Demokratieverständnis!?

Die erste demokratische Staatverfassung der Neuzeit vielleicht, aber nicht die erste Demokratie.
 
Kann mich mal jemand aufklären.

Was hat die Amerikanische Demokratie mit der Europäischen zu tun?
Nichts soweit. Hier ging es um die Frage, ob direkte demokratische Prozesse durch Volksentscheid eine gute Idee sind, und als Gegenbeispiel sollte Amerika dienen, wo ein gewinnendes Auftreten imstande ist, sachdienliche Argumente zu ersetzen.
 
Mich stört in der Diskussion eher dass sich zwar die meisten als Demokraten sehen, aber in der Praxis die Demokratie, namentlich die direkte Demokratie ablehnen, mit der Begründung das gemeine Volk sei zu unwissend und zu desinteressiert usw.. Somit wird dann auch eine gelenkte Demokratie à la EU gutgeheißen, die mit so ziemlich allen verfassungsrechtlichen Prinzipien bricht, die bislang gegolten hatten. Staatsvolk als Souverän, Trennung von Legislative und Exekutive, unabhängige Richter und anderes. Niemand wird bestreiten, dass die EU bzw. der europäische Gedanke wertvoll sind, aber es kommt eben nicht von ungefähr, dass Roman Herzog schon vor einem Jahr schrieb, Deutschland könne nicht mehr uneingeschränkt als parlamentarische Demokratie bezeichnet werden. D.h. wir haben hier nach Ansicht eines Verfassungsrechtlers hier momentan nichtmal eine "echte" repräsentative Demokratie.

Nun, da der Protest relativ gering ist, und da es allen dabei recht ordentlich geht, scheint die Sache so akzeptiert zu sein, Wie oben geschrieben hat sich ja auch kaum jemand darüber aufgeregt, dass die EU-Regierungschefs das Manöver Vertrag statt Verfassung in aller Öffentlichkeit durchgeführt haben. Die Tricksereien geschahen nicht heimlich sondern unter aller Augen. Man kann also davon ausgehen, dass die Bevölkerung damit einverstanden ist.
 
Ja, weil eine Verfassung unter den derzeitigen Umständen nicht zu Stande kommen kann.

Dass das deutsche parlamentarische System verbesserungswürdig ist, ist keine Frage. Und dass der EU-Vertrag eine Baustelle ist, auch.

Aber wie der Kommentator der Sz heute geschrieben hat: Damit enthält sie auch die Möglichkeiten, sie zu verändern und zu optimieren.
Das wäre bei einer Verfassung wesentlich schwieriger.
 
Ich kann nur meine Erfahrung schildern, und die lautet: Durch das Referendum zum Verfassungsprojekt habe ich in meinem direkten Umkreis ein politisches Interesse erfahren was in einem Land wie Luxemburg gänzlich unerwartet kam. Die Zahl der Menschen die sich tatsächlich mit dem Vertrag an sich beschäftigt hat, kann man natürlich nur auf ein Minimum begrenzen, zumal das Schriftwerk epische Ausmaße angenommen hatte. Unsere Regierung jedoch hat die Verfassung grundsätzlich keiner Kritik unterstellt. Die Hefte, die in alle Haushalte geschickt wurden und die man durchaus als Regierungspropaganda bezeichnen könnte waren mit lustigen Comicfiguren und einem zarten blau und gelb verschönert und resümierten höchst einseitig den aktuellen Vertrag. In einer der Fernsehdebatten zwischen unserem Herrn Außenminister und einem Anwalt der sich die Verteidigung des Nein auf die Fahne geschrieben hatte, konnte der Herr Außenminister auf keine der Kritiken richtig antworten, er hatte den Text nicht mal präsent. Das Kredo war: Wir brauchen den Vertrag. Fertig. Die Details interessieren das Volk eh nicht. Das ging so weit, dass unser Herr Premier sogar mit seinem Rücktritt gedroht hat, würde das Luxemburger Volk nicht mit Ja stimmen. Eine Art Erpressung also.
Wer Nein sagte war übrigens ein Europa-Gegner und entweder Kommunist oder Nazi. Differenzierter konnte man die Kritiker nicht abstempeln.

In Frankreich fühlt sich das Volk jedenfalls mal wieder verarscht. Seine eigene Dummheit einen machtgeilen Hampelmann zum Präsidenten zu wählen trifft ja schon sehr tief, dass man nun den Vertrag durch Lissabon angenommen hat und dabei den souveränen Entscheid einfach so übergehen konnte, das ist für die Franzosen eine Frechheit.

In Deutschland konnte ich damals übrigens feststellen, dass die Menschen sich, aufgrund dessen dass man sie nicht gefragt hat, en gros überhaupt nicht damit auseinander gesetzt hatten. Die meisten waren davon überzeugt, die Politik würde schon das richtige machen.

Ob man nun selber dafür oder dagegen war ist hier nicht das Problem. Ich konnte sehr überzeugte Befürworter hören und auch sehr Überzeugte Gegner. Schliesslich wurde sowohl in Luxemburg als auch in Frankreich eine reale Debatte geführt die sicherlich weit über eine blosse Abstrafung der derzeitigen Regierung hinaus ging. (Von den Niederlanden kann ich nichts sagen, da ich dort keine Erfahrungen gemacht habe) Diese Abstrafung wurde einfach mal von den Medien aufgespielt die sich in solchen Fragen komischerweise sehr schnell auf die Seite der Regierung gestellt hatten.

Man kann zwar durchaus sagen, die Völker seien nicht intelligent genug über solche Fragen zu entscheiden, allerdings musste ich feststellen, dass die Menschen sich wesentlich mehr informiert haben als man es hätte erwarten können und das ist durchaus positiv zu bewerten und konnte nur erreicht werden weil man sie gefragt hat.

Dass man diesen Entscheid jetzt einfach übergehen konnte ist für mich, ohne jetzt die Notwendigkeit eines solchen Vertrages in Frage zu stellen, ein ganz klares Vergehen an den demokratischen Strukturen in Europa. Vielleicht hätte man sich angesichts des Volksentscheides mal hinsetzen und über der Kluft die zwischen Regierung und Volk besteht Gedanken machen sollen.
 
Wirbel, da du ja nach der Verfassung der Weimarer Republik lebst, stehen dir doch eigentlich gar keine Menschenrechte zu, oder?

Hä? Die Logik, die sich dahinter verbirgt, mußt Du mir erstmal erklären :confused:
 
Hast du die Verfassung gelesen? Menschenrechte sind in der Verfassung nicht aufgeführt, und auch der Anschluss an multilaterale Bündnissysteme oder supranationale Gerichtsbarkeiten wird mit keinem Wort erwähnt. Ergo kann sich die WR nicht an die UN, NATO oder auch nur EU anschließen. De jure hast du von Staatswegen die Menschenrechte eines Nordkoreaners. Und nun wirds mir zu blöd mit einem Pseudo-Historiker zu "debattieren".
 
In der Weimarer Verfassung sind natürlich Grundrechte festgeschrieben, Weimar nach Text und Verfassungswirklichkeit mit Nordkorea zu vergleichen ist auch nicht gerade ein Zeichen von herausragender historischer Bildung. Auch vor Weimar war das Deutsche Reich übrigens ein Rechtsstaat. Grundrechte wurden bereits im 19. Jahrhundert in die einzelnen deutschen Landesverfassungen aufgenommen. Dass sich bis hin zum Grundgesetz mit seinem Artikel 1 in der Rechtslehre einiges getan hat, ändert an diesen Tatsachen nichts.

Weimar hat auch das Völkerrecht explizit in die Verfassung aufgenommen. Dass damals das Völkerrecht noch nicht den Entwicklungsstand hatte, wie heute ist kaum Weimar anzulasten.
Der Anschluss an supranationale Gebilde war ebenfalls möglich - siehe Völkerbund. Allerdings hat der Anschluss an derlei Gebilde ja mit Menschenrechten und Demokratie erstmal nicht viel zu tun. Siehe UNO, siehe EU.
 
Das Deutsche Volk wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass sogar nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, obwohl es darauf überhaupt nicht ankommt, das Deutsche Reich als Völkerrechts- und Staatsrechtssubjekt in der Niederlage von 1945 nicht untergegangen ist, sondern nur handlungsunfähig geworden ist. Deswegen erpresst man heute Privatfirmen wegen Zwangsarbeiterentschädigung, obwohl man weiss, dass es Sache der Regelung eines Friedensvertrages ist. Und das betrifft nicht Privatfirmen sondern das Dritte Reich.
 
Grundrechte: Ja. Menschenrechte: Nein. Denn die wurden 1933 in Genf festgeschrieben, deren Verhandlungen von Reichskanzler Adolf Hitler abgebrochen und mit dem Austritt aus dem Völkerbund quittiert wurden. Der Anschluss an den Völkerbund 1926 ist dem Vertrag von Locarno (1925) zuzuschreiben, ein Vertragswerk, das größtenteils von den Siegermächten des 1. WK diktiert wurde, enthielt es doch auch stark antikommunistische Züge, welche in einer antikommunistische Allianz endeten. Bedingt durch den Vertrag von Rapallo (1922) war das sozialistische Russland Deutschlands wichtigster Bündnispartner, ein Faktum, das zeigt, wie groß der Einfluss der WR am Vertrag von Locarno war. Der Fairness halber muss gesagt werden, dass die Eingliederung in den antikommunistischen Verband von der SPD sowie KPD und somit von der Regierung der WR abgelehnt wurde.
Somit ist meine These durchaus belegbar; zeig mir bitte eine Stelle in der Verfassung auf, die den Anschluss explizit vorsieht.

Deinen Seitenhieb auf die UN und EU kann ich nicht nachvollziehen, den müsstest du erklären.
 
Das Deutsche Volk wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass sogar nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, obwohl es darauf überhaupt nicht ankommt, das Deutsche Reich als Völkerrechts- und Staatsrechtssubjekt in der Niederlage von 1945 nicht untergegangen ist, sondern nur handlungsunfähig geworden ist. Deswegen erpresst man heute Privatfirmen wegen Zwangsarbeiterentschädigung, obwohl man weiss, dass es Sache der Regelung eines Friedensvertrages ist. Und das betrifft nicht Privatfirmen sondern das Dritte Reich.

Spätestens jetzt wäre es an der Zeit, den Thread zu schließen.
 
Grundrechte: Ja. Menschenrechte: Nein. Denn die wurden 1933 in Genf festgeschrieben, deren Verhandlungen von Reichskanzler Adolf Hitler abgebrochen und mit dem Austritt aus dem Völkerbund quittiert wurden. Der Anschluss an den Völkerbund 1926 ist dem Vertrag von Locarno (1925) zuzuschreiben, ein Vertragswerk, das größtenteils von den Siegermächten des 1. WK diktiert wurde, enthielt es doch auch stark antikommunistische Züge, welche in einer antikommunistische Allianz endeten. Bedingt durch den Vertrag von Rapallo (1922) war das sozialistische Russland Deutschlands wichtigster Bündnispartner, ein Faktum, das zeigt, wie groß der Einfluss der WR am Vertrag von Locarno war. Der Fairness halber muss gesagt werden, dass die Eingliederung in den antikommunistischen Verband von der SPD sowie KPD und somit von der Regierung der WR abgelehnt wurde.
Somit ist meine These durchaus belegbar; zeig mir bitte eine Stelle in der Verfassung auf, die den Anschluss explizit vorsieht.

Deinen Seitenhieb auf die UN und EU kann ich nicht nachvollziehen, den müsstest du erklären.

Die Grundrechte (auch vorangegangener Verfassungen) entsprechen freilich weitestgehend den "Menschenrechten".

Zum Völkerbund: 1922 waren das DR und Rußland (bzw. später die UdSSR) "natürliche" Verbündete, da beide als Parias der Weltpolitik aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen waren. Die Annäherung Frankreichs an die UdSSR, die mit deren Aufnahme in den Völkerbund endete, verschob diese Konstellation. Mit der Aufnahme der SU, zu äußerst günstigen Bedingungen zeigt jedenfalls, dass es mit der Antikommunistischen Ausrichtung des Völkerbundes 1932ff. nicht mehr weit her war. (Auch die SU, die vorher dem Völkerbund sehr kritisch gegenüberstand (sozusagen als man noch auf die Weltrevolution hoffte), hat sich dann ja deutlich anders positioniert).

Zur UNO und EU: Ein Blick auf den UNO-Menschenrechtsrat zeit, dass dieser z.B. außer dem Namen mit Menschenrechten nichts am Hut hat. Und zur EU: Hier werden demokratische Prinzipen (Gewaltenteilung) oder Grundrechte (Auslieferungsverbot) für ein echtes oder vermeintliches "höheres" Ziel geopfert. Vielleicht legitim, aber ignorieren sollte man diese Tatsache nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Spätestens jetzt wäre es an der Zeit, den Thread zu schließen.
Es wäre schade, jedes mal gleich einen Thread zu schließen, wenn er von verdeckten Sendboten aus dem rechtsnationalen Lager (oder meinetwegen auch geistig Verwirrten auf einer geheimen Mission) gekapert wird.

Ich habe vorgeschlagen, auf deren "Argumente" nicht einzugehen, das finde ich besser. Denn das Thema Volksentscheid ist ja ansonsten durchaus interessant.

Würdigt sie doch einfach keines Widerwortes. Sie werden nur jede Gelegenheit ergreifen, ihre vorbereiteten Kaskaden an Scheinargumenten abzufeuern.
Eine ernsthafte Auseinandersetzung interessiert solche Leute absolut nicht.
 
... und trotzdem sind hier etliche interessante Diskussionsbeiträge zu den Themen EU und Volksentscheid gekommen.

Was heisst denn "politische Diskussionen bringen eh nichts"? Was erwartet ihr denn?
 
99 % haben hier ihre Meinung und die ist richtig, aus, Schluss, basta.

zB. Volksabstimmung nur kommunal aber nicht national klingt für mich so wie
"Ich bin für die Gleichberechtigung der Frauen, aber nur in der Küche".
 
Hast du ein paar Beispiele für Entscheidungen von nationaler Bedeutung, von denen du denkst, dass "das Volk" über sie abstimmen sollte?
 
wo genau ist das Problem? In der Schweiz klappt das ja bestens (bilaterale Abkommen mit der EU, UNO-Beitritt etc). Gegenfrage - Hältst Du das Volk für dermassen unmündig, dass es nicht selber denken kann?
 
Atomkraftwerke - aber nicht wie bei uns in Österreich damals, als erst nach Fertigstellung des Baues darüber abgestimmt wurde.

Eurofighterkauf - die bei weitem teuerste Lösung - wird (absichtlich nicht in Mehrzahl geschrieben, da von den derzeit 5 vorhandenen Flugzeugen nur eines ständig einsatzbereit ist) in Ö nur zur fotographischen Dokumentation bei Flug-Grenzverletzungen verwendet, kann aber selbst nicht wenden, ohne über fremdes Staatsgebiet zu fliegen.

genmanipulierte Pflanzen - schwer örtlich lösbar, erlaubt man in einem Bundesland den Anbau nicht, wird Verfahren durch EU angedroht - die Gremien in der EU können durch die finanzstarken Gen-Firmen doch sehr leicht beeinflußt werden.
 
Atomkraftwerke: bei uns gab es ein zehnjäriges Baumoratorium, neue werden (höchstwahrscheinlich) vom Volk abgesegnet werden müssen. Die Beschaffung unserer F/A-18 wurde 1993 vom Volk indirekt bewilligt. Die Initiative, die den Kauf neuer Kampfflugzeuge rückwirkend (!) verbieten wollte, wurde abgelehnt. Und dass das Volk schlau genug ist, merkt man auch daran, dass Initiativen mit etwas tendenziösen Namen (zB "Jugend ohne Drogen") sehr wohl richtig analysiert werden. Es geht ja auch nicht darum, dass man über jeden Pieps abstimmen muss oder darf, aber die Politiker werden i.A. vernünftiger, wenn sie wissen, dass das Volk ihre Beschlüsse kippen kann.

Ansonsten: wiki fragen: klick
 
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