Ist die Sache nicht doch etwas komplizierter als es sich viele hier machen? Nehmen wir ein einfaches Besispiel:
"Ich suche einen Buchhalter" eigentlich ist ja allen klar, dass ich damit auch Buchhalterinnen meine. Aber ist das wirklich so? Vielleicht suche ich ja explizit einen Mann der sich um meine Finanzen kümmert?
Damit hättest du in einer Stellenausschreibung bereits ein Problem, da du ja praktisch ankündigst, auf Basis des Geschlechts diskriminieren zu wollen. Da wäre nicht nur der Shitstorm vorprogrammiert, es wäre auch nicht gesetzeskonform, deshalb hat man ja jetzt überall das "(m/w/d)" stehen. Explizit auf nur ein Geschlecht darf nur abgezielt werden, wenn dies für die angebotene Stelle ein objektives Kriterium ist. Bei der Buchhaltung dürfte das schwer fallen, aber auch früher recht eindeutige Männerberufe werden heute auch von Frauen erledigt (was ich gut finde, genau wie den umgekehrten Fall). Eine beabsichtige Diskriminierung stopt das natürlich nicht, wer keine Frau oder keinen Mann oder keine diverse Person einstellen will, der macht das halt etwas subtiler. Eine Einladung zum Bewerbungsgespräch, ein netter Plausch, und am Ende doch die "bedauernde" Ablehnung, die natürlich mit dem Geschlecht überhaupt nichts zu tun hat. Das Gegenteil zu beweisen dürfte in einem Rechtsstreit dann doch recht schwer fallen.
Die Frage ist halt, wie weit und wie konsequent man etwas treiben will. Mir schwebte da heute Nacht mal folgendes Szenario vor:
Ein Journalist trifft eine Frau ABC und schreibt darüber eine Reportage. Ihm ist der angeschlagene Gesundheitszustand aufgefallen, und er schreibt: "Frau ABC litt unter einem schweren Husten, sie sollte deswegen einmal einen Arzt konsultieren.". Bei konsequenter Befürwortung des Genderns hätten wir jetzt ein Problem: wieso einen Arzt und nicht vielleicht eine Ärztin? Oder eine diverse Fachkraft? Wie löst man das Problem, wenn man das generische Maskulinum konsequent ablehnt? Ich würde mich über Lösungsansätze freuen, hätte aber ein paar Vorgaben:
1) nicht durch generische Femininum ersetzen - wenn das generische Maskulinum respektlos und diskriminierend ist, dann sollte es nicht durch eine ebenso respektlose und diskriminierende Form ersetzt werden,
2) keine zusätzlichen Barrieren einbauen für Menschen, die Probleme mit dem Lese- und Sprachverständnis haben, egal ob nun gesundheitlich bedingt oder weil sie Fremdsprachler sind,
3) möglichst mit den Regeln der Deutschen Sprache konform gehend.
Mir ist nicht wirklich eine Lösung eingefallen, abseits von Konstruktionen wie "einen heilkundigen Menschen konsultieren" - allein: wer spricht denn so? Um die Schwierigkeit auf die Spitze zu treiben verlegen wir das jetzt noch vom geschriebenen zum gesprochenen Wort und packen das Ganze in eine Radio-Reportage: "Frau ABC, Sie haben auch schonmal besser gehustet, Sie sollten lieber einmal einen Arzt konsultieren.".
Man könnte ja sagen "Naja, in einer solchen Situation ist das generische Maskulinum schon okay.", aber wo bleibt dann die Konsistenz? Wie entscheiden wir, wo gegendert werden soll oder nicht, und wer entscheidet das?