Ueberm Mehr
Ok, bin in Shanghai und habe gerade einen Artikel für die Lokalzeitung (aus meinem Heimatort in Dtl.) geschrieben. Wenn es um Eindrücke aus China geht, dann poste ich den hier mal. Vielleicht entdeckt ja der eine oder andere was drinne wieder. Achso. ich habe auch ein paar schöne Fotos zum anschauen auf
http://www.flickr.com/photos/masterploxis/ stehen. Viel Spass beim Schauen und Lesen:
Gruss A.
Shanghai - Ueber dem Meer,
Knapp anderthalb Stunden Fahrt in einem alten klapprigen Bus liegen hinter mir und ich setze meinen Fuss auf den Parkplatzasphalt des Fernbusbahnhofes in der Hanzhong Lu. Natuerlich bin ich der Letzte der aus dem Bus aussteigt, da alle Chinesen schon kurz vor Ankunft nervoes wurden, und beim Oeffnen der Tueren dann schliesslich das Fahrzeug panikartig verlassen haben. Ein unangenehmer Geruch sticht in die Nase, an der Parkplatzmauer stehen zwei Muelltonnen verborgen unter schwarzen Plastikbeuteln aus denen Essensreste quellen. Schnell weg hier und ab in der stets mit vielen Menschen gefuellten Schalterhalle ein Ticket fuer die Rueckfahrt kaufen. Vor dem Busbahnhof ist ebenfalls Trubel durch den man sich erstmal kaemfpfen muss. Chinesen warten auf ihren Bus, viele davon mit grossen Plastikbeuteln, Koffern und Werkzeug. Wanderarbeiter auf dem Weg zur oder von der Arbeit. Daneben die Frau, die in einer grossen Pfanne mit kleinen schwarzen Steinen darin Kastanien roestet und diese dann Auslaendern zu Wucherpreisen verkaufen moechte. Doch mein Ziel liegt woanders. Nach 200 Metern betrete ich eines von den unzaehligen Glas – Beton – Hochhaeusern Shanghais und steige ein paar Stufen hinab ins Ubahnsystem der Stadt. Viele Menschen moegen sagen, dass Shanghai gross, chaotisch, laut und voll ist – ich schliesse mich an – aber das Ubahnsystem der Stadt ist das beste Mittel um sich durch dieses Chaos zu bewegen. Insgesamt 3 Linien verbinden alle wichtigen Orte in Shanghai miteinander. Die Preise liegen je nach Strecke und Entfernung zischen umgerechnet 30 und 50 Cent. Ich kaufe das Ticket diesmal am Automaten, da am Schalter die Schlange wie immer zu lang ist, schnell durchs Drehkreuz und schon weht einem die warme Luft ins Gesicht, welche die einfahrende Ubahn vor sich her schiebt. Die Ubahnlinien eins und zwei schneiden sich am Volksplatz, dem Renmin Guangchuang, welcher auch mein erstes Ziel heute ist. Nach sieben Minuten Enge und neugierigen Blicken bringt mich die Rolltreppe wieder ans Tageslicht und mitten hinein ins wirkliche Shanghai wie man es aus dem Fernsehen kennt. Umgeben von Hochhaeusern bildet dieser 140000 m2 grosse Platz das politische und kulturelle Zentrum Shanghais. Hier findet man einen modernen sterilen Park, das Shanghai-Theater, den Shanghai Club und vieles Mehr. Gleichzeitig tost der Verkehr rings um den Platz. Hier merkt man sehr gut die Dynamik und die Modernitaet Chinas. Es fast ein wenig irreal hier zu stehen und eingeschlossen zu sein von Hochhaeusern, Laerm, Menschenmassen. Die schiere Groesse erschlaegt einen, man kommt sich klein vor. Doch dynamisch geht es auch bei mir weiter und ich laufe Richtung Nanjing Lu. Die Nanjing Lu ist die bekannteste Einkaufstrasse in Shanghai und ein Muss fuer jeden, der als Tourist in diese Stadt kommt. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts florierte in dieser Strasse der Handel und das Geschaeft. Bis heute wurde ein Teil der Nanjing Lu fuer den Verkehr gesperrt und in eine wirkliche Fussgaengerzone umgewandelt. So laufe ich beschleunigten Schrittes vorbei an Pizza Hut, McDonalds, Gucci, Starbucks, Metersbowne, Citizen, Mont Blanc und wie sie alle heissen. Kapitalismus in Reinstform. Vergebens suche ich hier einen Ort der Ruhe. Also hinein in eine der Nebenstrassen und schon taucht man ab in das Shanghai der 20er Jahre. Alte Gebaeude, Waesche zum Trocknen ueber die Strasse gespannt und die obligatorischen alten Opas ruhend in klapprigen Holzstuehlen. Meine Schritte lenken mich in eine oeffentliche chinesische Kantine – es gibt nur die Gerichte welche gerade in Form von beschrieben Holzkloetzchen an der Wand angeboten werden. Selbst nach einigem Bueffeln der Schriftzeichen bleibt mir die Bedeutung der meisten Essensbezeichungen verborgen. Somit isst der Bauer was er kennt, bzw. Lesen kann – In Sojasosse gekochtes Rindfleisch mit Nudeln. Getraenke gibts keine also noch schnell in den Laden nebenan gerannt und eine Flasche Tee gekauft. Im uebrigen stoeren sich die meisten Chinesen nicht daran, wenn man selber Getraenke mitbringt. Am Nachbartisch sitzt eine junge chinesische Familie und ihr Sohnemann macht grosse Augen wie ich in akrobatischer Kuer Nudeln und Fleisch mit den Staebchen in meinem Mund verschwinden lasse. Ich schneide Grimassen und der Junge zurueck, nach 2 Minuten drehen sich die Eltern zu mir und laecheln. Ich esse auf, verabschiede mich artig und freue mich wieder einmal ueber die erstaunten Gesichter der ehemaligen Tischnachbarn. Dreissig Minuten spaeter und ein paar Flueche weniger stehe ich am Ende der Nanjing Lu. Von hier aus geht es durch eine Unterfuehrung unter der Strasse hindurch und man steht am Bund. Auch als Waterfront bekannt ist dies wohl das bekannteste Postkartenmotiv Shanghais. Ich stehe am Ufer des Huangpu Flusses, auf der gegenueberliegenden Seite liegt Pudong mit den bekannten Pearls of Asia Fernsehturm und dem hoechsten Gebaeude Chinas – dem Jin Mao Tower. Neben mir stehen reihenweise Chinesen welche Familienfotos machen, vor mir auf dem Fluss fahren grosse Frachtschiffe, Kohlelader und Sightseeing –Boote entlang. Und nicht zu vergessen preisen hinter mir die Strassenverkaeufer Uhren der Marke Lolex an. Da ich mir eine echte Lolex nicht leisten kann und will, und ebenso keine Lust auf chinesische Billigfaelschungen habe, schaue ich auf meine kleine billige Noname Uhr und denke mir es ist Zeit zu gehen.
Und zwar zur Ubahn um damit zur Endstation der Linie 2 zu fahren. Denn dort befindet sich auch die Haltestelle des Transrapid, in Shanghai Maglev genannt. Als Technikbegeisterter renne ich die Rolltreppe hinauf um mir schnell ein Hin –und Rueckfahrtticket zu kaufen. Die Kosten fuer eine Fahrt liegen bei ca. 5 Euro, faehrt man hin und zurueck gibts Ermaessigung. Also gehe ich in Vorfreude zum Bahnsteig und da steht das Objekt der Begierde. Weiss, schnell und sehr oft fotografiert. Ich stelle mich wiedereinmal an einer Schlange an und schliesslich oeffnen sich geraeuschlos die Tueren. Weltmaennischen Schrittes – alle versuchen so auszusehen als wuerden sie jeden Tag mit dem Maglev fahren – betrete ich den Hightech-Zug und suche mir einen Platz am Fenster. Ich spuere ein leichtes Rucken als die Magnete eingeschaltet werden und den Zug ein paar Zentimeter anheben. Dann gehts los und unaufhoerlich beschleunigt der Zug, bis mit 431 km/h die Reisegeschwindigkeit erreicht ist und alle aufspringen, um schnell und so gar nicht weltmaennische sich neben der Geschwindigkeitsanzeige fotografieren zu lassen. Ich blicke aus dem Fenster und denke so bei dass es von innen nicht so schnell wirkt wie man tatsaechlich faehrt. (Ich stand am Tag meiner Anreise auf der Schnellstrasse neben der Srecke und ein Maglev fuhr an mir vorbei – sehr sehr schnell). Es tut dann noch den unvermeidlichen Knall mit dem der entgegenkommende Zug an einem vorbeischiesst und schon bremst der Zug wieder ab. Nach 8 Minuten Fahrzeit ist der Maglev die 30 km hinaus zum internationalen Pudong Flughafen gesprintet. An der Haltestelle angekommen steige ich aus und gehe Richtung Flughafengebaeude. Dort dann wieder aus dem Hauptausgang raus und die Strasse ein wenig hinunter. Auf der staubigen Strasse treffe ich auf ein paar Chinesen welche Flugzeuge fotografieren. Ich geselle mich dazu und schnell ist eine Diskussion ueber deutsche Filme und chinesische Autos im Gange. Ein paar Zigarettenlaengen spaeter und ein paar Fotos reicher trete ich den Heimweg an. Schon fast benommen komme ich wieder am Busbahnhof an und setze mich entspannt in den Wartesaal. Shanghai ist eine Riesenstadt mit vielem was man sehen und erleben kann. Doch leider auch zu voll und zu schnell fuer ein Kind des Thueringer Waldes. Deswegen lehne ich mich entspannt zurueck, freue mich auf die Ruhe der kleinen Stadt Taicang und werde eine Woche spaeter wieder hier sitzen.