Dass man Informationen auch übersichtlicher und kleinteiliger aufbereiten kann, ist erst recht spät durchgesickert (klar, große Bilder und kurze Texte hatte die Bild schon lange). Deshalb tue ich mich schwer damit, das zwangsläufig als Niveauverlust anzuerkennen.
Niveauverlust ist es aber dann, wenn sie alles auf Kompakt trimmen, weil sie vermuten, dass der User von heute, den man ja auf Biegen und Brechen als Print-User gewinnen will, anscheinend nicht mehr eine halbe Stunde Zeit für eine Zeitung aufbringen möchte, sondern nur noch zwei Minuten. Natürlich besteht kein Niveauverlust darin, dass die FAZ ein Bild auf der Titelseite einführt, aber alles in allem ist eine Zeitung der Wortbedeutung nach her eine Nachricht, eine Botschaft. Da mag eine Bleiwüste nicht hübsch sein, aber sie ist ehrlicher und schießt nicht am Ziel vorbei. Außerdem hatte man ja zur Attraktion genau deswegen die Headline. Und so spät wie du tust, ist die Erkenntnis, die nicht zuletzt aus der Markt- und Werbeforschung rührt, auch nicht durchgesickert. Sonst hätten beispielsweise die ganzen Lifestylemagazine in den 90ern ganz anders ausgesehen. War der Spiegel, von Themenauswahl und Stilveränderung, großartig anders in der Text- und Bildaufbereitung? Er funktionierte jedenfalls sehr gut – nicht zuletzt wegen seines Alleinstellungsmerkmal Stil. Stell dir eine GEO-Reportage in Kurz vor und überlege dir, was dann noch übrig bliebe von diesem erlesenen Abenteuer.
So stehen die traditionellen Medien vor dem Problem sich einerseits vom Boulevard deutlich abzugrenzen und andererseits trotzdem interessant, lebendig und attraktiv genug zu sein.
Die traditionellen Medien stehen in der Tat vor diesem Problem. Geschuldet dem User, der keinen Bock auf mehr als zwei Minuten tief schürfende Lektüre hat. Im Prinzip nimmt man aber ohnehin eher Rücksicht auf die Werbewirtschaft, dies aber ist stets auch eine Bedrohung der Pressefreiheit.
Es wurde noch nie so viel gelesen wie heute. Dass die Geduld oder Konzentrationswilligkeit darunter leidet kann schon sein. Aber wie gesagt: ich denke, das Internet fördert den Stellenwert des Lesens wieder. Auch wenn es eine neue Lesekultur mit sich bringt.
Nein, das ist kein Lesen. Lesen bedeutet Rezeption, Auseinandersetzung und Verstehen. Das ermöglicht das Internet nicht. Man hangelt sich von Link zu Link, lässt den Blick drüber streifen, hechtet zurück, springt zu einem gruselig geschriebenen Post, bekommt eine E-Mail etc. Jet Ski in Pattaya ist eben nicht Tauchen am Great Barrier Reef.
Ich persönlich kann einer ganzen Reihe alter Werke wenig bis gar nichts abgewinnen. Meine Lieblinge sind Dramen und Gedichte: schwer zu lesen, ewig fesselnd auch meistens nicht.....was macht sie zu den Grundpfeilern unserer Kultur? Und mit welchem Recht regt man sich dann drüber auf, wenn ich mich dieser Kultur nicht zugehörig fühle?
Und die zunehmende Unkonzentriertheit: warum denn nicht? Es gibt in meinen Augen nichts schöneres, als den Geist frei schweifen zu lassen und ihn nicht auf irgendwas zu fixieren. Ich war schon ein "zerstreuter" Typ, da hatte ich vom Internet noch nicht mal was gehört.
Bis auf Reich-Ranicki dürfte es jedem so gehen. Aber die Liste der Bücher, die unter den Wischiwaschi-Begriff „Klassiker der Literatur“ fallen, ist eben lang und darunter fallen eben auch Goethe, Shakespeare und Kafka. Sie haben den Geist geprägt, bis heute und werden schließlich noch heute zitiert. Goethe, Heine, Lichtenberg sind deutsche Vertreter der Kunst des Aphorismus. Die Autoren haben Ideen in bisweilen ausgezeichneter Sprache in die Welt gesetzt, das schafft kein Forent, kein Blogger, nicht mal ansatzweise, und beileibe kein Programmierer.
Das Drama entstand in der Antike, mit einem Lied richtete man sich an eine Gottheit und tanzte dazu. Sprachrhythmus und Sprachharmonie ist somit das Kennzeichen der ganz Großen, wieder seien Shakespeare und Goethe beispielhaft angeführt, im Internet gibt’s nur ohrenbetäubendes Geschepper. Ja, es gehört zur Bildung eines Menschen, den ein oder anderen Klassiker gelesen zu haben. Nicht umsonst ist das (noch) Schulstoff. Bald werden es dann wohl Fix und Foxi sein und man wird Posting-Analyse betreiben.
Und Unkonzentriertheit hat rein gar nichts mit „den Geist schweifen lassen“ zu tun. Letzteres kann man je eher, wenn der Geist frei ist und die Freiheit des Geistes schafft man sich durch gute Lektüre, mit der Aufnahme großer Gedanken und Ideen. Angst und bang wird einem aber, wenn man bedenkt, dass im Netz Programmierer die Denkregeln vorgeben.