habe nie verstanden, wieso in Texten bloß die männliche Form benutzt wurde.
Eine »männliche Form« ist es nur, weil du es »männliche Form« nennst. Oder genauer, weil du über Jahrhunderte durch Männer geprägter deutscher Sprachbeschreibung gar nicht mehr infragestellst, ob nicht vielleicht die verwendeten Begriffe deren tatsächlichen Verwendungsrahmen fehlerhaft beschreiben oder etwas Falsches oder auch nur Unzureichendes suggerieren.
Bereits die lateinischen Grammatiker wussten, dass Begriffe wie
Maskulinum und
Femininum nur behelfsmäßige Etiketten sind, die aus einer animistischen Vorzeit stammen (oder warum soll
mensa feminin sein?).
Domus ist »Feminium«*),
tempus ist »Neutrum«, dafür ist
poeta »Maskulinum«. An der bloßen Form kann der Bedeutungsrahmen nicht eindeutig abgelesen werden.
Aus sprachwissenschaftlichen Untersuchungen wissen wir, dass Sprachen gewöhnlich ökonomisch ans Reden herangehen. Sie wählen die kürzere Form für eine Gruppenbezeichnung. Im Deutschen ist das die sog. männliche Form. Wir könnten aber genau deshalb auch darauf verzichten, sie »männlich« zu nennen.
Bezeichneten wir sie einfach mit Wörtern, die keinen sexuellen Bezug haben, wäre es nunmehr die Männer, die sich bei einer sagen wir sog. »Grundform« einfach nur als mitgemeint verstehen müssen, während es für ausschließlich weibliche Gruppen eine eigene, sie
heraushebende Form gibt.
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*) Nebenbei:
vĕnus FEM [die Göttin, der Planet] mit kurzem /ɛ/ ≠
vēnus MASK [der Verkauf] mit langem /e:/. So wie wir das gewöhnlich aussprechen, nennen wir die Göttin und den Planeten »Verkauf«.