Die Kritiker, die die Story des Films als flach, platt oder als gar nicht existent bezeichnen, scheinen wirklich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.
Denn das Hauptthema des Filmes ist nicht Öko, Voodoo oder Indianerromantik sondern - man mag es kaum glauben - Avatare.
Das Eintauchen in eine fremde, räumlich entfernte fremde Welt im einem (zu dieser Welt passenden) Körper, den man selbst steuert. Heutzutage bereits möglich in den bekannten virtuellen Welten, beispielsweise in Spielen wie World of Warcraft. Man klickt sich in die Welt ein, wählt einen Avatar geeigneter Größe, Kraft und Statur und läuft darin durch diese Welt. Man trifft andere Avatare und bildet Gruppen usw., gesteuert in Echtzeit von beliebigen Orten auf der Welt.
Avatare an realen Orten wären oder sind heute ja auch schon möglich, z.B. durch Fernsteuern eines sehr einfach gestrickten Roboters.
Im Film wird nun dieser Avatargedanke radikal und konsequent bis zur Perfektion weitergedacht. Keine virtuelle, sondern eine reale Welt als Einsatzort und kein mechanischer sondern ein biologischer Körper, entwickelt mit weit fortgeschrittener Gentechnik durch Verquickung der Gensubstanzen verschiedener Lebewesen.
Damit sind nicht nur Gehen und Sehen sondern auch Tasten, Fühlen, Riechen usw. möglich.
Wenn sich Sully in seinem Avatarkörper nun in die einheimische Neytiri verliebt und sie umarmt, so begegnen sich hier doch zwei völlig unterschiedliche Wesen, sie fühlt wie sie schon immer gefühlt hat, er kann sie zwar ertasten, als wäre er in einem Körper eines Einheimischen, fühlt jedoch wie er selbst. Wäre er in seinem wirklichen Körper, könnten diese Begegnungen so ja nicht stattfinden.
Er wäre nur halb so groß wie sie, müsste eine Atemmaske tagen und vor allem könnte er nicht mal stehen, da er auch noch an den Beinen gelähmt ist. (Siehe auch die Szenen gegen Filmende)
Wer in dieser Szene - oder in vielen anderen - natürlich nur 2 gleichartige "hässliche blaue Schlümpfe" sieht hat nicht viel vom Ganzen.
Was auch gut vermittelt wird ist das sich Verlieren in dieser schönen neuen Welt des Hauptakteurs: Anfangs weiß man noch: Jetzt befindet man sich in seinem Avatar, schaut mit seinen Augen und ist einfach nur erstaunt über die fremde Welt. Je länger der Film andauert bzw. je mehr Avatareinsätze Sully hinter sich bringt, desto wirklicher bzw. realer wird die neue Welt durch den fremden Körper wahrgenommen und als immer schöner und besser empfunden - und der Unterschied zwischen dem eigenen richtigen Körper und dem Leben im Avatar verwischt immer mehr. Unterstrichen wird das durch die harten Schnitte nach den jeweiligen Aufwachphasen hinein in die kalte Technikwelt der Menschen. Solange, bis nach vielen Avatarausflügen Sully wieder aufwacht und das erste Mal nicht mehr das Gefühl hat, in der Wirklichkeit aufzuwachen sondern umgekehrt, in einen Traum zu fallen, während er gerade aus der richtigen Wirklichkeit zurückgekehrt ist, die er mit Hilfe seines Avatars wahrgenommen hat: Der noch nicht abgestumpfte Kinozuschauer wird dasselbe Gefühl haben.
Diese Story nun als "Mist" abzuwerten, als Abklatsch alter Winnetougeschichten oder als schlechte Wiederholung von Filmen wie 'Der mit dem Wolf tanzt', ist ein oberflächliche Wertung, die das eigentliche Filmthema ignoriert und sich nur an den Abenteuern, welche mittels dieser Avartare durchgestanden werden, orientiert.