Was wir hier im Kleinen sehen, ist das Abbild der politischen Kultur in Deutschland. Diskursive Auseinandersetzungen weichen Schlagabtäuschen aus Schützengräben. Politische Kommunikation findet zunehmend auf einer emotionalen Ebene statt. Auf der geht es nicht mehr um positive Utopien und Chancen, sondern um düstere Distopien und Bedrohungen.
Wer sich derart bedroht fühlt, sieht auch diejenigen als Teil der Bedrohung, die seine Wahrnehmung nicht teilen. Er kann sie nicht mehr als gleichberechtigte Standpunkte akzeptieren, sondern sieht sie bestenfalls als skrupellose Profiteure, die ihre Eigeninteressen über die des Volkes stellen, schlimmstenfalls als Leugner der Wahrheit und Verräter.
Grundsätzlich gut beobachtet und klug formuliert, wobei ich zu denjenigen gehöre, die wiederum diejenigen nicht verstehen, die "positive Utopien und Chancen" propagieren.
Die Motivation dieser Personengruppe ist ja ganz sympathisch, aber eine Utopie ist eine Utopie ist eine Utopie -- ein Hirngespinst, ein schöner Traum, aber ohne Aussicht auf reale erfolgreiche Umsetzung.
Ich sag immer, schöne Visionen und eben Utopien an die Wand malen kann ich auch.
Der Litmus-Test kommt bei der praktischen Umsetzung (!) dieser hochtrabenden Pläne.
Und wenn die faktisch dazu führt, dass (um es an diesem Reizthema mal als Beispiel zu verdeutlichen) die Gewaltkriminalität hierzulande wieder fröhlich steigt, weil eben doch nicht alle neu Hinzugezogenen arme, bedauernswerte Flüchtlinge sind (was man ja vielleicht mal vorher hätte prüfen können), oder wenn die praktische Umsetzung zu anderen merklichen Problemen und Nachteilen führt -- nun ja, dann darf man sich mE nicht so richtig wundern, warum die anderen Leute so langsam den Kopf schütteln und dann auch irgendwann sauer werden.
Das hat dann häufig auch nix mit nur gefühlten, sondern mit nachweisbaren, handfesten Bedrohungen zu tun.
Der schlimmste Fehler, den man in dieser Situation machen kann, ist es, diese Ängste lächerlich zu machen.
Da brauchen sich dann die Storchenfrau von der AfD & Co. echt nur noch zurückzulehnen; eine bessere Werbung für die Anbieter von betont einfachen und pauschalen Lösungen gibt es nicht.
