Ah, Klischees… eine der letzten Bastionen in einer Zeit der Gleichmacherei. Ich kann, ehrlich gesagt, nicht verstehen, wie man sich über sie aufregen kann – denn meistens kommen sie nicht von ungefähr. Mich erinnert das an Karikaturen, die, naturbedingt überspitzt, doch letztendlich eher zu schmunzelnder Reflexion denn zu Rassenhass und Verteufelung anstacheln sollen.
Natürlich ist der Standard-Ami ungebildet und stolz darauf. Aber es ist ja nicht so, als wäre das schlimm oder er daran schuld – dafür sorgt die entsprechende Erziehung, schließlich ist das politisch so gewollt. Und letztlich entwickelt sich der Standard-Deutsche ja in die gleiche Richtung (den Stolz mal ausgenommen, hier wird man nur doof), man führe nur mal ein Bewerbungsgespräch mit potentiellen Azubis. Da packt einen das eiskalte Grauen.
Die eingangs gezeigte Weltscheibe fand ich übrigens herrlich, denn sie entspricht wirklich dem typisch-US-amerikanischen Weltbild. Oben Kanada, unten Mexiko, in der Mitte ist alles super und ringsrum läuft das Wasser den Abgrund runter. So wird es halt in Schulen und Medien vermittelt: Der Rest der Welt genießt einen sehr geringen Stellenwert im Lauf der Dinge. In Deutschland hingegen wird mehr Wert auf das Ausland gelegt, mit dem Effekt, dass der heranwachsende Standard-Deutsche kaum noch etwas über das eigene Land weiß. Letztendes kann man sich da streiten, was einem lieber ist.
Ich musste z.B. immer mit dem Kopf schütteln, wenn die Olympiade im Fernsehen übertragen wurde. In Deutschland werden die Sieger gezeigt – egal, wo sie herkommen. Einfach, weil es einen doch interessiert, wer gewonnen hat. Hat z.B. ein Ami in einer Disziplin den 2. Platz belegt, zeigt man die Verleihung der Silbermedaile und den Rest schneidet man raus, ist ja eh uninteressant.
Da hier nach Anekdoten gefragt wurde, möchte ich ein paar Erlebnisse nennen:
- Ich sitze mit einer australischen Freundin in einem Diner in New Mexico. Als es an’s Bezahlen geht, gibt sie der freundlichen Kellnerin spaßeshalber australische Dollar. Die guckt sich die Scheine an und fragt, wer denn die Lady auf dem Schein sei (Es handelte sich hier um ein Bild der amtierenden britischen Königin, die im Rest der Welt 99% aller Dreijährigen kennt).
- Ein anderes Diner in Montana. Wir kommen mit den Eingeborenen in’s Gespräch und unterhalten uns nett. Nach Klärung unserer Herkunft folgt prompt die Frage, ob wir mit dem Auto oder per Flugzeug nach Amerika gekommen seien. Ich erwidere, dass die Beringstraße leider nicht zugefroren war und wir deshalb den Flieger nehmen mussten. Keine Reaktion außer freundlichem Nicken.
- Smalltalk™ in verschiedenen Staaten mit verschiedenen Menschen. Ich sei aus Deutschland, das sei ja furchtbar; wie wir denn mit dem ganzen Schutt zurecht kämen und ob es denn langsam wieder bergauf geht nach dem Krieg.
Das nur mal stellvertretend für viele ähnliche Erfahrungen. Und jetzt mein Fazit, das vielleicht sogar unseren amerikanischen Mitbürger wieder von der Palme holt: Ich würde jederzeit wieder dort hinziehen.
Bei aller Beschränktheit und Interesselosigkeit sollte man nämlich nicht die Freundlichkeit und Offenheit vergessen, die einem dort entgegengebracht wird.
Und das steht letztendlich doch in deutlichem und erfrischendem Kontrast zur typisch deutschen Knauserei, Rechthaberei und Erbsenzählerei.