Etwas als "gewagte These" darzustellen und sich gleichzeitig davon zu distanzieren ist in meinen Augen ganz eindeutig ein Hintertürchen. Ich habe nichts gegen Gedankenexperimente, jedoch hat dann das Gedankenexperiment "Was wäre denn, wenn die Shoah eine Verschwörung des internationalen bolschewistischen Weltjudentums wäre" die gleiche Legitimität wie Deine "gewagte These". Hat sie aber meiner Meinung nach nicht, da sie eindeutig tendenziös ist. Sich dann im gleichen Atemzug davon zu distanzieren empfinde ich als schlechten Versuch, den eigenen Standpunkt zu verharmlosen. Aufgrund der Offensichtlichkeit ist das dann für mich naiv und deswegen "süß" wie niedlich.
In Wirklichkeit unterstelle ich Dir auch keine terroristischen Absichten, ich will Dich nur provokativ dazu ermuntern, mal das was Du dem Anschein nach denkst, mal zu Ende zu denken und dann auch (nur im Gedankenexperiment) auch die Konsequenzen zu ziehen. In vielen Ländern der Welt werden Genozide vollführt, mal beachtet, mal unbeachtet. Leute arbeiten unter menschenunwürdigen Bedingungen oder werden vom Land vertrieben. Da könnte man wirklich was für Menschen erreichen, anstatt sich um ein paar biometrische Angaben in Reisepässen Gedanken zu machen. Verglichen mit den allzu realen Problemen in der Welt ist das doch wirklich Peanuts. Nicht nur das: Hätten alle Protestteilnehmer des ach so fürchterlichen G8 Gipfels das Geld, was sie in die Fahrkarten den verbrauchten Sprit und andere Ausgaben, investiert haben in Mikrokredit-Systeme gesteckt, wäre sicher der Weltbevölkerung mehr geholfen. Btw: Warum haben die Leute eigentlich kein schlechtes Gewissen, wenn sie mal keinen TransFair Kaffee trinken und keine TransFair Bananen essen? Ich sags Dir: Es betrifft andere und es ist nichts einfacher und befriedigender, sagen zu können, dass die anderen viel schlechter sind als man selbst und es ist immer wieder erhebend, den heiligen Zorn spüren zu können. Noch besser, wenn man ihn dann mit Menschenrechten verbrämen kann.
Du hast immer noch ein gutes Gewissen? Dann zieh Dir das hier mal rein:
http://youtube.com/watch?v=5k5LbtS4SXM
Ja, ich bin davon überzeugt, dass eine (unsere) Demokratie streitbar und wehrhaft sein muss. Das war die Weimarer Republik nicht und es war ein Grund, warum sie gescheitert ist. Daher habe ich auch bisher (vergleichsweise) wenige Probleme mit dem was unsere Geheimdienste im Inland machen. Denn dafür gibt es parlamentarische Kontrollkommissionen. So lange es noch Politiker gibt, die für Fehler ihrer Dienste den Hut nehmen müssen und sehe ich unsere Demokratie auch nicht in Gefahr. Ich sehe es eher so, dass wenn alle schreien "unsere Demokratie geht vor die Hunde" und es passiert in Wirklichkeit nichts, dass dann die Panikmache überstrapaziert ist und es die echten Probleme dann gibt, wenn wirklich etwas problematisches passiert und alle denken "Jaja, wir hatten schon mal, dass alle dachten, es würde was schlimmes passieren und was war? Alles nur Panikmache!"
Ich mache mir weniger Sorgen um das, was die Behörden machen, als um das, was kommerzielle Firmen mit unseren Daten anstellen. Die haben nämlich keine Datenschutzbeauftragten, der Missstände öffentlich macht und problematische Veränderungen der Meinungsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung anprangert. Fazit: Ich hab mehr Angst vor Google, den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, den Versicherungsverbänden und den Arbeitgeberverbänden als vor den Behörden. Einheitliche Personenkennziffer hin oder her.