Musik Klassische Musik

Kannst du bitte nochmal ein Posting abgeben, das einen Inhalt hat und nicht nur heiße Luft? Dann kann man deine Gedanken vielleicht auch nachvollziehen.

Na gut, also: Wer seinen Horizont erweitern will, muss arbeiten.

Auch Hören muss man lernen, gerade so, wie man eine fremde Sprache lernen muss. Das große Missverständnis im Zusammenhang mit Musik liegt darin, dass fast jeder glaubt, es gäbe nur einen individuellen Musikgeschmack, der über Wohl und Wehe entscheidet. Das stimmt aber nicht. Um ein bestimmtes Musikstück mögen oder nicht mögen zu können, muss man es erstmal verstehen. Und es braucht auch seine Zeit, bis man sich die kognitiven Schemata angeeignet hat, um z.B. was mit der Epoche der Klassik im Allgemeinen und, sagen wir, Mozart im Speziellen anfangen zu können. Das fällt nicht vom Himmel.

Ein (hoffentlich verständliches) Beispiel: Am Ende des Titanic-Films plumpst ein ziemlich teurer Klunker in den Ozean. Das Ding ist für den Film unglaublich wichtig: Mit ihm beginnt der Film, mit ihm endet er. Ein Zuschauer, der diesen roten Faden nicht als solchen erkennt, hat von dem ganzen Film nichts - und das völlig unabhängig von seiner emotionalen Verfassung, wohlgemerkt! (Wenn mich japanische Liebeslyrik nicht sonderlich anmacht, dann liegt das nicht an emotionaler Verkümmerung, sondern daran, dass ich kein Japanisch kann).

"Klassik" ist zumeist Musik, die ne Ecke anspruchsvoller gestrickt ist als Unterhaltungsmusik - mehr oder weniger. Und auch da gibt es "Objekte", die die ganze Struktur zusammenhalten, und wenn man die beim Hören nicht erfasst, dann ist das entsprechende Musikstück natürlich eine langweilige Veranstaltung. Wenn ich beispielweise den ersten Satz einer (klassischen) Sonate oder Symphonie höre und nicht mitbekomme, dass da zwei Themen kontrastierend gegenübergestellt werden, dann kommt nicht viel rüber. Richtig schlimm wird das bei Bachfugen: Wer das Thema zu Beginn nicht mitbekommt, der wird es später im polyphonen Gewebe erst recht nicht mehr wiedererkennen, und damit gibt es auch keine Spannung und nix mehr - langweilig, klar.

Neulich las ich einen Kommentar zu einem Bach-Kantatensatz auf You Tube, sinngemäß: "Ihr Rap-Hörer und Britney-Fans, mein Gott, seid ihr blöd. Es gibt so geniale Kunst, und ihr kriegt davon nix mit...". Das klingt arrogant und anmaßend, tatsächlich hat sich da jemand ein ganzes Universum erschlossen (Bachs Musik) und freut sich wie ein Schneekönig. Gerade so, wie ich mich gefreut habe, als ich nach vielen Jahren des Paukens eine Kindersendung auf Griechisch in weiten Teilen mitverfolgen konnte.
 
@Blinddarm: Danke, das du dir nochmals Mühe mit einer Antwort gegeben hast, aber ich denke du hast nen Knall ;)

Musik muss einen ergreifen, beim ersten Hören packen! Wenn ich um Musik zu mögen erstmal Geschichte studieren muss, dann fehlt der Musik das packende Element.
 
Musik muss einen ergreifen, beim ersten Hören packen!
Dann solltest du nicht nach Opern fragen.

Du willst den aktuellen Arztroman, der von Anfang an mit einem Drama (Frau ist schwanger, Mann hat sie verlassen, Frau hat versucht sich umzubringen, Artzt rät ihr irgendwas schickes, sie besinnt sich, alles wird gut) beginnt.

Schön und gut. Arztromane sind die literarische Entsprechung von "beim ersten Hören packen". Dann solltest du aber nicht nach Krieg und Frieden von Tolstoi fragen. Das Buch versteht man eben nicht nach 20 Seiten.

Das Verständnis für Musik endet bei den meisten Mitteleuropäern genau hier:
http://www.youtube.com/watch?v=i4_f6pfabQk

Entweder du willst den Knaller, der beim 4. Takt einschlägt oder du willst Opern. Beides geht nicht.
 
Dann solltest du nicht nach Opern fragen.

Du willst den aktuellen Arztroman, der von Anfang an mit einem Drama (Frau ist schwanger, Mann hat sie verlassen, Frau hat versucht sich umzubringen, Artzt rät ihr irgendwas schickes, sie besinnt sich, alles wird gut) beginnt.

Schön und gut. Arztromane sind die literarische Entsprechung von "beim ersten Hören packen". Dann solltest du aber nicht nach Krieg und Frieden von Tolstoi fragen. Das Buch versteht man eben nicht nach 20 Seiten.

Das Verständnis für Musik endet bei den meisten Mitteleuropäern genau hier:
http://www.youtube.com/watch?v=i4_f6pfabQk

Entweder du willst den Knaller, der beim 4. Takt einschlägt oder du willst Opern. Beides geht nicht.

:upten: :upten: :upten:
 
Musik muss einen ergreifen, beim ersten Hören packen!

Es steht dir natürlich frei, solche Ansprüche an Musik zu stellen. Und es steht auch eine ganze Armada an Musikschaffenden, "Kluturmanagern", DJs und Radiomoderatoren für dich bereit, um dir diesen Wunsch zu erfüllen. Ich sag's mal mit dem "Congstar"-Slogan: "Du willst es - du kriegst es". Der Preis dafür ist jedoch das Schmoren im eigenen Saft. Der Blick über den Tellerrand erfodert nun mal Anstrengung und Mühe.

Wenn ich um Musik zu mögen erstmal Geschichte studieren muss, dann fehlt der Musik das packende Element.

Das deckt sich mit meinen Erfahrungen überhaupt nicht. Es gibt Tausende von Stücken, die ich als Teenager scheiße fand und mich heute derart in ihren Bann ziehen, dass ich manchmal abends mit dem Kopfhörer dasitze und nicht mehr loslassen kann. Oh doch, so ein Kantatensatz von Bach ist unglaublich packend, erheblich packender als all das, was sofort wirkt - aber man muss erst Bach verstehen.
 
Oh doch, so ein Kantatensatz von Bach ist unglaublich packend, erheblich packender als all das, was sofort wirkt - aber man muss erst Bach verstehen.
Wobei Bach's Kantaten ja nun auch nicht gerade zu den schwersten Brocken gehören. Das kann natürlich auch an meinem Geschmack liegen, aber nach meinem bescheidenen Musikverständnis (und das ist wirklich bescheiden!) hat Bach für seine Zeit eher die Kategorie Volksmusik belegt.

Da kenne ich Kandidaten, die sich mir deutlich weniger erschließen als Bach.
 
Wobei Bach's Kantaten ja nun auch nicht gerade zu den schwersten Brocken gehören. Das kann natürlich auch an meinem Geschmack liegen, aber nach meinem bescheidenen Musikverständnis (und das ist wirklich bescheiden!) hat Bach für seine Zeit eher die Kategorie Volksmusik belegt.

Mag ja sein, dass die Kantaten kein Hardcore-Bach sind (wie z.B. das WK, das Musikalische Opfer oder die Kunst der Fuge), aber dennoch ist Bach so ziemlich das Anspruchsvollste, was du im Barock kriegen kannst.

Da kenne ich Kandidaten, die sich mir deutlich weniger erschließen als Bach.

Meinst du jetzt was ganz anderes, vielleicht 20. Jhd. oder so? Zwölftonmusik?
 
aber dennoch ist Bach so ziemlich das Anspruchsvollste, was du im Barock kriegen kannst.
Das kann sehr gut sein. Ich bin in der Einordnung der klassischen Musik gänzlich unbewandert. Mir erschließt sich Bach aber deutlich mehr als Mozart.

Mit meinem laienhaften Verständnis von Musik würde ich vermuten, dass Bach die Musik derart geprägt hat, dass sich Elemente davon in moderner Musik wiederfinden. Und das sorgt möglicherweise dafür, dass Bach auch heute noch sehr eingängig ist. Ist aber nur eine ganz plumpe Vermutung.

Meinst du jetzt was ganz anderes, vielleicht 20. Jhd. oder so? Zwölftonmusik?
Naja, Zwölftonmusik klingt, als wäre man Hauptdarsteller in Edvard Munchs Der Schrei oder Teil eines Gemäldes von Hieronymus Bosch. :hehehe:

Aber trotzdem erzählt sie eine Geschichte, wenn man sich drauf einlässt. Ist wie beim Jazz. Finde ich gut. Nicht für nebenher, aber auf jeden Fall zum Zuhören.

So gar keinen Zugang finde ich zu Mozart. Das ist mir irgendwie zu leicht und verspielt. Vermutlich liegt das weniger an der Musik als an meinem Geschmack, aber da knistert einfach recht wenig.
 
@Blinddarm: Danke, das du dir nochmals Mühe mit einer Antwort gegeben hast, aber ich denke du hast nen Knall ;)
Musik muss einen ergreifen, beim ersten Hören packen! Wenn ich um Musik zu mögen erstmal Geschichte studieren muss, dann fehlt der Musik das packende Element.
Naja, so ganz unrecht hat "Blinddarm" ja nicht, aber es stimmt schon, das man auch alles übertreiben und so einem die Freude nehmen kann, indem man es kopflastig versucht zu analysieren. Hurz!
Mit Mozart tu ich mich auch schwer, aber das Andante Nr. 21 ist z.B. sehr schön und hörenswert.
Auch sehr schön das Adagio in G Moll von Albinoni.
Nur schwer ist es die für einem beste Einspielung zu finden, denn Opern etc. können ganz schön spielerisch verhunzt werden. Schlimm in diesem Zusammenhang sind nach meinem Musikgeschmack die US Amerikaner, die es oft schaffen, die schönsten Opern an die Wand zu spielen.
Auch hörenswert wie ich find ist Tschaikowskys Capriccio Italien
Vielleicht ein bißchen Off-Topic, aber richtig geil ist auch Deep Purple Concerto For Group and Orchestra oder Jon Lords Sarabande. :)

Saugkraft: Mit meinem laienhaften Verständnis von Musik würde ich vermuten, dass Bach die Musik derart geprägt hat, dass sich Elemente davon in moderner Musik wieder finden.
Stimmt, denn "Sarabande" von J. Lord ist so ein Beispiel, denn hier knüpft er an die musikalische Form der Suite aus der Barockmusik von Bach an.
 
Zuletzt bearbeitet:
@JP.x
Ich verstehe Dich sehr gut!:unterschreibe:

Opern höre ich nur solange nicht gesungen wird.:D - Na gut, da bleibt dann oft nicht viel aber ich mag einfach keinen Gesang, nicht bei Klassik, nicht bei Pop - ich weiß überhaupt nicht was da bei mir schiefgelaufen ist. Ausnahme: Kluge deutsche Texte - dann ist mir die Musik aber eher zweitrangig.

Aber zum Thema erschließende Klassik. Ich empfehle Dir einfach mal den Gang in einen Konzertsaal. Ich habe gestern in der Kölner Philharmonie 2 Std. lang einer lettischen Organistin zugehört - also nur Orgel. Gewaltiger Anfang mit Prokofjew und ein unglaublich guter Vortrag/Adaption von George Bizet. Viel wichtiger aber: auf CD hätte das nie im Leben seine Wirkung entfalten können. Das gleiche gilt für Opern. Geh hin - erst Live entfaltet sich Klassik voll (incl. der Huster, wofür aber z.B. in der Philharmonie vorbeugend immer Ricolas ausgelegt werden.): Hustensymphonie á la Loriot http://www.youtube.com/watch?v=1C8b3paSp3Y

P.S.: Der Dame habe ich gestern gelauscht: http://www.youtube.com/watch?v=xPB_9eMxPZo
 
Zuletzt bearbeitet:
von albinoni sind es eigentlich nur ein paar noten der bass-partitur, das original hat nach dem 2. weltkrieg der italienische komponist und lehrer bruno giazotto in einem archiv in dresden ausgegraben und seinen (gross)teil dazukomponiert.
eine feine sache.
rob
Dank dir für die Info!:)
Aber egal! Ist einfach ein schönes Stück, wenn man es in einer guten Einspielung bekommt!:)
 
Mit meinem laienhaften Verständnis von Musik würde ich vermuten, dass Bach die Musik derart geprägt hat, dass sich Elemente davon in moderner Musik wiederfinden. Und das sorgt möglicherweise dafür, dass Bach auch heute noch sehr eingängig ist. Ist aber nur eine ganz plumpe Vermutung.

Das Wort "eingängig" ist etwas unglücklich; mag es eine Handvoll Bach-"Hits" geben, die Klassikradio-tauglich sind, so ist doch der Großteil von Bachs Werk alles andere als das. So eine fünfstimmige Tripelfuge aus dem WK... also wirklich...
Aber ansonsten stimmt's: Bach ist aus der Musikgeschichte nicht wegzudenken. In jeder Epoche gibt es Kandidaten, die man auch ohne Not herauslösen könnte, Bach aber ganz gewiss nicht.

So gar keinen Zugang finde ich zu Mozart. Das ist mir irgendwie zu leicht und verspielt. Vermutlich liegt das weniger an der Musik als an meinem Geschmack, aber da knistert einfach recht wenig.

Ich hab auch lange gebraucht, bis ich Mozart verstanden habe. Da war ich, glaube ich, bereits 18 oder älter. Ich glaube, Mozart kann man nur aus einem Blickwinkel heraus begreifen, der gewissermaßen "kindlich" ist - aber eben nicht im Sinne von "infantil". Es ist eher diese kindliche Ehrlichkeit, die Arglosigkeit und eine Menschlichkeit, die sich auch um den größten eigenen Vorteil nicht kompromittieren lässt.

Einen guten Einstieg erwischt man mit dem Recordare aus dem Requiem: http://www.youtube.com/watch?v=6IvRUVHOiK8

Das ist deshalb ein guter Startpunkt, weil bereits der lateinische Text meilenweit entfernt ist von Kampf, Heroentum, Sieg oder Niederlage, Macht, Stärke, "Männlichkeit"... ganz im Gegenteil: da steht ein - dem Tod schutzlos ausgelieferter - Mensch vor Jesus und bittet um Einlass in den Himmel: Bedenke, lieber Jesus, dass (auch) ich die Ursache deines Weges auf Erden bin - verstoße mich bitte nicht. - Da gibt es nichts zu erstreiten, auch nichts zu verhandeln oder zu erörtern oder zu relativieren. Es bleibt nur noch die pure Menschlichkeit übrig, also die Einsicht, dass wir letztendlich alle nackt und schutzlos und von der Gnade Gottes abhängig sind.
 
W.A.Mozart KV. 331
 
Ja. Ich.
Ich find Wagner super.
Schwere Kost, aber richtig toll.

(Leider sind die Umsetzungen auf der hiesigen Live-Bühne mittlerweile unerträglich. Ein Parzival in Schlips und Anzug geht gar nicht, auch nicht ein düsteres Rheingold ähnlicher Ausstattung. Aus dem Stuff könnte man perfekte bunte und fesselnde Fantasy-Filme drehen, aber dazu hat wohl keiner Bock)

Welchen Ring hörst Du am liebsten? Momentan bevorzuge ich Sir George Solti, dicht gefolgt vom Furtwängler-Ring für die RAI.

Zur Aufführungspraxis, ich habe Wotan auch lieber als Einäugiger Wanderer den als Mafisoi auf der Bühne.

Apvar
 
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