Lass es Barry, die Berufsrevolutionierer und Allesgleichmacher Fraktion wird es nie begreifen. Die gehen unter hartnäckiger Negierung biologischer und psychologischer wissenschaftlicher und empirischer Erkenntnis davon aus, dass immer und unter allen Umständen alle Menschen die gleichen physischen, psychischen und intellektuellen Voraussetzungen haben. Dabei müssten sie doch aus eigener Anschauung wissen, dass dem nicht so ist.
Und die Folgerung ist, jeder ist seines eigenen Glückes Schmied?
Ich gebe nur mal folgendes zu bedenken: Wenn du von physischen, psychischen und intellektuellen Voraussetzungen/Veranlagunen sprichst, dann kommst du richtig zu dem Schluss, dass diese bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich aussehen können. Das ist etwas, dass den Menschen mit in die Wiege gelegt wird. Sicher mit Fleiß, Training hat man auch selbst Einfluss darauf, aber der ist eher gering und selbst dann müssen sich manche sehr anstrengen um das Niveau zu erreichen, das andere ohne Mühe übertreffen. Der eine kann dann mit Fleiß ein guter Rechtsanwalt werden, beim anderen reicht es nur zum Bauarbeiter (einfache Tätigkeiten). Der Erste verdient sehr gutes Geld, der Zweite nicht und kann Dank körperlichem Verschleiß mit 50 vielleicht nicht mehr seinem Job nachgehen. Ist das fair, nur weil der eine vorteilhafte Gene geerbt hat und der andere nicht? Von den Vorteilen eines guten Elternhauses (Geld, Beziehungen, Einfluss) fange ich besser nicht an.
In meinen Augen ist das ungerecht. Will ich deshalb zwanghaft alle gleich machen? Sicher nicht, aber wieso sorgt die Gesellschaft/Politik nicht für etwas mehr Gerechtigkeit. Beispielsweise Bildungsgerechtigkeit, indem wir jedem eine gute Schulbildung ermöglichen, Gerechtigkeit beim Lohn, indem wir die Lohnschere nicht zu weit auseinanderklaffen lassen, usw.
Und nein, gerechtere Löhne kann man nicht durch gleiche Bildungschancen + Fleiß ausgleichen. Nicht nur, weil die Veranlagungen der Menschen unterschiedlich sind, sondern auch weil es schlicht nicht genug gutbezahlte Arbeitsplätze gibt. Selbst wenn alle Menschen in Deutschland studieren und gute Abschlüsse machen würden, so bleibt die Zahl dazu passender Jobs davon unberührt. Kurz gesagt, so viele Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Manager usw. braucht das Land bzw. ein Unternehmen gar nicht, umgekehrt braucht man für eine Arztpraxis Arzthelfer, ein Rechtsanwalt braucht Leute für den Papierkram und Ingenieure und Manager brauchen Leute, die ihre Vorstellungen dann auch praktisch umsetzen und in der Produktion arbeiten. Diese Jobs muss jemand machen, in unserem Gedankenexperiment vielleicht jemand mit gutem Hochschulabschluss, vielleicht importieren wir aber auch geringqualifizierte Menschen und exportieren dann unsere Hochschulabgänger. Mit dem Ergebnis, die "schlechten Jobs" sind nicht plötzlich auf Grund von mehr Bildung weg.
Das Einzige was man am System der sozialen Grundsicherung in Deutschland m.E. kritisieren kann ist, dass man nicht hinreichend unterscheidet zwischen Menschen, die dauerhaft ihren Lebensunterhalt objektiv nicht bestreiten können (wegen Krankheit, Gebrechlichkeit, Alter usw.) und Menschen, die das einfach nicht wollen, z.B. weil sie sich für normale Tätigkeiten, die ihnen keinen Reichtum aber einen eigenfinanzierten Lebensunterhalt sichern, zu schade (meist kommt dann ein "ich bin überqualifiziert") sind.
In Deutschland gibt es viele Jobs, bei denen das Gehalt unter bzw. nur knapp über der Grundsicherung liegt. Alleine die Signalwirkung ist schon abschreckend, "Vollzeitarbeit, die dem Arbeitgeber aber nicht mal (bzw. gerade mal) so viel wert ist, dass die Person davon leben kann". Du sagst also, egal wie die Arbeitsbedingungen sind, wie viel der Arbeitgeber bereit ist zu zahlen, jeder Arbeitslose sollte notfalls das Annehmen was ihm angeboten wird. Super Sache ... für die Arbeitgeber, denn die können dann ja jeden Mist anbieten und finden immer noch jemanden, der das machen (muss). Eine bekannte liberale Partei hat mal mit dem Spruch "Arbeit muss sich (wieder) lohnen" geworben. Ich bin der Meinung, wenn sich Arbeit wirklich lohnt (nicht, indem wir die Sozialleistung zusammenstreichen), wird sich auch jemand finden, der sie macht.