Also, obwohl ich auch im Personalsektor tätig bin, ist mir wohl entgangen, das das AGG (btw. Genau den Paragraphen meinte ich...) bzw. das Arbeitsrecht inkl. des Kündigungsschutzes nicht mehr gilt...
Der Gesetzgeber hat den Religionsgemeinschaften und vor allem der Kirche ja eine Brücke gebaut. Zwar sagt § 7 Abs. 1 1 HS AGG:
§ 7 Abs. 1 1 HS AGG schrieb:
Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden;
und verweist auf § 1 AGG, welcher besagt:
§ 1 AGG schrieb:
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Natürlich ist hierbei auch § 8 Abs. 1 AGG zu lesen, der dies wieder einschränkt:
§ 8 Abs. 1 AGG schrieb:
Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.
Wesentlich für besagte Brücke des Gesetzgebers ist aber eben § 9 AGG:
§ 9 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung schrieb:
(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.
(Hervorhebungen durch mich).
Hier wurde besagter Arbeitnehmer gekündigt, weil dieser nach der Sicht des Arbeitgebers und hier der Religionsgemeinschaft eben nach deren Verständnis mit dem Kirchenaustritt gegen wichtige Loayalitätsobliegenheiten verstoßen hat. Das war in der Gesamtschau und Abwägung dann nicht weiter entscheidend zu beanstanden. Sofern wir hier selbst ein anderes Selbstverständnis aufweisen und pflegen oder der besagten Gemeinschaft ein anderes zubilligen wollen, kommt es auf unsere Sichtweise jedoch nun einmal nicht an.
Das Problem an sich ist aber nicht, das der Kündigung stattgegeben wurde. Das Problem ist vielmehr, das dies eben aus dem Grund getan wurde, weil die Selbstbestimmungsrechte der Kirchen schwerer wiegen als die Persönlichkeitsrechte eines einzelnen. Und ich glaube, so etwas brauchen wir, gerade in geschichtlichem Kontext betrachtet, sicherlich mit am wenigsten!
In der Methodenlehre während der juristischen Ausbildung lernt man (sofern man sich damit beschäftigt), dass Richterrecht zwar mitunter notwendig, aber doch in der Regel zu vermeiden ist, um die Gewaltenteilung nicht (unzulässig) zu beschädigen und den Richter nicht zum Gesetzgeber zu erheben. Ein Richter hat nicht seine eigene moralische Ansicht über das Gesetz zu erheben, so berechtigt diese auch sein mag. Auch durch Gerichte wird das Gesetz in seiner Anwendung mitunter weiterentwickelt; dies obliegt aber weiterhin grundsätzlich dem Parlament. Seinen Willen hat der Gesetzgeber hier recht klar deutlich gemacht, auch durch § 9 AGG.
Sicherlich wollen wir möglichst wenige Richter, die nach folgendem Prinzip verfahren:
Goethe schrieb:
Im Auslegen seid frisch und munter! Legt ihr's nicht aus, so legt was unter!