Hauptkritikpunkt von Nonparaille und MacQuandalf, sondern das ganze System – als Wirtschafts- und Sozialpolitik, Demokratie und Parteien, Medien. Und da frage ich mich, welche Vision von einer gerechten und demokratischen Gesellschaft sie haben.

Doch, die soziale Ungerechtigkeit ist mein Hauptkritikpunkt, nicht das demokratische System. Das einzige Problem was wir bei dem demokratischen System haben ist der, dass die Auswahl begrenzt ist und man als normalsterblicher Bürger keinen nennenswerten Einfluss darauf hat. Z.b. sind es die Parteien die bestimmen wer in welchem Wahlkreis als Direktkandidat aufgestellt wird und wer welchen Listenplatz bekommt. Das führt dann dazu dass wir Wähler nicht die Kandidaten auswählen können von denen wir glauben dass sie unsere Interessen vertreten sondern zwischen den Kandidaten auswählen müssen die uns die Parteien vor die Nase setzen, und die mit Sicherheit so aussortiert wurden dass sie die Interessen der Parteiführung vor den Interessen der Wähler stellen.

Der Hauptkritikpunkt bleibt aber dennoch die soziale Ungerechtigkeit. Gehen wir nochmal auf das Beispiel Leiharbeit zurück. Es gibt Unternehmen und Branchen die keine gleichmäßige Auslastung haben sondern eine die einer mehr oder weniger ausgeprägten Schwankung unterliegt. Diese Unternehmen brauchen mal mehr und mal weniger Personal, und manchmal auch sehr schnell wechselnd wo man eben nicht 3 Monate lang Personal suchen kann. Für solche Zwecke ist Leiharbeit ein sinnvolles Instrument.

Nicht sinnvoll sondern hochgradig asozial ist es aber, wenn man diese flexiblen Arbeitskräfte zu Untermenschen erklärt, wie es die Schröder-SPD mit ihrer Agenda 2010 getan hat. Es gab zwar durchaus den Ansatz des "Equal Treatment" im Gesetz, hat aber gleichzeitig eine fette Lücke zum Aushebeln dessen hinterlassen, die Abweichung von dieser Regelung durch einen Tarifvertrag ohne Mindeststandards. Wenn also eine vom Arbeitgeberverband gegründete Scheingewerkschaft also hergegangen ist und gesagt hat "Wir machen mal einen Tariflohn von ca 5 Euro die Stunde" dann galt das "Equal Treatment" nicht mehr und der Leiharbeiter hat dann für 5 Euro statt für 15 oder 30 Euro gearbeitet. Das war von der durch die Agenda vorgegebene Gesetzteslage völlig legal. Dann gab es auch noch "Kompromisslösungen" vom DGB, da kamen dann Löhne von 9-12 Euro bei raus, immer noch deutlich weniger wie bei den Festangestellten, aber man kam zumindest über den H-IV Satz hinaus.

Das hat natürlich dazu geführt dass viele Unternehmen gar niemanden mehr fest eingestellt haben sondern nur noch einen kleinen Kern an eigenen Kräften hatten und den Rest mit Leiharbeitern zu Dumpinglöhnen aufgefüllt hatten. Auch Azubis wurden sehr oft nicht übernommen sondern durch billige Leiharbeiter ersetzt.

Ein weiteres Problem bei der Leiharbeit war, dass die Leiharbeiter zwar theoretisch normale Arbeitnehmer waren, aber im Gegensatz zu Festangestellten keinerlei Rechte hatten. Denn der Leiharbeiter ist ohne Probleme austauschbar. Wenn dem Entleiher die Nase nicht passt, einer mal 2 Wochen wegen Grippe krank war, oder jemand auf sein Recht bestanden hat wurde er zur Verleihfirma zurück geschickt (keine Arbeit für XY) und von dieser aus betrieblichen Gründen (kein Auftrag für XY) entlassen. Dafür wurde dann ein anderer eingestellt und zum Kunden geschickt.

Sozial gerecht wäre es gewesen den Status eines Leiharbeiters auf das eines Festangestellten zu heben, so dass beide gleichberechtigt sind. Die Wirtschaft soll durchaus Auftragsspitzen mit Leihkräften abfangen können, nur sollte das dann kein Modell für staatlich subventioniertes Lohndumping sein. Und wenn Leute die in dieser unsicheren Branche arbeiten bei einer Flaute entlassen werden dann sollte der Teil mit dem "Fördern" von Schröders "Fördern und Fordern" umgesetzt werden, und nicht nur gefordert werden dass der Arbeitslose sich für 1 Euro irgendwo prostituiert damit er aus der Statistik fällt.

Achja, die 1 Euro Jobs waren auch so eine tolle Erfindung, bei der sich Unternehmen wie z.B Pflegeheimbetreiber die Taschen voll gemacht haben. 3000 Euro pro Insasse kassieren, und den Großteil der Arbeit mit 1-Euro Jobbern abdecken die praktisch nichts kosten. Den 1-Euro Jobbern hat man dan dePistole auf die Brust gesetzt: Entweder du gehst für 1 Euro die Stunde arbeiten oder wir streichen deine Stütze komplett.

Und solche Faschosprüche wie "Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen" "Es gibt kein Recht auf Faulheit" oder "Das geht alles noch nicht weit genug" sollte eine Partei die sich Sozialdemokratisch nennt gleich ganz verkneifen.

Und bevor jetzt jemand auf die aktuellen Mindestlöhne verweist: Solange die SPD mit Rot/Grün die regierung bestimmt hat wollte sie nichts von Mindestlöhnen wissen, das wurde als Teufelswerk abgetan. Erst nachdem sie zunächst Juniorpartner in der GroKo waren und dann in der Opposition gelandet sind war das dann auf einmal ein Thema. Und das vermutlich auch nur weil Löhne von unter 5 Euro zwar schon für die Wirtschaft sind, den Staatshaushalt aber mit weiteren Aufstockern belasten. Um die Würde der Menschen gin es hierbei sicher nicht.

Warum ist es möglich dass eine solche Politik gemacht wird? Sind wirklich die Mehrheit der Wähler verkappte Faschisten die sowas toll finden? Oder ist es eher so dass es kaum Alternativen gibt weil die 4 Blockparteien alle gleichermaßen so ticken, nur Kandidaten auf die Wahlliste setzen die einzig und allein Parteiinteressen dienen, und auch gleich klar machen dass man die Linken gar nicht erst zu wählen brauche weil man mit denen sowieso nicht koalieren wird?
 
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Unser Kritikpunkt ist, dass dieses Sytem so ausgelegt ist, dass es diese Ungleichgewichte produziert. Was wir ändern würden, haben wir hier und an anderen Stellen im Forum schon recht deutlich dargelegt. Man muss es nur mal richtig lesen...

Man muss es nur mal richtig lesen... WOLLEN (ich erlaube mir mal diese Ergänzung ;-)
 
Doch, die soziale Ungerechtigkeit ist mein Hauptkritikpunkt, nicht das demokratische System. …fq…
Du beziehst dich in deiner Kritik hier vor allem auf Lohnpolitik und Leiharbeit, deine Haltung entspricht mE dem, was auch die Gewerkschaften sagen. Dabei sind es die Gewerkschaften, die die Politik der letzten Jahre maßgeblich mitbestimmt haben. Nicht nur über ihr traditionell starkes Bündnis mit der SPD, auch im Bundestag sind viele Abgeordnete in der Gewerkschaft.

Im 16. Deutschen Bundestag waren 36% aller Abgeordneten auch Mitglied einer DGB-Gewerkschaft; den höchsten Anteil hatte die SPD-Fraktion mit 73%, es folgten die Linksfraktion mit 65%, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit 27%, die CDU/CSU-Fraktion mit 4% und die FDP-Fraktion mit 2%. Das muss man sich mal vor Augen führen: Die SPD hat mit 80prozentiger Mehrheit die Agenda 2010 beschlossen – und davon dürfte die große Mehrheit auch Mitglied in einer Gewerkschaft gewesen sein. Und überrumpelt wurden die absolut nicht.

Deine Kritik finde ich inhaltlich richtig, meine eigene geht noch viel weiter. Aber das Hauptproblem bleibt: Wieso machen alle mit, auch die WählerInnen? Und wieso wenden sich diejenigen, die protestieren, so häufig ausgerechnet den rechten Autoritären zu, die ihnen noch weniger zugestehen?

Die Verantwortung dafür auf anonyme Mächte, wie "die Politik" oder "die Medien", abzuschieben wäre mE viel zu einfach. Wir sehen diese Prozesse ja nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa, auch in den USA.
 
Im 16. Deutschen Bundestag waren 36% aller Abgeordneten auch Mitglied einer DGB-Gewerkschaft; den höchsten Anteil hatte die SPD-Fraktion mit 73%, es folgten die Linksfraktion mit 65%, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit 27%, die CDU/CSU-Fraktion mit 4% und die FDP-Fraktion mit 2%. Das muss man sich mal vor Augen führen: Die SPD hat mit 80prozentiger Mehrheit die Agenda 2010 beschlossen – und davon dürfte die große Mehrheit auch Mitglied in einer Gewerkschaft gewesen sein. Und überrumpelt wurden die absolut nicht.

Deine Kritik finde ich inhaltlich richtig, meine eigene geht noch viel weiter. Aber das Hauptproblem bleibt: Wieso machen alle mit, auch die WählerInnen? Und wieso wenden sich diejenigen, die protestieren, so häufig ausgerechnet den rechten Autoritären zu, die ihnen noch weniger zugestehen?

Die Frage nach dem "Warum" ist eine gute Frage.

Wie ich ja schon an meinem Einwand an einem Teil des demokratischen Systems, nämlich die Auswahl der Kandidaten schon schrieb: Es sind die Parteien und nicht die Bürger die bestimmen wer überhaupt zur Auswahl steht. Wenn man da schon zu 100% linientreue Vasallen aufstellt ist das Wahlergebnis eigentlich egal weil so oder so am Ende Leute im Parlament sitzen die sich eben nicht ihrem Gewissen und ihrem Wähler verpflichtet fühlen, sondern der Partei.

Wenn wie im Falle der Schröder-SPD ganz oben Leute sitzen die sich von der Wirtschaft haben .... sagen wir mal ... überreden lassen die Interessen der Wirtschaft und einzig und allein nur diese zu vertreten, haben Leute die es anders sehen ein Problem. Entweder mit dem Alpha mitheulen, oder ausgestoßen werden, was dann im Falle der Kandidaten heißt dass wer nicht mitmacht bei der nächsten Wahl keinen aussichtsreichen Listenplatz oder Wahlkreis mehr bekommt.

Wenn ich mich da in die Haut eines DGB-Gewerkschafters versetze. Im Parlament bekommt er eine großzügige Diät, fliegt er raus muss er wieder arbeiten, je nachdem wie lange er im Parlament und damit aus dem Arbeitsleben heraus war, wird es schwierig überhaupt eine Stelle zu bekommen, und schon gar keine die so gut bezahlt wird wie die Politik. Und solange er brav so abstimmt wie der Fraktionsführer es gerne hätte braucht er sich auch nicht mit Fakten zu belasten. Einfach das Patschehändchen nach Vorgabe heben und gut ist. Ich kann mir gut vorstellen dass da ein Großteil den einfacheren Weg wählt und so abstimmt wird wie es die Parteiführung vorgibt. Manche mit einem unschönen Gefühl, manchen ist es egal, und manche meinen vielleicht sogar etwas Besseres zu sein, dass sie das, was sie da abstimmen nicht betrifft, und dass das was sie da tun richtig ist.

Warum die Wähler mitmachen? Manche glauben halt an den Weihnachtsmann, bzw. daran dass Parteien wie die SPD es ernst meinen wenn sie versprechen nach der Wahl mehr soziale Gerechtigkeit walten lassen zu wollen, manche wählen sie weil sie schon immer ihr Kreuz bei der Partei gemacht haben, andere denken sich "Partei X ist Mist, aber Partei Y noch übler, ich nehme das (vermeintlich) kleiner Übel, und manche sind so abgehoben und meinen dass all die bitteren Pillen die Partei X Zielgruppe Y verabreichen will sie nicht betrifft und dass das alles richtig so ist.

Und zu der Frage warum viele sich den rechten Authoritäten zuwenden die eignetlich Gift für sie sind: Sie meinen dass es für sie selbst eh nicht mehr besser wird, und wenn Partei X den Karren richtig vor die Wand fährt trifft es wengistens Alle und nicht nur sie, und vielleicht wird es anschließend wieder besser.
 
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Dass die sPD plötzlich heuchlerisch einen auf Gerechtigkeit macht hat ja nur zwei Gründe:
1. Die permanent verheerende Zustimmung der Wähler
2. Aufpolieren des Images

Mal ein fiktives Wahlkampfgespräch in der sPD-Zentrale:

Liebe Genossen, die Wähler mögen uns nicht mehr und diejenigen die wir mit der Agenda2010 so schön verarscht haben, auch nicht.
Deshalb haben wir eine Idee:
Wir sind ab sofort wieder die Partei der sozialen Gerechtigkeit. (Lachsalven und Schenkelklopfen...)
Wir verlängern die Bezugszeit von ALG I und alles ist wie früher. (Lachsalven und Schenkelklopfen...)
Wir denken gar nicht daran Hartz IV durch ein demokratisches, humanes System zu ersetzen, Leih- und Zeitarbeit sowie den den Niedriglohnsektor
abzuwickeln, was soll denn das Kapital denken. (Beifall im Hintergrund...)
Wir denken auch nicht daran, die Republik von dem Spinnennetz sog. Jobcenter zu befreien. (Beifall im Hintergrund...)
Wir sagen jetzt die Agenda müsse reformiert werden und wir tun das. (Lachsalven und Schenkelklopfen...)

Also, liebe Genossen, lieber Seeheimer Kreis:
Keine Sorge, wir wollen nichts verändern – alles soll in Wirklichkeit so bleiben wie es ist. Nur der Wähler soll es glauben ! (Tosender Beifall...)

Wie es der große Vorsitzende Martin I. formuliert hat: Keiner soll zurückbleiben (Ungläubiges Kopfschütteln, Lachsalven und Schenkelklopfen...)

Wir machen das wie bei der Maut:
Erst lehnen wir sie mit viel Marktgeschrei ab, bei der Abstimmung stimmen wir unter großen Schmerzen zu. (Gejaule, Tosender Beifall...)

___
Das war eine Liveberichterstattung von der sPD-Wahlkampfzentrale :)
 
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Im Parlament bekommt er eine großzügige Diät, fliegt er raus muss er wieder arbeiten, je nachdem wie lange er im Parlament und damit aus dem Arbeitsleben heraus war, wird es schwierig überhaupt eine Stelle zu bekommen, und schon gar keine die so gut bezahlt wird wie die Politik.
Das gilt für die Mehrheit der Parlamentarier in den Landtagen und im Bundestag. Für sie ist das ein Beruf, den sie auch weiter ausüben wollen. Was aber nicht nur dazu führt, dass sie auf ihre Parteiführungen hören, sondern vor allem auf die, die sie wählen sollen. Trotzdem gibt es einen gesellschaftlichen Konsens, dass wir Berufspolitiker in den Parlamenten haben und sie auch gut bezahlen wollen. Es mindert die Anfälligkeit der Abgeordneten für Korruption.

Warum die Wähler mitmachen? Manche glauben halt an den Weihnachtsmann, bzw. daran dass Parteien wie die SPD es ernst meinen …
Ich glaube eher, dass das Wertgefüge eines Menschen durch seine Erziehung und Sozialisation in der Familie und später seiner sozialen Umgebung weitgehend festgelegt wird. Plakativ formuliert: Die innere Flexibilität für einen Wandel der eigenen Auffassungen ist bei der Mehrheit so wenig ausgeprägt wie die Bereitschaft, sich auf äussere Veränderungen einzulassen. Das gilt für alle politischen Lager. Man klagt immer über die fehlende Bereitschaft der anderen, unabweisbare Wahrheiten anzuerkennen.

Wir haben – bei allen sozialen Ungerechtigkeiten – insgesamt einen Grad an Wohlstand und sozialer Absicherung in Deutschland, der zu den weltweit höchsten gehört. Die meisten Menschen bei uns wählen in erster Linie diejenigen, die dafür zu sorgen versprechen, dass es so bleibt. Egal, welche Folgen das auch immer für die Armen, die Umwelt, Entwicklungsländer haben mag. Für solche Argumente sind die unerreichbar.
 
Durch unsere Wirtschafts- und Sozialordnung werden wir in Wettbewerb untereinander gesetzt und es wird nicht wirklich über mögliche Alternativen nachgedacht
Erschwerend kommt hinzu, dass die nachwachsende Generation die Zeit vor 1990, und dann jene vor 2002, gar nicht mehr kennt – und nicht mehr weiß, dass es auch anders gewesen sein kann –, und somit die Vorstellungskraft dafür schwindet, wie man es auch anders gemacht haben könnte.

Eine Zeit ohne »Tafeln«?
Eine Zeit, in der die Mitarbeiter im Arbeitsamt noch an den Berufen geschult waren, die sie vermitteln (und nicht etwa statistikbereinigend aufdrücken) sollten?
 
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… nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts eine Eigentums-Wohnfläche von 120 qm als angemessen, 80 qm Wohnfläche sind es für ein Ehepaar, aber auch für einen Alleinstehenden.
M.W. geht es bei Alleinstehenden um 50m².

EDIT:
Uups, da geht es um Größe einer als angemessen geltenden Mietwohnung (wobei ich mich frage, warum da ein Unterschied zum Eigentumswohnung gemacht wird).
 
Sozial gerecht wäre es gewesen den Status eines Leiharbeiters auf das eines Festangestellten zu heben, so dass beide gleichberechtigt sind. Die Wirtschaft soll durchaus Auftragsspitzen mit Leihkräften abfangen können, nur sollte das dann kein Modell für staatlich subventioniertes Lohndumping sein.
Jaa.
Als in den Neunzigern das Prinzip von Leiharbeitskräften in Deutschland erstmals in größerem Rahmen diskutiert und mit der Agenda2010 hoffähig wurde, wurde immer schön das Beispiel der Niederlande angeführt, wo das doch so gut funktioniere.

Dumm nur, dass in der politischen Darstellung dabei gerne unterschlagen wurde, dass Leiharbeiter in NL dem Unternehmer teuerer kommen sollen – und diese auch tendenziell mehr verdienen – als die Leute der Stammbelegschaft. Schlicht, um es für den Unternehmer lukrativ zu machen, den Leiharbeiter zu den »normalen« Tarifen fest einzustellen, falls sich der als vorübergehend geplante Mehrbedarf dann doch zum Dauerbedarf entwickeln würde.

So gibt es dann auch für den Arbeitnehmer eine Balance aus schnell verfügbarer, relativ höher entlohnter Arbeit zum Preis hoher Flexibilität – und schneller(er) Festanstellung zum Preise relativ geringerer Entlohnung.

Davon ist aber in der Umsetzung in DE nichts, aber auch gar nichts übriggeblieben.
 
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