Nur ist die materielle Ungerechtigkeit ja nicht der Hauptkritikpunkt von Nonparaille und MacQuandalf, sondern das ganze System – als Wirtschafts- und Sozialpolitik, Demokratie und Parteien, Medien. Und da frage ich mich, welche Vision von einer gerechten und demokratischen Gesellschaft sie haben.
Doch, die soziale Ungerechtigkeit ist mein Hauptkritikpunkt, nicht das demokratische System. Das einzige Problem was wir bei dem demokratischen System haben ist der, dass die Auswahl begrenzt ist und man als normalsterblicher Bürger keinen nennenswerten Einfluss darauf hat. Z.b. sind es die Parteien die bestimmen wer in welchem Wahlkreis als Direktkandidat aufgestellt wird und wer welchen Listenplatz bekommt. Das führt dann dazu dass wir Wähler nicht die Kandidaten auswählen können von denen wir glauben dass sie unsere Interessen vertreten sondern zwischen den Kandidaten auswählen müssen die uns die Parteien vor die Nase setzen, und die mit Sicherheit so aussortiert wurden dass sie die Interessen der Parteiführung vor den Interessen der Wähler stellen.
Der Hauptkritikpunkt bleibt aber dennoch die soziale Ungerechtigkeit. Gehen wir nochmal auf das Beispiel Leiharbeit zurück. Es gibt Unternehmen und Branchen die keine gleichmäßige Auslastung haben sondern eine die einer mehr oder weniger ausgeprägten Schwankung unterliegt. Diese Unternehmen brauchen mal mehr und mal weniger Personal, und manchmal auch sehr schnell wechselnd wo man eben nicht 3 Monate lang Personal suchen kann. Für solche Zwecke ist Leiharbeit ein sinnvolles Instrument.
Nicht sinnvoll sondern hochgradig asozial ist es aber, wenn man diese flexiblen Arbeitskräfte zu Untermenschen erklärt, wie es die Schröder-SPD mit ihrer Agenda 2010 getan hat. Es gab zwar durchaus den Ansatz des "Equal Treatment" im Gesetz, hat aber gleichzeitig eine fette Lücke zum Aushebeln dessen hinterlassen, die Abweichung von dieser Regelung durch einen Tarifvertrag ohne Mindeststandards. Wenn also eine vom Arbeitgeberverband gegründete Scheingewerkschaft also hergegangen ist und gesagt hat "Wir machen mal einen Tariflohn von ca 5 Euro die Stunde" dann galt das "Equal Treatment" nicht mehr und der Leiharbeiter hat dann für 5 Euro statt für 15 oder 30 Euro gearbeitet. Das war von der durch die Agenda vorgegebene Gesetzteslage völlig legal. Dann gab es auch noch "Kompromisslösungen" vom DGB, da kamen dann Löhne von 9-12 Euro bei raus, immer noch deutlich weniger wie bei den Festangestellten, aber man kam zumindest über den H-IV Satz hinaus.
Das hat natürlich dazu geführt dass viele Unternehmen gar niemanden mehr fest eingestellt haben sondern nur noch einen kleinen Kern an eigenen Kräften hatten und den Rest mit Leiharbeitern zu Dumpinglöhnen aufgefüllt hatten. Auch Azubis wurden sehr oft nicht übernommen sondern durch billige Leiharbeiter ersetzt.
Ein weiteres Problem bei der Leiharbeit war, dass die Leiharbeiter zwar theoretisch normale Arbeitnehmer waren, aber im Gegensatz zu Festangestellten keinerlei Rechte hatten. Denn der Leiharbeiter ist ohne Probleme austauschbar. Wenn dem Entleiher die Nase nicht passt, einer mal 2 Wochen wegen Grippe krank war, oder jemand auf sein Recht bestanden hat wurde er zur Verleihfirma zurück geschickt (keine Arbeit für XY) und von dieser aus betrieblichen Gründen (kein Auftrag für XY) entlassen. Dafür wurde dann ein anderer eingestellt und zum Kunden geschickt.
Sozial gerecht wäre es gewesen den Status eines Leiharbeiters auf das eines Festangestellten zu heben, so dass beide gleichberechtigt sind. Die Wirtschaft soll durchaus Auftragsspitzen mit Leihkräften abfangen können, nur sollte das dann kein Modell für staatlich subventioniertes Lohndumping sein. Und wenn Leute die in dieser unsicheren Branche arbeiten bei einer Flaute entlassen werden dann sollte der Teil mit dem "Fördern" von Schröders "Fördern und Fordern" umgesetzt werden, und nicht nur gefordert werden dass der Arbeitslose sich für 1 Euro irgendwo prostituiert damit er aus der Statistik fällt.
Achja, die 1 Euro Jobs waren auch so eine tolle Erfindung, bei der sich Unternehmen wie z.B Pflegeheimbetreiber die Taschen voll gemacht haben. 3000 Euro pro Insasse kassieren, und den Großteil der Arbeit mit 1-Euro Jobbern abdecken die praktisch nichts kosten. Den 1-Euro Jobbern hat man dan dePistole auf die Brust gesetzt: Entweder du gehst für 1 Euro die Stunde arbeiten oder wir streichen deine Stütze komplett.
Und solche Faschosprüche wie "Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen" "Es gibt kein Recht auf Faulheit" oder "Das geht alles noch nicht weit genug" sollte eine Partei die sich
Sozialdemokratisch nennt gleich ganz verkneifen.
Und bevor jetzt jemand auf die aktuellen Mindestlöhne verweist: Solange die SPD mit Rot/Grün die regierung bestimmt hat wollte sie nichts von Mindestlöhnen wissen, das wurde als Teufelswerk abgetan. Erst nachdem sie zunächst Juniorpartner in der GroKo waren und dann in der Opposition gelandet sind war das dann auf einmal ein Thema. Und das vermutlich auch nur weil Löhne von unter 5 Euro zwar schon für die Wirtschaft sind, den Staatshaushalt aber mit weiteren Aufstockern belasten. Um die Würde der Menschen gin es hierbei sicher nicht.
Warum ist es möglich dass eine solche Politik gemacht wird? Sind wirklich die Mehrheit der Wähler verkappte Faschisten die sowas toll finden? Oder ist es eher so dass es kaum Alternativen gibt weil die 4 Blockparteien alle gleichermaßen so ticken, nur Kandidaten auf die Wahlliste setzen die einzig und allein Parteiinteressen dienen, und auch gleich klar machen dass man die Linken gar nicht erst zu wählen brauche weil man mit denen sowieso nicht koalieren wird?