Gesellschaft Not my president ...

Natürlich war das nicht i.O., keine Frage. Wenn man sich zu unrecht auf den Schlips getreten fühlt passiert sowas schon mal. Sicher erwartet man das nicht von einem BP, der muss sich da unter Kontrolle haben. Aber letztlich ist auch er nur ein Mensch. Und frei frei von Schuld ist, der werfe den ersten Stein.
An das Amt eines Bundespräsidenten werden höhere politische Ansprüche gestellt, Elvis. Deswegen ist es auch nur für wenige Menschen geeignet. Wulff gehört nicht dazu.
 
Außer vielleicht, dass ein Gericht 700 EUR wörtlich „Peanuts“ nennt ...

Du hast die Urteilsbegründung falsch aufgefasst, denke ich. Der Richter hat gesagt, dass es keinerlei Beweise dafür gebe, dass Wulff einen 700Euro-Vorteil genommen hat. Da man keine Beweise und auch keinerlei Aussicht darauf habe, welche zu bekommen, sei Wulff freizusprechen - *zumal* (und eben nicht: weil) kaum nachzuvollziehen sei, dass sich ein Ministerpräsident für eine solche Peanuts-Summe kaufen lasse.

spoege schrieb:
An das Amt eines Bundespräsidenten werden höhere politische Ansprüche gestellt, Elvis. Deswegen ist es auch nur für wenige Menschen geeignet. Wulff gehört nicht dazu.

Mag sein, dass Wulff als Bundespräsident nicht so toll aussieht. Aber das ist aus rechtsstaatlicher Perspektive scheißegal. Wenn er nach Recht und Gesetz gewählt ist, dann ist er eben Bundespräsident. Gerade so, wie auch der irrlichternde Lübke, der volksliedsingende Scheel und der in Deutschland umherwandernde Carstens, den man fast nur in Wanderkluft abgebildet sah, aufgrund ihrer rechtmäßigen Wahl das Amt des Bundespräsidenten bekleideten.
Es ist unheimlich wichtig für eine Gesellschaft, dass Recht und Gesetz gelten, es ist Ausdruck von Zivilisiertheit. Wenn man einen bestimmten Präsidenten nicht mag, so kann man ihn kritisieren und an ihm einmal mehr die alte Frage aufhängen, ob die Wahlmodalitäten noch in unsere Zeit passen - wo sie doch offensichtlich dazu missbraucht werden, einen dem stärkeren politischen Lager genehmen Kandidaten zu installieren. Wer aber daran mittut, einen wenig charismatischen Amtsinhaber aus dem Amt zu mobben, hat das Prinzip des Rechtsstaats nicht verstanden.
 
Du hast die Urteilsbegründung falsch aufgefasst, denke ich. Der Richter hat gesagt, dass es keinerlei Beweise dafür gebe, dass Wulff einen 700Euro-Vorteil genommen hat. Da man keine Beweise und auch keinerlei Aussicht darauf habe, welche zu bekommen, sei Wulff freizusprechen - *zumal* (und eben nicht: weil) kaum nachzuvollziehen sei, dass sich ein Ministerpräsident für eine solche Peanuts-Summe kaufen lasse.

Bei so auseinander liegenden Fakten einen Zusammenhang zu sehen ist schwierig und
bei Vorteilnahme oder Bestechung wird selten aufgrund klarer Beweise entschieden.
Es geht um Hinweise. Die gibt es, aber es wurde zugunsten des Angeklagten entschieden.

Und dieser Satz zu den Peanuts ist schon sehr merkwürdig. Gerade so, wie sich Wullf
selbst dargestellt hat, ist das sehr gut nachzuvollziehen. Wobei das völlig unerheblich
ist, ob das Gericht sich das vorstellen kann oder nicht.
 
Und dieser Satz zu den Peanuts ist schon sehr merkwürdig. Gerade so, wie sich Wullf
selbst dargestellt hat, ist das sehr gut nachzuvollziehen. Wobei das völlig unerheblich
ist, ob das Gericht sich das vorstellen kann oder nicht.

Was willst du damit eigentlich sagen? Vielleicht das: Für das Gericht mag es unvorstellbar sein, dass ein Ministerpräsident für lausige 700 Euro käuflich ist, aber für Wulff gilt das nicht; er ist eben ein "Nimmersatt" und nimmt auch Peanuts. Ist es das?
 
Wer aber daran mittut, einen wenig charismatischen Amtsinhaber aus dem Amt zu mobben, hat das Prinzip des Rechtsstaats nicht verstanden.
Wulff selbst hat am meisten daran mitgewirkt, etwa durch seinen Drohanruf beim Bild-Chefredakteur.

Hätte er sich klug und seinem Amt entsprechend verhalten, hätte ihn niemand rausdrängen können. Letztlich hat er selbst aufgegeben.
 
Meiner Meinung nach muss man nach dem Urteil weniger über Christian Wulff reden, sondern viel mehr über die Staatsanwaltschaft Hannover. Hier sollten sowohl der Staatsanwalt als auch der Justizminister mal intensiv über einen Rücktritt nachdenken. Die scheinen die Interessen der Bevölkerung an Strafverfolgung total zu missdeuten ... Ex-Präsident, der sich wegen 700€ hat bestechen lassen (wer's glaubt) vs. Bundespolitiker, der Kinderpornos bezogen hat. Wen verfolge ich? Klar . den Ex-Präsi, denn da kann man am meisten Publicity rausschlagen ... Nur ist das Aufgabe der Justiz?

By the Way ... Den Fall "Hoeneß" sehe ich ebenso kritisch. Hier wird viel zu viel juristisch "konstruiert", um eine maximale Strafe zu erreichen. Nur ist das zielführend? Ist das im Interesse der Allgemeinheit?
 
Wulff selbst hat am meisten daran mitgewirkt, etwa durch seinen Drohanruf beim Bild-Chefredakteur.
Dass dieser Anruf ein kollossaler Fehler war, kann man kaum bestreiten. Wenn man weiß, dass die Geschütze der Bildzeitung bereits gegen die eigene Person gerichtet sind, ist ein Anruf bei denen - und dann auch noch so ein unsouveräner, der zwischen Drohen und Betteln hin und her pendelt - exakt das, was man auf gar keinen Fall tun sollte. Es natürlich auch klar, dass sich die Öffentlichkeit dann die Frage stellt, wie sowas sein kann. Naivität? Dummheit? Vielleicht das merkbefreite Selbstverständnis der "niedersächsischen Aristokratie"?
Ich bezweifle aber entschieden dein "etwa durch...". Denn nach dem Anruf gab es für Wulff keine Möglichkeit mehr, sich "klug und dem Amt entsprechend" zu verhalten. Ganz egal, was er tat, es war immer falsch. Selbst wenn er eine Weile lang schwieg, wurde das so hingestellt, als würde er jeden Tag vorm Schloss Bellevue in die Rosenbeete pinkeln. Möglicherweise war das die unvermeidliche Folge des gänzlich unpräsidial wirkenden Kamikaze-Anrufs bei Diekmann. Man kann aber Wulff nicht ernsthaft ein falsches Verhalten in den Monaten der Affäre vorwerfen. Denn nach dem Anruf es gab kein "Richtig" mehr.
 
Zu Beginn standen die Recherchen der Bildzeitung zu den Hauskrediten. Dass die Wulffs da Vorzugsbedingungen hatten, liess sich nicht bestreiten, Wulff hat die Finanzierung ja auch danach korrigiert. Die Bildzeitung (und dann auch die Konkurrenz) hatten damit aber Witterung aufgenommen.

Meiner Ansicht nach spielte Wulffs Vorgeschichte als niedersächsischer Ministerpräsident da eine große Rolle: Seine Amtsführung war umstritten, er selbst sehr machtbewusst, um es milde auszudrücken. Auch seine Ambitionen auf das Amt des Bundespräsidenten waren schon früh deutlich. An seine Vorgänger hat er öffentlich höchste moralische Maßstäbe angelegt: Als beispielsweise der damalige Bundespräsi Rau wegen der Flüge mit einem Firmenjet in Bedrängnis geriet, verurteilete er Rau öffentlich.

Ein solcher Machtmensch mit moralischer Attitüde darf sich nicht wundern, wenn er selbst in das Visier der Medien gerät, sobald in seinem Leben irgendwas ruchbar wird. Der Anruf beim Bildchef war da nur die Bestätigung der alten Erfahrungen mit Wulff. Die Reaktion der Medien war nicht zuletzt auch eine Reaktion auf Merkels autokratische Durchsetzung Wulffs gegen Kandidaten, die in der Öffentlichkeit als geeigneter, präsidialer empfunden wurden.

Wer die Mechanismen der Medien kennt, weiß, dass so etwas auf Dauer nicht gut gehen kann. Mich wundert nur, dass Merkel dachte, es würde gut gehen.

Der altbekannte Täter Wulff ist in dieser ganzen Affäre selbst zum Opfer geworden. Das kann einem menschlich leid tun, aber weder Wulff noch Merkel sind politische Amateure. Sie selbst haben genau diese Mechanismen der Medien immer auch selbst für ihre politischen Zwecke benutzt – grade Wulff, der in seiner niedersächsischen Zeit ein gradezu intimes Verhältnis mit der Springerpresse pflegte und hemmungslos zum eigenen Vorteil nutzte.
 
Genau das ist ja das Problem. Das was die Medien hier gemacht haben, könnten sie mit jedem einzelnen machen, egal ob Politiker oder jemand anderes der in der Öffentlichkeit steht.

Nein, das könnten die Medien nicht - zumindest nicht, wenn sie bei der Wahrheit bleiben. Wulff hat, schon in seiner Zeit als Ministerpräsident, und auch später als Bundespräsident, durch sein eigenes Verhalten ein extrem grosse Angriffsfläche geboten. Wäre er einfach der farblose, umcharismatische BP, den keinem groß auf den Schlips getreten ist, dann wäre er noch heute im Amt. Nur weil er versucht hat sein eigenes unmoralisches Verhalten zu vertuschen und gleichzeitig gegenüber politischen Gegnern den Über-Moralisten zu geben, hatten die Medien überhaupt etwas, das sie berichten konnten.

Aber was in die eine Richtung geht, geht auch in die andere. Die Medien könnten, wenn sie wollten, auch dafür sorgen das er politisch rehabilitiert ist wenn sie mit dem gleichen Engagement und Ausdauer sich jetzt entschuldigen und die Dinge gerade rücken.

Warum sollten sich die Medien dafür entschuldigen, die Tatsachen veröffentlicht zu haben?
 
Jeder Harry der baut, ein Auto kauft oder für wasweißich Geld braucht wird versuchen über Vitamin B an günstige Konditionen zu kommen. Ebenso bei der Jobwahl. Das ist schlicht lächerlich wie man das damals aufgeblasen hat. Was denkt ihr alle eigentlich wie Verträge und Projekte zustande kommen? Durch faire Auslosungen? Man man man...wieso echauffiert sich niemand mal mit dem gleichen Elan über A. Löcher wie J. Blatter, Schumacher, Vettel, Eclestone, Platini und Co? Was ist mit dem IOC Komitee? Der UEFA Präsident findet es cool wenn ganze Nationalteams incl. völlig überdimensionierten Betreuerteams durch ganz Europa hin und her jetten, also wird das gemacht. Und ich kleiner Privater zahle im selben Atemzug EEG Umlage....
Und wir sind immer noch damit beschäftigt C. Wulff für einen lächerlichen Betrag vor Gericht zu zerren...


Ein Anruf bei der dümmsten Zeitung der Welt...meine Güte, selbst wenn's dumm war, dafür müsste man den Mann doch eigentlich feiern!
 
Jeder Harry der baut, ein Auto kauft oder für wasweißich Geld braucht wird versuchen über Vitamin B an günstige Konditionen zu kommen. Ebenso bei der Jobwahl. Das ist schlicht lächerlich wie man das damals aufgeblasen hat. Was denkt ihr alle eigentlich wie Verträge und Projekte zustande kommen?
bei meinem AG gibt es Complianceregeln. Geschenke/Zuwendungen über 25.- sind genehmigungspflichtig. Verstößt man gegen die Regel, fliegt man (ist auch schon passiert).
Den hiesigen Müllmännern darf man keine Weihnachtsgeschenke zukommen lassen (da wird jedes Jahr von der Stadt drauf hingewiesen).

...wieso echauffiert sich niemand mal mit dem gleichen Elan über A. Löcher wie J. Blatter, Schumacher, Vettel, Eclestone, Platini und Co?
weil die ihr Gelhalt nicht aus meinen Steuergeldern beziehen und hier nicht Thema sind.
 
bei meinem AG gibt es Complianceregeln. Geschenke/Zuwendungen über 25.- sind genehmigungspflichtig. Verstößt man gegen die Regel, fliegt man (ist auch schon passiert).
Den hiesigen Müllmännern darf man keine Weihnachtsgeschenke zukommen lassen (da wird jedes Jahr von der Stadt drauf hingewiesen).


weil die ihr Gelhalt nicht aus meinen Steuergeldern beziehen und hier nicht Thema sind.

Zumindest verdienen sie aber zusätzlich auf deine Kosten, wenn auch nur indirekt.

Edit: und weil es mir darum ging zwischenzeitlich mal aufzuzeigen, dass es mMn durchaus in Mode kommt auf Politiker Hatz zu machen während die richtig fiesen Gestalten nicht interessieren. Wulf würde juristisch frei gesprochen, sein Amt ist er los. Das sollte bei 700€ ausreichen..


Ich weiß was Compliance ist. Regeln die dafür geschrieben werden, damit jeder der kritisch nachfragt drauf verwiesen werden kann.
Wer glaubt dass sowas weltweit eingehalten wird glaubt auch an den Osterhasen.
 
Edit: und weil es mir darum ging zwischenzeitlich mal aufzuzeigen, dass es mMn durchaus in Mode kommt auf Politiker Hatz zu machen während die richtig fiesen Gestalten nicht interessieren.
doch, mich interessieren die richtig fiesen auch. Allerdings nicht im Thread "Not my president...", weil weder Schumacher, noch Ecclestone mein Präsident sind
Wulf würde juristisch frei gesprochen, sein Amt ist er los. Das sollte bei 700€ ausreichen..
ja, das reicht mir auch :)

Wer glaubt dass sowas weltweit eingehalten wird glaubt auch an den Osterhasen.
ich glaube nicht, dass die weltweit eingehalten werden, aber zumindest mein AG achtet darauf. Und da sind auch schon mal Führungskräfte aus der mittleren Ebene weg gewesen.
 
Zu Beginn standen die Recherchen der Bildzeitung zu den Hauskrediten. Dass die Wulffs da Vorzugsbedingungen hatten, liess sich nicht bestreiten, Wulff hat die Finanzierung ja auch danach korrigiert. Die Bildzeitung (und dann auch die Konkurrenz) hatten damit aber Witterung aufgenommen.
Was bis dahin ja auch völlig OK ist. Die Zeitungen sollen recherchieren und ihre Ergebnisse veröffentlichen. Auch Wulffs Hauskredit ist selbstverständlich ein Thema. Inwiefern der dann dazu taugt, die Eignung des Bundespräsidenten für sein Amt infrage zu stellen, muss die Öffentlichkeit entscheiden.
Es ist aber gewiss nicht die Aufgabe der Medien, mit immer neuen, teils irrelevanten, teils maßlos aufgeblähten und teils erfundenen Geschichten das Bild eines dummdreisten Lümmels zu zeichnen, der für ein Freibier selbst seine Oma verkaufen würde. Es besteht ein Unterschied zwischen investigativem Journalismus und medialer Hexenjagd, finde ich.
An seine Vorgänger hat er öffentlich höchste moralische Maßstäbe angelegt: Als beispielsweise der damalige Bundespräsi Rau wegen der Flüge mit einem Firmenjet in Bedrängnis geriet, verurteilete er Rau öffentlich.
Moralin gehört wohl (leider) zum Politikgeschäft, weil es ein so wundervoll flexibles Instrument ist. Einmal, um dem politischen Gegner eins überzubraten, und außerdem kann man damit immer gut Bonuspunkte beim Volk sammeln. Dass Wulff sich da besonders hervorgetan hätte, kann man aber nun auch nicht gerade behaupten. Seine Rau-Kritik habe ich damals unter Lagerscharmützel eingeordnet und abgehakt. Schlimmer fand ich da schon z.B. Schröder, der so richtig ätzende populistische Klopper losgelassen hat, und das reihenweise. Wulff ist für mich eher der Typ Schüler-Union, Muttis Bester... unkreativ, hölzern, provinziell. Als "Machtmensch mit moralischer Attitüde" ist er mir nie aufgefallen. Es war bei ihm nicht so wie bei Alice Schwarzer, wo jeder sofort sagt: "Was? Die? Wo die doch immer erzählt hat, ...".
Die Reaktion der Medien war nicht zuletzt auch eine Reaktion auf Merkels autokratische Durchsetzung Wulffs gegen Kandidaten, die in der Öffentlichkeit als geeigneter, präsidialer empfunden wurden.
Das ist wohl richtig, nur muss man zu so einer Reaktion auch sagen dürfen, dass sie in dieser Form unangemessen und völlig daneben war. Es steckt an sich schon eine Menge Feigheit darin, seinen Unmut über das gesetzlich festgelegte Wahlverfahren an dem Gewählten auszulassen, anstatt eine Diskussion darüber zu beginnen, wie zeitgemäß dieses Verfahren noch ist. Aber dann auch noch so einen Exzess zu veranstalten, ist durch nichts zu rechtfertigen.
 
Was willst du damit eigentlich sagen? Vielleicht das: Für das Gericht mag es unvorstellbar sein, dass ein Ministerpräsident für lausige 700 Euro käuflich ist, aber für Wulff gilt das nicht; er ist eben ein "Nimmersatt" und nimmt auch Peanuts. Ist es das?

Nein, ich meine nur, dass 700 EUR möglicherweise keine Peanuts sind, selbst
bei der Hausfinanzierung hatte er einen günstigen Kredit nicht ausgeschlagen,
man sollte diese Möglichkeit als neutraler Richter deshalb nicht ausschließen.

Insgesamt:
An den letzten Beiträgen lese ich heraus, dass wir eigentlich gar nicht weit
voneinander sind mit unserer Meinung und Einschätzung, nur neigt sich die Waage
eben ja nach Tendenz in die eine oder andere Richtung... bei eher marginalen
Unterschieden in der Bewertung.
 
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