Hier geht es darum, dass ein bereits ausgehandelter und verabschiedeter Kompromiss von bestimmten Interessengruppen schlicht ignoriert bis konterkariert wurde. Diese Praxis funktioniert nun nicht mehr, und die Beteiligten versuchen nun Mittel und Wege zu finden, wie sie diesen Kompromiss weiter umgehen können.
Genau so isses, und jetzt müssen wir mal gucken, wie wir das einordnen. Riesen-Skandal? - Ja. Aber nur das Ausmaß ist ungewöhnlich, der Vorgang an sich nicht. Es ist typisch für die Art und Weise, wie wir mit der größten Herausforderung unserer Zeit umgehen: Wir wollen, dass es so weitergeht, und wissen, dass es nicht so weitergehen kann.
Warum wir den Kapitalismus so eisern verteidigen, liegt auf der Hand: Er sichert unseren Lebensstandard und ist auch die Grundlage für viele Errungenschaften, die wir nicht aufgeben möchten, Lebenserwartung, Rechtsstaat, Demokratie, Gleichberechtigung und vieles mehr. Das obsessive Festhalten am Kapitalismus erklärt sich aber auch dadurch, dass er nicht nur ein Wirtschaftssystem, sondern faktisch auch unser Gesellschaftssystem ist. "Er ist ein totales System, das alle Lebensbereiche durchdringt", schreibt Ulrike Herrmann treffend. Etwas anderes ist schlicht nicht vorstellbar. Doch leider gibt es eine Umweltgrenze und eine Rohstoffgrenze, beide sind in Sichtweite, "die Einschläge kommen näher". Allein schon der Klimawandel, der heute schon spürbar ist, zeigt das ganz deutlich. Um den geht es letztendlich auch ganz konkret beim Diesel-Skandal, denn der Diesel sollte ja den CO2-Flottenverbrauch senken, um die Klimaziele einzuhalten.
Dieses Zurechtbiegen und Schönrechnen aus purer Hilflosigkeit ist typisch für unsere Zeit. Alles ist jetzt "green" und "bio", ein Label hier, eine Zertifizierung dort, und am Ende ist's egal, was das genau bedeutet. Und dann glauben wir noch allen Ernstes, dass man quantitatives Wachstum, ohne das der Kapitalismus nicht überleben kann, durch "grünes Wachstum" ersetzen und mit Umwelt-Zertifikaten Handel treiben kann, um das Problem zu lösen. Das alles ist natürlich Augenwischerei, aber es ist derzeit unsere einzige (und natürlich äußerst fragwürdige) Überlebensstrategie.
Genau diesen Wahnsinn erkenne ich im Diesel-Skandal wieder. Was nicht passt, wird passend gemacht, notfalls per Software. Und es ist bezeichnend, dass der große Aufschrei ausbleibt. Gut, die Autoindustrie hat jetzt den Schwarzen Peter, die sind schuld, denen müsste man jetzt mal so richtig den Arsch versohlen. Aber keine Partei traut sich, das auch wirklich zu tun. Weil die Wähler ja eigentlich belogen werden wollen, aber bitte ohne Skandal, danke. Das ist beim Umweltschutz so und noch viel schlimmer beim Datenschutz. Da zieren seit Snowdens Enthüllungen Wolken-Icons mit Deutschland-Flagge die Werbeanzeigen: "Server steht in Deutschland", dazu noch "TÜV-zertifiziert".
Bist du der Meinung, dass die jetzigen Grenzwerte keine vernünftige Datenbasis haben?
Nein, ich bin der Meinung, dass ich gerne
wissen würde, ob die jetzigen Grenzwerte eine vernünftige Datenbasis haben und was diese Daten im Hinblick auf die Gesundheitsrisiken bedeuten.