Eigenes Rechtssystem der Kirchen wurde nun per Gericht bestätigt.

CharlieD

CharlieD

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Moin Gemeinde!

Zugegeben, der Titel is vielleicht a bisserl reisserisch, aber, was ich da gelesen habe lies mir ehrlich gesagt die Zornesröte ins Gesicht steigen.

http://www.n-tv.de/ratgeber/Kirche-darf-Mitarbeiter-kuendigen-article10544136.html

Nicht die Tatsache an sich, jeder AG muss IMHO das Recht haben, sich seine Mannschaft auch dahingehend aussuchen dürfen, ob sie seiner Ansicht nach in Team passen oder nicht.

Nein, die Begründung des Urteils ist es, was mich schier an meinem Morgenkaffee ersticken lies...

Glaubens- und Gewissensfreiheit wiegen weniger schwer als das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.

Das ist doch mal was!!

Nüchtern betrachtet bricht somit Kirchengesetz ziviles Gesetz.

Wenn die Kirchen nun also bestimmen, dass Ehrenmorde rechtens sind, gilt das dann auch??
Oder, Homosexualität... Nach kirchenrecht ja Hochnotverboten... Werden Schwule jetzt dann künftig wieder legal gejagt und verurteilt??

Weil, das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen wiegt ja schwerer...

...und wir regen uns Muslimische Gottesstaaten auf...

Ich bin fassungslos!!!

Charlie
 
Sorry, aber so steht das seit Ewigkeiten im GG, i.V.m. mit der Weimarer Reichsverfassung. So überraschend ist das nun auch nicht
 
Ich bin fassungslos!!!

ja, ich auch. Das ist kein Schritt aus dem Mittelalter heraus

Ich nicht, und hier wird maßlos Übertrieben.

Es geht hier lediglich um das angestellten die aus die Kirche austreten gekündigt werden dürfen.
Da die Kirchliche Einstellungen bei eine Jobanzeige auch ausdrücklich darauf bestehen dürfen das ein Mitgliedschaft der Kirche Pflicht ist, ist es logisch das bei eine Kirchenaustritt eine Kündigung erlaubt ist.

Man sollte eher anprangern das es erlaubt ist das die Kirche als Bedingung für einen Job vorgeben darf derjenige Kirchenmitglied ist.



Ich frage mich übrigens wie einen Menschen der aus der Kirche austritt, sich selbst gegenüber verantworten kann für diesen Arbeitgeber arbeiten zu wollen. Ein Kirchenaustritt macht mal nicht eben aus Lust und Laune.
 
Das er gefeuert wurde ist doch im Grunde nicht das problem. Man schaue auch nur ins Grundgesetz: http://dejure.org/gesetze/GG/140.html

Das Problem ist m.M.n., dass es riesige Teilbereiche unserer gesellschaftlichen Daseinsvorsorge gibt, die fast ausschließlich von solchen religiös-infizierten Unternehmen wahrgenommen werden, und das auch, wenn sie zum größten Teil staatlich finanziert sind. Beispiel: Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, Schulen...

Es ist also m.M.n. grundsätzlich okay, dass man bei religiös-infizierten Unternehmen gefeuert wird, wenn man die Ideologie nicht mehr mitträgt. Nicht okay ist aber, dass man in einigen Branchen kaum eine Wahl hat, woanders zu arbeiten.
 
Es geht hier lediglich um das angestellten die aus die Kirche austreten gekündigt werden dürfen.
Da die Kirchliche Einstellungen bei eine Jobanzeige auch ausdrücklich darauf bestehen dürfen das ein Mitgliedschaft der Kirche Pflicht ist, ist es logisch das bei eine Kirchenaustritt eine Kündigung erlaubt ist.

Es ist also m.M.n. grundsätzlich okay, dass man bei religiös-infizierten Unternehmen gefeuert wird, wenn man die Ideologie nicht mehr mitträgt.
Nein, nein, ich hab ja geschrieben, das ich damit gar kein Problem habe, wie gesagt, jeder AG sollte schon das Recht haben sich seine Leute auszusuchen, so ists ja nicht.

Womit ich ein Problem habe ist, das es hier in DE parallele Rechtssysteme gibt.
Hier wird das Kirchenrecht ganz klar und eindeutig mit dem Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirche, über das zivile Recht (in dem Fall Arbeitsrecht und AGG), bzw. sogar über persönliche Grundrechte (Religions- und Gewissensfreiheit) gestellt.

Wenn ein schwarzer für ein begangenes Verbrechen verurteilt wird, dann begrüße ich das. Wenn er aber verurteilt wird, weil er schwarz ist, dann missbillige ich dies!

Charlie
 
Es geht hier lediglich um das angestellten die aus die Kirche austreten gekündigt werden dürfen.
Da die Kirchliche Einstellungen bei eine Jobanzeige auch ausdrücklich darauf bestehen dürfen das ein Mitgliedschaft der Kirche Pflicht ist, ist es logisch das bei eine Kirchenaustritt eine Kündigung erlaubt ist.
es gibt noch mehr Fälle: zum Beispiel die Wiederverheiratung. Da auch in kirchlichen Einrichtungen die Gehälter aus öffentlichen Geldern gezahlt werden, finde ich die Bindung an eine Religionszugehörigkeit ausgesprochen eigen.

Ich frage mich übrigens wie einen Menschen der aus der Kirche austritt, sich selbst gegenüber verantworten kann für diesen Arbeitgeber arbeiten zu wollen. Ein Kirchenaustritt macht mal nicht eben aus Lust und Laune.
naja. Kirchliche AG sind ja nicht gleichzusetzen mit religiöser Indoktrination. Und -wie weiter oben schon geschrieben wurde- in einigen Bereichen bleibt dir gar nichts anderes übrig, als in kirchlichen Einrichtungen zu arbeiten.
Meine Frau arbeitet als angehende Sozialarbeiterin mit wohnungslosen Männern. Das ist zumindest hier in München -wie grosse Teile der Jobs in der Sozialen Arbeit- fest in kirchlicher Hand. Und auch wenn meine Frau aus der Kirche austreten sollte, deswegen hätte sie durchaus kein Problem damit diese Arbeit fortzuführen.
 
Nein, nein, ich hab ja geschrieben, das ich damit gar kein Problem habe, wie gesagt, jeder AG sollte schon das Recht haben sich seine Leute auszusuchen, so ists ja nicht.

Wenn du kein Problem hast das der Kirche das Recht hat zu bestimmen das ein zukünftige Mitarbeiter Mitglied der Kirche ist, was ist dann unlogisch daran wenn dieser Mitarbeiter aus der Kirche austritt gekündigt werden darf. Das ist doch nicht mehr als Konsequent. sonst könnte jeder nach seine Einstellung aus die Kirche austreten und so dieses Recht der Kirche mit Füßen treten.


Es ist doch viel eher die Frage wie es kommt das es die Kirche noch immer in dieser Zeit erlaubt ist so ein geschlossenes System aufrecht zu erhalten. Ein Buchhalter muss nicht getauft sein um die Arbeit für eine kirchliche Einstellung korrekt aus zu führen.
 
Wenn ein schwarzer für ein begangenes Verbrechen verurteilt wird, dann begrüße ich das. Wenn er aber verurteilt wird, weil er schwarz ist, dann missbillige ich dies!
Ein Schwarzer ist mit dieser Eigenschaft ja geboren und kann recht wenig dagegen tun. Christ sein ist hingegen eine Entscheidung, die wie wir gesehen haben auch reversibel ist.
 
Ein Schwarzer ist mit dieser Eigenschaft ja geboren und kann recht wenig dagegen tun. Christ sein ist hingegen eine Entscheidung, die wie wir gesehen haben auch reversibel ist.

Wenn ich da an die Taufe denke, wirst du quasi auch als Christ geboren. Nur das du was dagegen tun kannst ;)
Mich hat jedenfalls als kleiner Bub keiner gefragt ob ich Christ sein möchte.
 
…Christ sein ist hingegen eine Entscheidung, die wie wir gesehen haben auch reversibel ist.

Er hat nicht dem "Christentum abgeschworen", sondern ist nur aus der Kirche ausgetreten. Und wenn da nicht nur die Kirche selbst, sondern auch ein Gericht, kirchliche Interessen über das Gewissen stellt, dann wirft das zumindest bei mir einige Fragen auf.
Zum Beispiel, dass ein Austritt aus einer Institution einen schweren Loyalitätsverstoss darstellen soll, jahrelange Übergriffe seitens einiger "Würdenträger" aber offensichtlich kein ausreichender "Kündigungsgrund" ist. Wo war denn deren Loyalität?
 
Wenn ich da an die Taufe denke, wirst du quasi auch als Christ geboren. Nur das du was dagegen tun kannst ;)
Mich hat jedenfalls als kleiner Bub keiner gefragt ob ich Christ sein möchte.

Als Kind hat es für dich auch streng genommen keine weiteren Konsequenzen, Christ (oder nennen wir es besser Kirchenmitglied) zu sein.
Wenn die Folgen für dich interessant werden (sprich: Kirchensteuer, Taufe deiner Kinder, kirchliche Hochzeit usw...) hast du die Möglichkeit, frei zu entscheiden: Mitglied bleiben oder austreten.

Das ändert aber nichts am Grundtenor dieses Threads: die Kirche wird mal wieder vom Staat gedeckt bzw. bevorzugt.
Jedem anderen AG würde man bei solchen Grundvoraussetzungen für einen Job den A.rsch aufreissen, bei einer Kündigung erst recht.
 
Zugegeben, der Titel is vielleicht a bisserl reisserisch, aber, was ich da gelesen habe lies mir ehrlich gesagt die Zornesröte ins Gesicht steigen.

Deine Meinung unbenommen, ist der Titel jedoch schlicht falsch. Das Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften gründet sich nicht auf ein eigenes Rechtssystem, sondern wird durch unser eines Rechtssystem zugestanden.

Nicht die Tatsache an sich, jeder AG muss IMHO das Recht haben, sich seine Mannschaft auch dahingehend aussuchen dürfen, ob sie seiner Ansicht nach in Team passen oder nicht.

Darum ging es hier. Nicht unproblematisch ist sicher mitunter der weite Anwendungsbereich, der der Kirche zugestanden wird; karitative Einrichtungen, auch wenn diese religionsneutral gegenüber Nutzern fungieren, binden doch die Mitarbeiter nach dem Selbstbestimmungsrecht und führt dann nach Auffassung der jeweiligen religiösen Gemeinschaft dann je nach Handlung und Abkehr von Glaubensdoktrinen zu einem Loyalitätskonflikt und - in den Augen der Gemeinschaft - nicht zumutbaren Weiterbeschäftigung. Da sehr viele Einrichtungen von der Kirche betrieben werden, ein sicher nicht ungerechtfertigter Kritikpunkt, den man gut diskutieren kann.

Nein, die Begründung des Urteils ist es, was mich schier an meinem Morgenkaffee ersticken lies... Glaubens- und Gewissensfreiheit wiegen weniger schwer als das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen. Das ist doch mal was!!

Das ist so nicht richtig. Immerhin kann sich zunächst auch die Kirche auf die Glaubensfreiheit berufen. Hier geht es im Einzelnen um die Freiheit des Arbeitnehmers, die aber durch die Freiheit des Arbeitgebers eingeschränkt ist. Die Meinungsfreiheit wird ja auch grundsätzlich nicht dadurch unzulässig eingeschränkt, dass es Konsequenzen für einen Arbeitnehmer haben kann, seine Meinung über den Arbeitgeber kund zu tun. Gesellschaftsrechtlich gibt es auch Treuepflichten, die binden und besondere Loyalitätsbande schmieden, so zudem auch arbeitsrechtlich. Mit einer Verdrängung der Grundrechte an sich hat dies erst einmal grundsätzlich nichts zu tun.

Das Recht der Glaubensgemeinschaften ist im Grundgesetz geschützt. Dies muss dann mit anderen Rechten, so im Rahmen praktischer Konkordanz, eben abgewogen werden. Wenn dann das eine Recht unterliegt, ist dieses nicht aufgehoben, nur eben steht es gegenüber dem anderen Recht zurück. Diese Abwägung ist ständige, notwendige Praxis, was Grundrechte betrifft.

Nüchtern betrachtet bricht somit Kirchengesetz ziviles Gesetz.

Diese Aussage ist so unrichtig.

Wenn die Kirchen nun also bestimmen, dass Ehrenmorde rechtens sind, gilt das dann auch??

Natürlich nicht:

"Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde." (Hervorhebung von mir; Art. 137 Abs. 3 WRV, i.V.m. Art. 140 GG)

Oder, Homosexualität... Nach kirchenrecht ja Hochnotverboten... Werden Schwule jetzt dann künftig wieder legal gejagt und verurteilt??

Siehe oben.

Weil, das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen wiegt ja schwerer...

Nein.

...und wir regen uns Muslimische Gottesstaaten auf...

Siehe oben.
 

Das GG ist doch in seiner Aussage da völlig eindeutig:
"…(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. …"
Genau das wird aber in diesem Fall praktiziert.
 
dass ein Austritt aus einer Institution einen schweren Loyalitätsverstoss darstellen soll, jahrelange Übergriffe seitens einiger "Würdenträger" aber offensichtlich kein ausreichender "Kündigungsgrund" ist. Wo war denn deren Loyalität?

Das wirft Fragen auf nach einer gewissen moralischen Schlagseite. Und das ist schon euphemistisch ausgedrückt. Anscheinend ist man bereit, selbst schwerste Sünden zu vergeben, solange das innerhalb der Kirche passiert. Nur stellt sich eben die Frage, ob hier nicht Reue und anderes Verhalten dann die Grundvoraussetzung sind - und Vertuschung und Verharmlosung sowie Neugefährdung von Dritten ist sicher nicht Bestandteil einer christlichen Vergebung. Straftäter vor einem humanen Gesetz zu schützen, welches (wie das unsere) nicht dem Rachegedanken unterliegt, auch nicht.
 
Das GG ist doch in seiner Aussage da völlig eindeutig:
"…(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. …"
Genau das wird aber in diesem Fall praktiziert.
Dann dürfte er ja als Sieger aus der Geschichte hervor gehen, wenn er nach Karlsruhe geht.
 
Dann dürfte er ja als Sieger aus der Geschichte hervor gehen, wenn er nach Karlsruhe geht.

Wenn man es rein von der rechtlichen Seite betrachtet und Karlsruhe dass GG dort (zumindest in Teilen) nicht "aushebeln" möchte, dann auf jeden Fall.
 
Hier wird das Kirchenrecht ganz klar und eindeutig mit dem Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirche, über das zivile Recht (in dem Fall Arbeitsrecht und AGG), bzw. sogar über persönliche Grundrechte (Religions- und Gewissensfreiheit) gestellt.

Ich verweise, da du das AGG aufwirfst, hier sicherlich auf §§ 7, 1 AGG verweist, auf § 9 AGG (Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung).
 
Och, jetzt kommen wieder die Hobby-Juristen. Das Urteil ist - nach allem was im verlinkten Artikel an Infos enthalten ist - völlig eindeutig und unzweifelhaft fachlich korrekt. Ich frage mich ohnehin, warum immer wieder Leute (und ihre Anwälte!!) meinen, mit sowas bis zum BAG zu müssen.
 
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