S
Sörnäinen
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*phew* - ich gehöre anscheinend nicht zu deinem beschriebenen "lehrerklientel"
Zumindest gehörst Du anscheinend nicht zu der Lehrerklientel, die nicht nachdenkt und das Thema Gewalt so wegdrückt.
Das mag oft so erscheinen, weil fast jeder, der Gewalt ausübt (auch psychisch oder "strukturell"), eine Begründung findet und versucht, die Gewalt als angemessen darzustellen. Wenn jemand zuschlägt, ist das sofort zu sehen. Wer da 'ne anerkannte Begründung hat, ist aber auch fein raus: "Der hat zuerst angefangen."; "Der hat provoziert"; "Ich hatte halt mal 'nen schlechten Tag."; "Ich war besoffen".
Jetzt lieferst Du noch eine Ausrede dazu: "Ich war aus der Balance gebracht worden."
Wo liefere ich diese Ausrede?
Wer ist denn jemals mit einer feinen Begründung fein raus?
Von dieser "Gewalt" war nicht die Rede. Ich denke gerade daran, wie Demonstranten in der Vor-Wendezeit immer wieder gerufen hatten: "Keine Gewalt!" Beide Seiten - Demonstranten und Staatsdiener - hatten sehr wohl verstanden, was gemeint ist, ganz ohne Verständnisanleitung.
Doch, von dieser Gewalt ist die Rede. Genau das ist das Problem. Weil viele Menschen eben nicht zu Ende denken und nicht zu Ende reflektieren, führt das zu unendlich vielen Missverständnissen. Das ist aber absolut nicht ungewöhnlich. Sondern gesellschaftlich ziemlich normal.
Ja, solche Verletzungen sind schlimm. Ich kenne die - besonders von Sportlehrern, denen die Schauspielerei von fußballspielenden Jungs mehr galt, als echte Leistung z.B. im Schwimmen, Segeln, Rudern oder Eiskunstlauf. Doch dürfen die Verletzungen nicht zum Persilschein für Agressionen gegen Leute und Sachen werden. Das kenne ich nämlich auch.
Wieso sollten die zum Persilschein werden? Du unterstellst mir irgendwie die ganze Zeit, dass ich mit meiner Gewaltdefinition die Gegenreaktionen entschuldigen will - nach dem Motto: "Ooooh, der Arme ist Opfer von Gewalt, da darf er auch anderen wehtun, das muss man doch verstehen bei seiner harten Vergangenheit."
Will ich aber nicht.
Wie kommst Du auf diese kühne Behauptung. Ich kenne es nämlich so, daß solche "kleine Rauferei" die Fortsetzung von Hänseleien und Schikanen ist, der Angegriffene kann sich nicht wehren, das weiß der Angreifer. Der Schikanierte wird vom Lehrer ebenso bestraft - toll, denn "irgendetwas wird den anderen schon gereizt haben". Oder der Lehrer fragt, was ist hier los, und der "Schwächling" wird wird nichts gegen seine Peiniger sagen, aus Angst, dann als Petze völlig verschissen zu haben, dem stehen die Tränen in den Augen, er quält sich ein Lächeln ab - super. Das ********* hat wieder gewonnen. Ach ja, der "Schwächling" soll dabei das "Durchsetzen" lernen - oder so. Am Ende dieser Art von Erziehung hat man dann mit Leuten zu tun, die im Team nicht zu gebrauchen sind, weil es ihnen immer um irgendeine Hackordnung oder Schuldzuweisungen geht, nicht um das Lösen von Problemen.
Tja, ein Lehrer, der auf diese Weise nicht hinschaut, wo die wirkliche Gewalt hier liegt - nämlich auf der seelischen Ebene, der total verhunzten Beziehungsebene, dem Bullying des großen und starken, der Unterwürfigkeit des Schwächlings, der in den weitaus meisten Fällen auf der Basis dieser permanenten Erniedrigungen selber gewalttätig werden wird...
... so ein Lehrer macht eben alles falsch, was man falsch machen kann.
Dazu gibt es übrigens keine Notwendigkeit. Das deutsche Schulsystem lässt zwar die Pädagogen in der Ausbildung mit genau solchen Themen ziemlich alleine... aber es gibt durchaus Möglichkeiten der Weiterbildung.
Die Schulung und Ausbildung von Lehrern in dieser Richtung ist Teil meines Jobs. Ich bin ziemlich froh, dass wir in dieser komplizierten Gemengelage von Ängsten, Druck, Wünschen, politisch korrekten Sprüchen und Hilflosigkeit wirklich helfen können.
Deine Definition blendet aus, daß es Leute gibt, die gewalttätig oder aggressiv sind, weil sie es sich leisten können. Man könnte soetwas Rausch der Macht nennen. Wenn Menschen intensiv genug beigebracht worden ist, daß anderes Leben nichts wert sei, dann haben viele keine Hemmungen, ihre Gewaltmöglichkeiten auszuschöpfen: Vasallen des Königs gegen Andersgläubige; Offiziere gegen Soldaten; Soldaten gegen "Untermenschen"; "brave" Bürger gegen Neger, Indianer, Juden, Kriegsgefangene; satte Bürger gegen Tiere, saubere Gesellschaft gegen "Schmuddelkinder".
Gewalt - vor allem nach unserer Definition - ist immer eine disbalancierte Beziehung. Und nichts ist so gut, eine Beziehung in Disbalance zu bringen, wie Macht des Einen über den Anderen.
Wie Du aber von meinen Aussagen zu dieser Aussage kommst, ist mir vollkommen schleierhaft.
Ich habe aber weiter oben einen detailierten Text verlinkt - bevor wir hier rund und rund im Kreis diskutieren: Da steht wirklich drin, wie eins zum anderen führt. Muss man nicht glauben, aber wenn man ihn gelesen hat, kann man besser mit mir diskutieren.