Lieber Lars,
um 'schwarz-weiß' dreht sich das hier alles doch auch gar nicht. Worum es geht, sind die eklatanten Rechtsbrüche.
Ob der Mann irgendwann dabei mal eine psychisch auffällige Episode erlebt haben mag, sein Verhalten auch nur als solche missdeutet worden ist, ist eher zweitrangig. Dass er eine solche aber vielleicht erlebt haben kann, ist gar nicht mal so uninteressant, wenn man die von Zeugen bestätigten Aussagen berücksichtigt, die seine Frau ehedem getätigt haben soll.
Aber sammeln wir mal.
Ich habe mich kürzlich, nachdem ich wieder von diesem Fall gehört hatte, von einem Freund dazu einladen lassen, ihn auf seiner Arbeitsstelle zu besuchen. Dieser Freund ist Oberarzt in einer psychiatrischen Klinik.
Die Bedenken, die er und andere angesichts Herrn Mollaths Fall haben, habe ich in Vorposts bereits dargelegt. Aber auch in den bereits verlinkten Artikeln werden diese aus berufenem Munde erläutert.
Nun aber zu mutmaßlichen Auffälligkeiten des Verhaltens Herrn Mollaths damals.
"Mollath, Anhänger der Friedensbewegung und Gerechtigkeitsfanatiker, fing Streit an. ... Mollath verfasst für das Gericht eine "Verteidigungsschrift", 106 Seiten dick, eine wirre Sammlung. Zwischen Briefen an den Bundespräsidenten, den Kanzler und den Papst, zwischen Zeitungsausschnitten über Krieg, Hunger und deutsche Rüstungsgeschäfte finden sich Schweizer Kontobelege und handschriftliche Notizen."
Eine 'wirre Sammlung', so schreibt also der Spiegel?
Wie Gutachter heute (siehe verlinkte Artikel) bestätigen: die sind gar nicht wirr.
Die Aufzeichnungen Herrn Mollaths entsprechen lediglich der Komplexität der Verstrickungen, die er darzulegen versucht hatte. Augenscheinlich geht es dort u.a. auch um Rüstungsgeschäfte wie seine persönliche Meinungsäußerung dazu; also vermutlich auch Äußerungen zu Krieg, Hunger usw. Kontobelege sind beigefügt, handschriftliche Notizen.
Man könnte meinen: So ist das nunmal, wenn man mitunter schockiert über Sachverhalte ist, diese immer wieder notiert und kommentiert. Herr Mollath ist zudem kein gelernter Journalist, der das Material selektiert und geordnet hätte. Obendrein zu einer Zeit, während er um sein Leben zu fürchten hatte?
Dann stehen da noch die Drohungen seiner Frau im Raum. Diese hatte, so Zeugenaussagen, wiederholt angekündigt, ihren Mann in den Wahnsinn zu treiben und schließlich in die Psychiatrie zu bringen. 'Sie wisse Wege', so wird von unterschiedlicher Seite bezeugt, habe sie geäußert, ihn mundtot zu machen.
Der Mann hat also, so müssen wir annehmen, in einem Ausnahmezustand gelebt. Selbst außergewöhnliche Reaktionen könnten damit hinreichend erklärt werden.Verfolgungsnot, vielleicht sogar Todesangst uvm. Anlass, so wissen wir heute, gab es ja genügend. Und heute?
Der Mann vermittelt einen rundweg aufgeräumten Eindruck. Klare Gedankengänge. Keine grotesken Ausuferungen. War das schon immer so? Besucher und Weggefährten sagen: ja. Nur die damals geäußerten 'Verschwörungstheorien', die hätten irritiert. Nur, so wissen wir heute, waren das gar keine Theorien, die er da geäußert hatte. Seine Aussagen erschienen nur so dermaßen unglaublich, weil sie eben nichts anderes waren, als eben kaum zu glauben… Heute wissen wir gutachterlich bestätigt: seine Aussagen sind wahr und beschreiben komplexe Vorgänge eines Finanzverbrecher-Systems. Zu unglaublich, dass man es wahrhaben wollte?
Der ganze dann anfolgende Verlauf seiner Unterbringung kann jedoch auch daruf hindeuten, dass selbst die Akten, die seine vermeintliche Erkrankung bezeugen sollen, manipuliert sein könnten. Wobei selbst die angeführten 'Auffälligkeiten', wenn sie denn real erkenntlich gewesen wären, keine forensische Unterbringung gerechtfertigt hätten. Der ganze Vorgang ist grotesk.
Dabei halte man sich auch immer wieder die Ankündigungen seiner Frau vor Augen. Angesichts eines Mannes, der womöglich gezielt in paranoide Ängste hineingetrieben worden ist? Zeugen berichten von Gewaltübergriffen, die von seiner Frau ausgegangen seien, von Drohungen uvm. Angesichts dieses übermächtigen Apparates aus Bank, politischen Nutznießern und weiteren Zuarbeitern... von Drohungen… also, da kann man schon mal etwas aus der Spur geraten, möchte ich meinen.
Aber das wissen wir alles nicht. Es gibt aber massive Zweifel, ob die Darstellungen der Psychiater richtig sind. Denn der Mann, den man da interviewt hat, bestätigt keinen der psychiatrisch erweckten Eindrücke. Hat er nie. Außer einen: er verweigert die medikamentöse Zwangsbehandlung! Bestimmt wird er sich auch widersetzt haben, als man ihn zwangsmäßig behandelt haben wird. Aber wäre eine abwehrende Reaktion nicht ganz natürlich, besonders angesichts eines gesunden Menschen?
Der Oberarzt, den ich besucht habe, deutet dies übrigens als 'Menschenrecht'. Neusten Gerichtsurteilen folgend sind dergleichen Zwangsbehandlungen ohnhin problematisch. Das gleiche gilt für Freiheitsentzüge wie für die psychiatrisch außerordentlich leicht zu manipulierenden Reaktionen von anvertrauten bzw. inhaftierten PatientInnen.
Denn was ist, wenn sich ein Patient gegen Zwang wehrt? Ist er dann gleich 'verrückt' oder 'renitent'? Oder wehrt sich da jemand zu Recht gar seines Lebens?
Und was sind das überhaupt für Mittel, die Herr Mollath da nehmen sollte und bestimmt auch verabreicht bekam? Warum sollte sie jemand nehmen, der womöglich ein gesunder Mensch ist? Wenn ein solcher Medikamente verweigert, ist das dann bereits ein Zeichen von Krankheit - oder von gesundem Lebenserhaltungsantrieb?
Bei meinem Besuch in der Psychiatrie zeigte man mir auch eine Mappe und einige Fotografien. Die Mappe war voller zusammenhanglos erscheinender Notizen eines Patienten. Die Fotos zeigten sein Krankenzimmer, das 'diagramm-artig' vollgeschmiert war...
Was war da geschehen?
Ein Patient hatte in einer Ausnahmesituation eine für ihn bedrohliche, unübersichtliche Situation klären wollen. Er skizzierte alle Verbindungen, alle Personen, alle Erinnerungen usw. Am Ende hatte er einen Überblick über einen Missbrauch, den er (während seiner Behandlung 40 Jahre alt) zwischen dem 5. und 10 Lebensjahr anhaltend erlitten hatte. Er war im Grunde soweit sogar außerordentlich gesund. Er war nur auf der Suche nach der Wahrheit. Niemand (schon gar nicht Beteiligte am ehemals geschehenen Missbrauch, die in seiner Familie zu finden waren) wollten ihm glauben, ja, schrieben ihn als 'verrückt' ab. Sie wiesen damit die eigene Schuld von sich. Mir wurde dieser Fall gezeigt, weil er veranschaulichte, dass Menschen in Notsituationen auch kuriose Wege gehen, wenn ihre Umfelder zu eigener Aufklärung nicht bereit sind oder sie gar aktiv behindern.
Die Notizen wie auch die Wanddiagramme ergaben letztlich aber ein völlig logisches Bild, das am Ende erläutert werden konnte. Es zeigte die Vernetzungen zwischen den beteiligten Personen auf. Die Reaktionen wie Aktionen des Patienten wurden aber über einen gehörigen Zeitraum missdeutet. Er wurde zwangsbehandelt. Er wurde gefesselt ('fixiert'), er wurde medikamentös ruhiggestellt uvm. Jede Behandlungsverweigerung wurde ihm zum Nachteil gedeutet. Jede Reaktion (Angst z.B. vor Verwandten) wurden ihm, dem Opfer, angelastet. Verkehrte Welt. Psychiatrischer Alltag. Zwischen engagierter Fürsorge, Verkennung der Patienten-Reakationen wie auch willkürlicher Gegenreaktionen der Behandelnden und gar Gewalt.
Insofern könnte sich auch der erwähnte Oberarzt eine Fehl-Diagnose erklären.
Ein Mann mit Verschwörungstheorien? Einer, der vor Angst ausrastet, wenn ihm seine Frau zu nahe kommt? Einer, der sich wehrt, wenn man ihm Medikamente aufzwingt?
Herr Mollath kann in solchen Situationen völlig normal und verhältnismäßig agiert haben. Und trotzdem hätte er dann entsprechende Fehleindrücke (denn wer wollte ihm schon glauben… hörte sich ja alles 'verrückt' an…) und Reaktionen selbst von Seiten therapeutischen Personals provozieren können. Wollen wir diesbezüglich zumindest n o c h den günstigsten Fall annehmen, wenngleich auch erwähnter Oberarzt meint, dass weiter reichendere Manipulationen durchaus denkbar wären.
Wenn ich dann aber noch so etwas vom SPIEGEL lese, wie "Er war Friedensaktivist und Gerechtigkeitsfanatiker", dann weiß ich doch, welches Blatt ich da lese. Gerechte Menschen und Friedensaktivsten können natürlich nur verrrückt sein... Denn es stimmt natürlich, seit der Außenandersetzung der 'Fundis' und der 'Realos' innerhalb der Grünen wissen wir: es gibt die Vernünftigen, die Krieg zweckgebunden ok finden; und dann gibt es noch die lebensfern Fundamentalen, die sich dabei ja schlicht an unser Grundgesetz halten wollten und sagten: NIE WIEDER KRIEG! Das sind natürlich Verrückte, nicht wahr… Wie die Väter unseres Grundgesetzes. Oder sind
jene die Wahnsinningen, die uns erneut erkären wollen, warum es gut sei, Menschen aufeinanderzuhetzen und Krieg zu führen? Ach ja, wegen Frieden...
DAS nenn ich paranoid. Herzlich willkommen beim SPIEGEL.
Wie dem auch sei. Am Ende bleiben eklatante Rechtsbrüche. Es bleibt ein Verfahren, in dem gutacherlicher Berichte schlicht unterschlagen wurden. Nichts wurde überprüft. Der Mann wurde in kompletter Unverhältnismäßigkeit weggesperrt und alle weiteren Hintergründe wurden trotz Anzeige nicht von Staatsanwälten gegengeprüft. Was bleibt, sind dann noch einige Nutznießer, die augenscheinlich selbst in höchsten politischen Kreisen zu verorten sind! Es gibt Handlanger und es gibt eine Wand des Schweigens und des Aussitzens. Ach ja, und es gibt Herrn Mollath. Einer, dessen wirre Aussagen gutachterlich bescheinigt bekamen, dass er ein Verbrechensnetz beschrieben hat, das alles andere als paranoid, sondern in seiner 'wahnsinnigen Verflechtung' real ist.
Sollte Herr Mollath darüber hinaus aber auch einen psychischen Deffekt erlitten haben - ich könnte es ihm nachsehen angesichts all dessen, was man ihm bislang angetan hat.