Interessanter Thread.
Ich mag dazu ja dieses Video von Alicia Joe:
https://www.youtube.com/watch?v=aZaBzeVbLnQ
Ich mag aber auch das Buch “Die Erfindung der Hausfrau”, in welchem dezidiert die Geschichte der Herabwertung der Frau (und die damit verbundene Veränderung der Sprache) behandelt wird. Die Geschichte ist LANG und wahrscheinlich interessiert sie die meisten hier nicht, darum fasse ich einmal die Quintessenz des Teils den wir hier gerade diskutieren zusammen:
Mit der Professionalisierung von Berufen wurden diese männlich.
Das Ganze geht noch auf die Zünfte im Mittelalter zurück, die zu Beginn ungefähr 50/50 mit Männern und Frauen besetzt waren. Die Männer haben irgendwann die Frauen rausgedrängt. Sogar aus Zünften, die ursprünglich einmal von Frauen gegründet wurden.
Über die Jahrhunderte wurden Frauen so immer kleiner gehalten (was übrigens auch ein großer “Verdienst” der christlichen Kirche ist und Luthers ist…).
Wo die Professionalisierung männlich wurde (und dementsprechend auch die Bezeichnungen, bei denen es keine Rolle spielte, ob Frauen in dem Betrieb mitarbeiteten) gab es natürlich auch das Gegenstück: Entprofessionalisierung wurde weiblich. Aus dem Sekretär wurde die Sekretärin.
Alle Berufe, die eine Herabwürdigung erfahren haben, in ihrem Ansehen sanken oder nicht mehr so wichtig waren aufgrund sich ändernder wirtschaftlicher, sozialer und historischer Strukturen wurden auf einmal “Frauenberufe”.
Einen ganz großen Teil hat die Industrialisierung dazu beigetragen.
Was hat das Ganze nun mit Gendern zu tun?
Alles und nichts.
Denn unterschiedlichen Menschen geht es um unterschiedliche Sachen beim Gendern.
Ich finde sinnvolles gerndern absolut wichtig und angebracht - die Grenzen hat Alicia Joe in ihrem Video für mich allerdings schön deutlich gemacht.
Insgesamt ist das Thema “Gender” sehr viel komplexer als gedacht und das Thema “Gendern” ist es ebenfalls.
Meine Sicht:
Wenn Gendern zu mehr Gleichberechtigung führt, dann ist das für mich ein vollkommen legitimes Mittel zum Zweck (nein, Frauen und Männer sind noch nicht gleichberechtigt, aber können wir uns diese Diskussion ersparen? Die führe ich schon immer zuhause…).
Sprache braucht allerdings auch immer Zeit um sich zu entwickeln und ich denke, dass viele Personen da zu gezwungen rangehen und zu schnell zu viel wollen.
Und Veränderung in einer Welt die sowieso schon immer schneller und komplizierter wird, ist für viele Menschen (inklusive mir, wenn ich an mein neues Macbook denke) nunmal nicht their favourite child.
Mich persönlich stören * : und ; im Satz nicht, ich finde _ und Innen störender - ich weiß aber, dass Menschen die Probleme mit dem Lesen haben, einen Text nicht mehr vernünftig lesen können, wenn da Zeichen mitten im Wort sind. Und ich weiß, dass die “Vorleseapps” die es gibt, ebenfalls an diesen Satzzeichen scheitern können, je nachdem wie weit die Entwickler mitgedacht haben.
Ich persönlich würde mir wünschen, dass sich die Menschen mehr mit der Vergangenheit auseinander setzen um herauszufinden, wie bestimmte Strukturen gewachsen sind und wieso es wichtig ist, diese Strukturen zu überdenken oder abzuschaffen.
Ein “das haben wir schon immer so gemacht” gilt nämlich in vielerlei Hinsicht bei dem Thema Geschlechterrollen nicht. Aus historischen Gründen. “immer schon” ist nämlich keine 200 Jahre her dann - vorher war’s anders.