Das Bitcoinsystem hilft, Strom- und Energieverluste zu nutzen.
[…] Mining ist nur noch dort möglich, wo der Strompreis extrem tief ist. Tiefe Strompreise gibt es unter drei Bedingungen:
- Wenn Strom günstig produziert werden kann.
- Wenn Strom im Überfluss vorhanden ist.
- Wenn Energie als Abfallprodukt anfällt.
Dazu drei Beispiele:
Günstige Produktion - Island
Das Datacenter Mjoelnir in Fitjar, Island. Hier mint die Firma Genesis-Mining nach Bitcoins und Ether mit emissionslos produziertem Strom aus dem Geothermie-Kraftwerk Svartsengi. 8 Prozent aller Mining-Farmen setzen weltweit auf Geothermie.
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bild: epa kjarninn
Island hat aufgrund von Geothermie und Wasserkraft extrem tiefe Energieproduktionskosten. 4,75 Cents kostet die kWh für industrielle Abnehmer, 13,4 Cents sind es für Privathaushalte. Die Isländer können sich den Luxus leisten, sogar einige Strassen und Gehwege zu beheizen. Die gesamte Stromproduktion des Landes basiert auf Erneuerbaren.
Doch Island hat ein Problem. Aufgrund der Lage kann es die Energie nicht exportieren. Deshalb geht es den umgekehrten Weg und importiert energieaufwändige industrielle Arbeitsschritte. Konkret: das Schmelzen von Aluminium. Die Rohstoffe werden per Schiff importiert, in Aluminiumhütten verarbeitet und danach wieder exportiert.
Die günstigen Strompreise in Island ziehen auch Bitcoinminer an. Denn nicht nur die Preise und die CO2-Bilanz des Stroms sind perfekt – auch das Klima macht mit. Hunderte von Mining-Rechnern müssen gekühlt werden. Und da helfen die rauen Temperaturen auf der Insel mit.
Überfluss: Sichuans Wasserkraftwerke
Das zweitgrösste Wasserkraftwerk der Welt, das Baihetan-Kraftwerk. Es soll über 60 TWh jährlich produzieren.
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bild: getty images asiapac
65 % der Hash-Power im Bitcoin-System stammt aus China. Das Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang (30,13 %) und Sichuan (18,58 %) sind beinahe für die Hälfte der weltweiten Hash-Power verantwortlich.
Nach 20 Jahren einer aggressiven Dammbau-Politik erreichten Sichuans Wasserkraftwerke 2017 eine Kapazität von 75 GW. Zu viel für das lokale Stromnetz. Der Output übersteigt die Kapazität des Netzes um das Doppelte. Will heissen: Die Hälfte des produzierten Stroms konnte nicht genutzt werden. Ähnlich wie in Island entstanden als Reaktion darauf Schmelzhütten neben den Kraftwerken – und zum Teil illegal in Hinterhöfen. Die Regierung griff ein, als zu viele Bauern lieber Metalle als Nahrungsmittel produzierten.
Doch wohin mit dem vielen Strom? Bitcoin-Mining lautet die Antwort. Statt die unzähligen Mega- und sogar Gigawattstunden ins Leere laufen zu lassen, wird Sichuan zur Hochburg des Bitcoin-Minings – vor allem während der Regenzeit.
Kurz vor der Regenzeit / Schmelzwasserzeit bricht die Hash-Rate von Bitcoin ein bisschen ein. Der Grund: Lokale Miner verlegen ihr Equipment vom billigen Kohlestrom weg zum dann noch billigeren Wasserkraftstrom. Versiegen die Wassermassen und damit der Quell des Billigst-Stroms, bewegen die Miner ihre Hardware wieder zurück.
Überschuss II: Kaliforniens erneuerbare Energien
Die gigantische Wind-Farm in Mojave, Kalifornien, in einer Aufnahme von 1998. Heute sind ganze Hügelzüge mit Windrädern bestückt. 17 Prozent aller Miner weltweit setzen auf Windkraft, 15 auf Solarstrom.
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bild: keystone
Wind und Sonne sind intermittierende Energiequellen. An gewissen Tagen wird damit viel Strom produziert (Wind / Sonnenschein), dann aber wieder fast gar nichts (Windstille / Nacht). Die Eigenheit des Stromnetzes will es aber, dass der Input immer gleich gross sein muss wie der Output. Dies ist eines der grossen zu überwindenden Probleme der Energiewende. Wer in der Schweiz eine private Solaranlage betreibt, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Erklärung unterzeichnet haben, dass im Überschussfall die Anlage vom Netz genommen werden kann. Was hierzulande eher selten vorkommt, ist in Kalifornien gang und gäbe.
Scheint im Westküstenstaat an einem windigen Tag die Sonne, dann wird zu viel Strom produziert. Konkret: 2020 mussten Netzbetreiber in Kalifornien 1,6 GWh erneuerbaren Strom kappen. Strom im Überfluss. Ideal für Bitcoin-Mining.
Energie als Abfallprodukt: Die Gasfackel
Die Oshie-Gasflamme im Niger-Delta. Sie brennt seit 1972. Dabei könnte ihre Energie genutzt werden.
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bild: getty
Bei der Erdölgewinnung entstehen diverse Abfallprodukte – darunter auch Erdgas. Kann dieses aufgrund fehlender Infrastruktur nicht gespeichert oder abgeleitet werden, wird es in der Regel aus diversen Gründen (auch ökologischen) noch vor Ort verbrannt. Die Oshie-Gasflamme einer Ölförderanlage des italienischen Herstellers Agip im Niger-Delta brennt seit 1972.
Eine amerikanische Firma macht sich diese Energie nun zu Nutze. Sie produziert mobile All-in-One-Lösungen. Das austretende Gas wird zur Energiequelle für Bitcoin-Miner. In den USA wurden bereits 20 solcher Anlagen installiert – weitere sind in Planung.
Bitcoin-Mining funktioniert standortunabhängig. Es ist auf kein Gasleitungsnetz, keine Pipelines, keine Eisenbahn- oder Strassenanbindung angewiesen. Es funktioniert mitten in Tokio und seit Satelliten-Internet auch in der russischen Pampa. Deshalb bieten solche Lösungen eine gute Möglichkeit, Energie, die sowieso anfällt, nicht ungenutzt verpuffen zu lassen.
Quelle: https://www.watson.ch/amp/!957154209