performa schrieb:
Hab ich ja gelesen.
Aber so einfach ist es nicht.
Statt "seit fünf Jahren mit Umstieg drohen" kann man genausogut hineinlesen: "sich vor fünf Jahren mal mit IBM zusammensetzen und vernünftig Gedanken über die Zukunft machen".
Wenn man in Verhandlungen geht und erst mal klarstellt, dass man ja eigentlich zum Konkurrenten wechseln will, dann hat das für mich nur wenig mit vernünftig Gedanken über die Zukunft machen zu tun.
Das ist ungefähr so vernünftig, wie in einer Beziehung zu sagen: Wenn Du mich nicht liebst, dann bringe ich mich um.
Von andauernden Absprungideen ("seit 5 Jahren") steht da nichts. Schon damals war an einer einigermaßen verlässlichen und konkreten Roadmap in etwa abzusehen, wohin mit Intel die Reise ging (Pentiums für den PC-Bereich).
Vor fünf Jahren war gerade der geplante x86-Nachfolger Itanium gestorben bzw. zum Server-Prozessor geworden, der Pentium 4 war ganz neu und glänzte in erster Linie mit erbärmlicher Performance pro Takt. Akzeptable Notebook-CPUs waren noch überhaupt nicht abzusehen. (Dafür musste dann der alte Pentium III aufgebohrt werden.)
Wohingegen IBM anscheinend eher der unsichere Kantonist war: "First I told IBM that we needed to do it, and then I sold it to Apple".
I.e., das attraktivere Angebot (G5 von IBM) hat sich damals durchgesetzt - und tatsächlich hat es für Apple ja öffentlichkeitswirksam zunächst ganz gut funktioniert ("World's fastest personal computer")
Es ähnelt einem Henne-Ei-Problem: War die Hardware so schlecht, weil aufgrund von Steves Wechselgelüsten nicht mehr investiert wurde, oder hat Steve wechseln müssen, weil die Hardware zu "schlecht" ist?
Die offizielle Begründung, im SEC-Filing, lautet übrigens: Die G4- und G5- PowerPCs seien "obtained from sole or limited sources."
Von besserer Leistung pro Watt oder geeigneteren Prozessoren o.ä. ist da gar nicht die Rede.
Du tendierst zu ersterer Interpretation. Für meine, letztere, denke ich, spricht allerdings, dass Mayer davon spricht, dass "IBM entschieden" habe, keinen Mobile-G5 zu entwickeln, und sich auf anderes zu konzentrieren.
Allerdings war Mayer zu dem Zeitpunkt schon gar nicht mehr bei IBM, kann also eigentlich nur spekulieren, wie es zu der Entscheidung gekommen ist.
Und mal ehrlich: Falls Steves Umstiegsdrohung eine Provokation oder ein Warnsignal für IBM war, dann gilt das auch umgekehrt für anfängliche Lieferprobleme mit dem G5 und den versprochene 3Ghz-G5. Steve stellt sich 2003 bestimmt nicht freiwillig hin und verspricht innerhalb eines Jahres 3Ghz-G5s, um dann von IBM keine zu bekommen und sich öffentlich auf den Rückzug begeben zu müssen.
Wäre er in 2000 auf Intel umgestiegen, hätte er den 5GHz-P4 versprochen, um dann nur zwei Jahre später da zu stehen und 2,13GHz als das beste und schnellste ankündigen zu müssen.
Wahrscheinlicher wäre es aber, dass er überhaupt nirgends mehr stehen würde, als Apple-CEO. Denn wäre Apple 2000 auf Intel umgestiegen gäbe es heute keinen Mac mehr. Ohne Classic und CarbonCFM hätte Mac OS X überhaupt keine Chance gehabt, sich durchzusetzen und hätte das Schicksal mit anderen hervorragenden BS, wie z.B. BeOS geteilt.
Der Umstieg auf Intel ist heute nur eine Fehlentscheidung, die evtl. gut ausgehen kann. Damals wäre sie einem Selbstmord gleich gekommen.
Und wo ist denn der 3Ghz-G5? Immer noch nicht da. Dafür hat Microsoft jetzt 3,2Ghz-TripleCore PowerPCs in der XBOX...
Sicherlich eine kleine Provokation für Steve, und ein deutliches Zeichen, dass sich IBM nicht gerade auf das PC-Geschäft mit Apple konzentriert (wie - siehe oben - Mayer im Interview auch sagt). Sehr fragwürdig, ob da an allem nur "Steves Arroganz" schuld ist...
Wenn da zwei Kunden sind, von denen der kleinere in Verhandlungen verlauten lassen hat, dass er sowieso lieber auf die Konkurrenz setzen würde, der andere aber kontinuierliche Absätze über die nächsten Jahre quasi garantieren kann, wird jeder vernünftige und verantwortungsbewusste Entscheider erst mal dem zweiten eine höhere Priorität bei Investitionen für Entwicklungen einräumen.
Im übrigen: Nachdem Steve und co. sich vor fünf Jahren für den G5 entschieden haben, hatten sie doch genug Anreiz, G5-PowerBooks herauszubringen. So ein Umstieg ist auch nicht "von heute auf morgen" vollzogen. Aber zum G5-PowerBook meint Steve: "I think a lot of you would like a G5 in your PowerBook and we haven't been able to deliver that to you yet."
Zum einen gibt es durchaus G5-Prozessoren, die für PowerBooks geeignet wären (jedenfalls genauso gut, wie die Intel-Teile). Zum anderen gibt es aber den G4, der noch besser geeignet ist. Der einzige Vorteil des G5, die 64-bittigkeit kommt bei PowerBooks heute noch nicht zum tragen. Und der Yonah, wenn er denn in ein Book kommt hat das auch nicht zu bieten.
Die ganze Nummer mit der besseren Performace pro Watt, dem G5, der ja in das PowerBook müsse etc. das hat sich Steve so ausgedacht um den Leuten irgendwie seine Entscheidung zu verkaufen. Scheint ja auch zu klappen.