Das Selbstmordthema it aber auch ein gewaltiges Vorurteil.
Klar kommt das vor, und man soll es nicht legitimieren, aber ich zum Beispiel habe in meiner tiefsten Phase nicht an Selbstmord gedacht.
2010 ist es bei mir "ausgebrochen", zu der Zeit hatte ich erheblichen Stress wegen einer Prüfung und war fix und alle weil ich während meiner Ausbildung von meinem Betreib ausgebeutet wurde wo er nur konnte. Deswegen habe ich mich selbst dermaßen unter Druck gesetzt, diese Prüfung zu bestehen, dass ich quasi von einem auf den anderen Tag richtig down war.
Mich haben plötzlich Weltthemen bewegt (wieso müssen andere Kinder hungern und ich darf essen?) oder andere schreckliche Dinge die ich gesehen habe (Schockvideos von "Tierentsorgungen" etc.) und ich konnte gar nichts mehr essen.
55 Kilo hab ich gewogen.
Alle meine Empfindungen wurden ausgetauscht gegen Brechreiz- ich konnte mich nicht freuen, ich hatte Brechreiz.
Ich konnte nicht heulen, ich hatte Brechreiz.
Ich habe mich bis heute geweigert Medikamente zu nehmen, habe aber meine Ernährung umgestellt und bin quasi sofort in Therapie gegangen. Den Job habe ich auch gekündigt. Es geht mir sehr viel besser. Bis auf sehr seltene Panikattacken ist kaum noch was da.
Meine Therapeutin meinte, es wäre sehr unüblich dass ich sofort bei "Ausbruch" zu ihr gegangen sei, die meisten Menschen warten im Schnitt sechs Jahre. Ich könnte mir nicht vorstellen, sechs Jahre lang mit den Empfindungen zu leben die ich 2010 hatte.
Trotzdem war der Sommer 2010 einer der schönsten Sommer die ich je hatte, weil ich die Prüfung, entgegen meiner Erwartungen sofort geschafft habe, und weil ich gelernt habe Dinge zu schätzen, die man vorher gar nicht mal wahr nimmt.
Ich sehe die Welt mit ganz anderen Augen jetzt. Nicht schlecht, aber anders.
Achso, lange rede kurzer Sinn. An Selbstmord habe ich trotzdem irgendwie nie gedacht.