Interessant, ich kenn keinen Vegetarier, der in irgendeiner Hinsicht "missionierend" unterwegs ist, auch nicht im übertragenen Sinne, wie es hier aus Forenposts herausgelesen wird. Es wird auch nicht damit hausieren gegangen, dass man jetzt plötzlich Vegetarier ist. Aber vielleicht ist mein Bekanntenkreis ja einfach absolut nicht repräsentativ, und sämtliche anderen Vegetarier in Deutschland sind "typische Grüne, die einem alles vorschreiben wollen", wenn ich mal dieses Klischee verwenden darf.
Im Gegenteil ist es so, dass ich früher oder später aufgrund meiner Essenswahl gefragt werde, ob ich Vegetarier bin. Und wenn ich das bestätige, werde ich gefragt, wie es denn dazu kam.
Im Großen und Ganzen gibt es eigentlich zwei verschiedene Gruppen, die unterschiedlich fragen/reagieren:
1) Die Frage wird aus ehrlichem Interesse gestellt, und das Thema ist mit meiner Antwort erstmal prinzipiell geklärt. Teilweise wird noch kurz - sachlich - über das Thema gesprochen, relativ oft höre ich auch "Ich könnte nicht komplett auf Fleisch verzichten, habe meinen Konsum aber selber auch mittlerweile eingeschränkt". Ob jetzt aus gesundheitlichen Gründen, oder weil derjenige auch "moralische" Bedenken hat.
2) Mein Gegenüber ist der Meinung, MICH missionieren zu müssen. "Boah, wie kannst du denn bloß darauf verzichten, so ein richtig schön saftiges Steak oder ein leckeres Wiener Schnitzel, mhhhh, so lecker! Und was isst du denn dann bitte?! Dir fehlen voll die Nährstoffe!". Das sind dann aus meiner Erfahrung gleichzeitig die Typen, die so wie hier einige, behaupten, dass ja alle Vegetarier versuchen würden, sie zu missionieren. Fühlt ihr euch vielleicht teilweise davon angegriffen, dass die reine Existenz "Andersdenkender" (wird jetzt bestimmt markiert und zeigt, dass ich in Wahrheit als arroganter Besserwisser den Leuten gegenübertrete und deshalb selbst Schuld an den Reaktionen bin - mir fällt aber lediglich kein besseres Wort gerade ein, sorry...) zum Nachdenken darüber anregen könnte?
Ich vermute aber eher, es ist (bei den Leuten, mit denen ich im RL zu tun hatte und die meinten, mich damit nerven zu müssen) nichts mehr als ein Profilierungsversuch i.S.v. "Uhhh ich bin so verdammt männlich, denn ich esse jede verdammten Tag FLEISCH!". Dazu passt auch, dass die Sticheleien immer weiter gehen, obwohl ich nicht weiter drauf eingehe. ("Willst du noch ne Wurst? Hahaha") In dem Fall werden irgendwann logischerweise klare Worte gesprochen, wenn ein neutrales "Es ist gut jetzt" nicht ausreicht.
Sicherlich gibt es auch Vegetarier-Nervensägen, die es schaffen, selbst so vernünftige Leute wie Saugkraft zu provozieren.
Aber meiner persönlichen Erfahrung nach laufen die Missionierungsversuche wenn überhaupt andersrum, und auch heute noch muss man sich eher als Vegetarier rechtfertigen als umgekehrt.
Achso, solche Aktionen wie den Veggie-Day vorzuschlagen halte ich genauso für Schwachsinn wie sicherlich die meisten hier - ich glaube, das hat der Sache eher geschadet als genutzt, denn statt eine Diskussion über Probleme der Massentierhaltung anzuregen hat es dazu geführt, dass die oben genannte Gruppe 2) sich weiter darin bestätigt fühlt, dass sie ja eigentlich die "Verfolgten" seien, während ihnen alle Vegetarier mit erhobenen Zeigefinger den Spaß am Essen dauerhaft vermiesen wollen. Und eigentlich rebelliert man dann ja mit Fleischkonsum nur gegen das Establishment, oder so. Jedenfalls scheint das eine sehr gute Rechtfertigungstaktik gegenüber einem selbst zu sein - "Die übertreiben, wenn es nach denen ginge, dann dürfte ich nur noch Fallobst essen. Und deswegen brauche ich *überhaupt gar nichts* ändern!". Auch wenn es vielleicht alles gar nicht so gemeint war von den Grünen, die hätten wissen müssen, wie das aufgenommen wird.