Hallo zusammen,
habe diese Diskussion sehr interessiert verfolgt; nach einigem Überlegen möchte ich versuchen sie mal in eine etwas andere Richtung zu lenken:
Multi-Touch wird kommen; keine Frage. Ich denke es sollte unumstritten sein, dass diese Technologie das Pontezial hat ebenso revolutionär zu sein wie Maus, Tastatur und das GUI. Die große Frage ist jedoch - und ich denke das sehen die Entwickler genauso - wie die Umsetzung aussieht.
Für Interface-Designer ergibt sich aus dem Multi-Touch Display eine Vielzahl von neuen Möglichkeiten. Wie schon angesprochen wäre es sogar denkbar, dass der User selbst sein eigenes Interface - auf seine Bedürfnisse abgestimmt - gestaltet, was sich sicherlich direkt auf Arbeitseffizienz und Produktivität auswirkt.
Die Sache mit der Ergonomie stellt meiner Meinung nach wirklich eines der Hauptprobleme dar. Im Stehen zu Arbeiten ist ebenso unergonomisch wie im Sitzen mit dauerhaftem Blick auf die Tischplatte. Daher wäre für mich eine Hybridlösung aus Gegenwart und Zukunft denkbar. Sprich einen normalen Display auf dem Schreibtisch stehend plus einen zweiten - wie eine Art Tablet - vor sich liegend, der MT-fähig ist und mir nur die Buttons und Tasten anzeigt, die ich gerade brauche - anwendungsspezifisch, anpassbar, usw.
Die Größe der (virtuellen) Tastatur wird meiner Meinung nach voll skallierbar sein. Es wurde hier bereits über 15 Berührungssensoren geredet; der Mensch hat summa summarum 10 Finger. Es wäre also kein Problem ein Programm zu schreiben - über die Systemeinstellungen abrufbar, bei dem man beide Hände nacheinander voll auf den Multi-Touch legt. Dabei wird die Handgröße "gescannt" (ähnlich wie in irgendwelchen Hollywood-Filmen) und die Optimalgröße der virtuellen Tastatur aus den Ergebnissen berechnet.
Aus meiner Sicht ist die Angst so eine virtuelle Tastur könne wertvollen Platz auf dem Display verschwenden unbegründet. Das könnte man schlicht so lösen, dass sie nur eingeblendet wird, wenn es auch wirklich was zum tippen gibt - auch hier wieder "on demand". Benutze ich im Photoshop beispielsweise das Text-Tool habe ich eine vollwertige Tastatur auf dem Screen, die sofort wieder verschwindet, wenn ich beispielsweise das Verschieben-Tool anwähle. Möchte ich beispielsweise die Deckkraft einer Ebene herabsetzen wird nicht die ganze Tastatur eigeblendet, sondern nur ein Zahlenblock, da das Eingabefeld eh nur Zahlen akzeptiert. Lasst eurer Phantasie freien Lauf.
Ein großes Plus, das hier überhaupt noch nicht angesprochen wurde, ist meiner Meinung nach die Sicherheit. Multi-Touch Sensoren, die Fingerabdrücke erkennen könnten - und speichern öffnen völlig neue Türen was die Sicherheit betrifft. In einer Werbeagentur sollen beispielsweise nur bestimmte Mitarbeiter an bestimmten Rechnern zugang erhalten - durch den Scan der Fingerabdrücke und deren Überprüfung ein leichtes. Zugang erhält nur die Person mit den passenden biometrischen Merkmalen. Meiner Meinung nach ist Hollywood zum greifen nahe. Denn auch die Webcams werden immer leistungsfähiger - und auch hier ist der Weg zu einem Scan (bzw. einem Foto der Augen und dessen Überprüfung auf best. Merkmale) nicht mehr weit weg. Überträgt man das auf den Handel ergeben sich da völlig neue Methoden. Ob MT am heimischen Rechner und schnell ein Geschenk für die Liebste bei ebay kaufen - ohne lästige Passwörter und Einloggprozeduren oder schnell ins favorisierte Kaufhaus und dort vor Ort die Kette aussuchen - an der Kasse ein MT; Hand drauf - in die Kamera lächeln und weiter. Weitergesponnen: sämtliche Websiten mit Login-Formularen (macuser inbegriffen) fallen weg - schon beim Benutzer (oder Starten) des Rechners wird erkannt wer davor sitzt - Einstellungen werden dementsprechend geändert / übernommen, usw.
Auch ich denke, dass die Bedienung eines Computers per MT zwar revolutionär intuitiv sein könnte - jedoch gleichzeitig auch wahsinnig unpräzise. Selbst Kinderfinger dürften für normale Icons (z.B. die Tool-Palatte bei Photoshop) zu groß und zu tapsig sein. Zwar sieht man in den Youtube-Videos, dass der nette Herr am Screen das durch enormes Zoomen umgeht - dürfte aber nervig sein ständig weit ins Bild zoomen zu müssen um präzise eine Linie von A nach B zu ziehen.
Die Lösung könnte simpler sein als wir alle denken: Ein Handschuh, der an den Fingerspitzen kleine Noppen, bzw. Stiftspitzen hätte. Wer ein WACOM Tablet hat und sich schonmal die Pen-Spitze angesehen oder ausgwechselt hat kann sich das gut vorstellen. Die Spitze müsste noch nichteinmal sehr lang sein, da würden schon ein paar mm genügen - deswegen sagte ich oben eher Noppen. - Und ich kann mit der Pen-Spitze meines Tablets schon sehr präzise arbeiten.
Eine so revolutionäre Technologie, die unseren (Computer-)Alltag derart nachhaltig verändern könnte muss zwangsläufig "gewöhnungsbedürftig" sein - um auf Statements wie "ich glaube nicht, dass ich mich daran gewöhnen kann" zurückzukommen. Und wieder: Wer schonmal an einem Tablet gearbeitet hat wird bestätigen können, dass die Arbeit daran auch "gewöhnungsbedürtig" - eben weil wir es bisher nicht kannten - ist. Die Hand-Augen Koordination zwischen Tablet / Stift und Monitor braucht etwas Übung; aber nach ein paar Tagen, bzw. Wochen kann man damit wunderbar umgehen und möchte es eigentlich gar nicht mehr missen.
Vondaher wohl alles reine Gewöhnungssache.
Auch zu den Vielschreibern noch ein Wort:
Ich selbst tippe und tippe und tippe (s. hier
). Ich mag meine iBook-Tastatur - sie ist unheimlich weich. Ich hasse es auf den Standard-Mac Tastaturen zu tippen - klack klack - laut, hart und schlechtes Feedback. Daher verstehe ich was ihr meint.
Wäre also die Oberfläche des MT tatsächlich eher härter so hätte ich auch meine Bedenken - versucht doch mal einer auf der Tischplatte zu Tippen - unagenehmes Gefühl. Wie so ein MT aber wirklich konstruiert ist weiß bis dato noch keiner. - Sofern man darauf auch eine virtuelle Tastatur hat wird es aber sicherlich ein sehr weiches Material sein (evtl. sogar eine gelartige Schicht unter der Oberfläche). Durch eine gelartige Masse würde man sicherlich ein (gutes) Feedback bekommen - und das Tippen wäre eine runde (und vor allem weiche) Sache.
Übrigens glaube ich nicht, dass schon mit Leo MT-Macs rauskommen. MT ist noch so neu und keiner hat wirklich Erfahrungen damit. Mit dem iPhone ist Apple das Thema angegangen (auch was das GUI für derartige Endgeräte betriftt). Apple wird sicherlich nicht derart dumm sein und gleich mit der Tür ins Haus fallen. Die werden auch erst mal schauen, wie der Endkunde auf das iPhone reagiert - wo es Schwachpunkte und Nachholbedarf gibt und das dann in ihre etwaigen Entwicklung von MT-Macs einfließen lassen.
Wenn das nicht der Fall ist wird jeder Apple-Geek die MT-Macs kaufen und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit drüber ärgern - was zu einem beträchtlichen Image Schaden für Apple führen würde. Wie so man sich ganz sicher ärgern würde?
a) welche Software unterstüzt bis dato MT? - Nicht viele.
b) wieviel Erfahrung haben sowohl Soft- als auch Hardwarehersteller mit der MT-Technologie? - So gut wie keine.
Ergo wird das ganze erst in einem kleineren und einfacheren Maßstab (s. iPhone) auf den Markt gebracht - sozusagen als Testphase. Voll MT-fähige Macs wären sicherlich revolutionär; ob eine positive oder negative ist die Frage. Wenn es um Entwicklungen und Schritte geht, die sowohl das Unternehmen als auch den ganzen Markt derart nachhaltig beeinflussen leistet man sich nur ungern einen Fehltritt.
Daher also: entwickeln, testen, entwickeln, Kundenfeedback beim iPhone und dann offiziell in den Markt rein. So wie's in jeder Branche ist.
Übrigens bin ich der festen Meinung, dass sowohl iPhone als auch MT im allgemeinen erst in der 2.-3. Generation was taugen werden. Wie gesagt, keiner hat Erfahrung mit sowas - völlig neue Richtung usw.