Hallo,
nun möchte ich doch meine Erfahrungen als fortgeschrittener Anfänger hinzufügen: Die angesprochenen Programme sind allesamt sehr komplex. Als Anfänger habe ich gedacht: Das Programm XY reicht für mich. Doch der Geschmack kommt mit dem Essen… ;-) Für mich war es sehr frustrierend, mich in ein Programm einzuarbeiten und dann doch wechseln zu müssen, weil das Programm nicht ausreichte. Das ist wohl der Grund, warum viele Anfänger Photoshop einsetzen und dann doch nur ganz rudimentäre Funktionen nutzen. Man weiß ja nie.
Eine große Hürde war für mich, den Ablauf der Nachbearbeitung (neudeutsch: Workflow) zu verstehen: (1) Fotografieren (2) Bilder entwickeln [Lightroom, Capture One, DarkTable, RawTherapie, Apple Foto usw.] (3) JPG bzw. TIFF nachbearbeiten [Photoshop, Affinity, Pixelmator usw.]
Den Schritt (2) kann ich mir sparen, wenn ich mit der Kamera gleich JPG aufnehme. Moderne Kameras haben so gute Software, dass sie selbst hervorragende JPG erzeugen. An die Qualität komme ich entweder mit einem Raw-Entwickler gar nicht heran oder es erfordert schon eine gehörige Einarbeitung. Ja - mit ein wenig Erfahrung lassen sich aus Raw-Dateien beeindruckende Korrekturen hervorzauben, die zu schönen JPG's führen. Doch der Vorteil von Raw ist damit zunächst ein theoretischer Vorteil, den ich erst nach einer Einarbeitung realisieren kann. Und: Vieles lässt sich mit Programmes für Schritt (3) auch erzielen. Jedoch gibt es keinen Weg zurück, d.h. wenn ich keine Raw-Dateien habe, dann kann ich auch später keine Vorteile realisieren. Das wird bei Bildern aus einem Badeurlaub in Rimini zu verschmerzen sein. Doch bei der großen Bildungsreise nach Indien…?
Richtig ist aber auch: die Technik ersetzt nicht das kleine 1x1 des Handwerks. Die richtige Belichtung, die passende Brennweite und die Blende mit der Wirkung, die ich mir vorgestellt habe und die passende Kombination von allem - damit muss ich mich in jedem Fall beschäftigen. Moderne Kameras haben hervorragende Motiv-Programme und die Objektive und Sensoren sind enorm leistungsfähig. Da kann man schon mal einfach drauflos knipsen. Doch man darf sich nicht wundern, wenn der "Gefällt mir" - Effekt dann häufig ausbleibt. Entscheidend ist nicht die Technik der Kamera, sondern die Fachkenntnis und Erfahrung des Fotografen. Fehler im Schritt (1) lassen sich auch aus Raw-Dateien heraus nur begrenzt korrigieren.
Noch ein Aspekt: Bei einer größeren Reise fallen viele Fotos an. Die wollen irgendwie sortiert und verwaltet werden. Verschiedene Ordner allein reichen nach meiner Erfahrung nicht aus. Es hat sich für mich als viel effektiver erwiesen, die Bilder zu verschlagworten und sozusagen virtuelle Alben zu erzeugen, ohne dass die Dateien kopiert oder verschoben werden müssen. Deshalb habe ich mich zunächst für Fotos von Apple entschieden. Das hat eine niedrige Lernkurve, enthält alle notwendigen Grundfunktionen und ist einfach zu bedienen. Nach einigen Experimenten bin ich bei der Kombination DarkTable/Affinity Photo gelandet. Der Grund ist das liebe Geld… Der GraphicConverter ist für mich ein wertvolles Werkzeug, um die thematischen Alben zu verwalten und für kleine Retuschen "on the fly" und für Stapel-Verarbeitungen (z.B. Namensänderungen, Meta-Daten, Aufbereitung von Bildern z.B. für die eigene WebSite oder für ein Facebook-Album usw.)
Viele Anregungen für die Fotografie erhalte ich aus Internet, Zeitungen, Büchern und Gesprächen mit anderen Fotografen (ab wann ist man eigentlich "Fotograf"?) Je exotischer die eigene Kombination aus Kamera, Raw-Entwickler und Bildbearbeitung ist, desto mehr muss man hier Abstriche machen. Die Kombi LightRomm/Photoshop ist sicher die am weitesten verbreitete. Je mehr ich gelernt habe, desto unwichtiger wurde jedoch die konkrete eigene Technik. Nur bei den Programmen ist das so eine Sache.
Zum Schluss noch ein Langzeit-Aspekt: Wenn die Fotografie zum Hobby wird, dann entstehen schon nach kurzer Zeit vielen Dateien und große Datenmengen. Die Verschlagwortung und die Organisation der vielen Fotos verschlingt viel Zeit. Was passiert, wenn in fünf Jahren das Programm nicht mehr weiter entwickelt wird oder das Computersystem gewechselt werden muss? Wie kann ich dafür sorgen, dass meine Bilder auch in 30 Jahren noch angeschaut werden können? So fotografiere ich heute mit einer älteren Pentax, die die Raw-Dateien im Pentax-eigenen Raw-Format speichert. Pentax ist inzwischen auf das Adobe-Format DNG umgestiegen. Was wird mit meinen Pentax-Raw-Dateien in 20 Jahren? Meine Lösung: Alle Dateien in das DNG-Format konvertieren (solange der Platz ausreicht, die PEF-Dateien aufbewahren), alle Bilder sogleich bewerten (wegwerfen bzw. 1 bis 5 Sterne), von allen Bildern mit mindestens einem Stern JPG-Abzüge entwickeln (hohe Qualität bzw. niedrige Kompression) und von allen Bildern mit drei oder mehr Sternen (das sind gar nicht mehr so viele) zusätzlich ein TIFF (32-Bit-Farbraum) erzeugen. Speicherplatz ist heute ja nicht mehr das Problem.
Mein Fazit: Apple Fotos (Raw oder JPG ist egal) oder DarkTable/Affinity Photo bzw. LightRoom/Photoshop(Elements).
Peter