Schule und Ausbildung: Wie kommt unsere Jugend in die Spur?

Wie soll das mit den Tutoren aus höheren Klassen denn funktionieren?
Das kostet dem Tutor doch Zeit, die er zumeist nicht hat. (dicker Lehrplan)
Und welcher Jugendliche macht denn heute noch was umsonst, was ihm seine Zeit kostet?

Das Ganze erfordert natürlich eine tiefgreifende Umorganisation von Schule und Lehrplan.
Warum Jugendliche das machen? Ist toll fürs Ego, wenn man Jüngeren etwas beibringen kann.

Edith: in der Aikido-Kindergruppe, die ich lange trainiert habe, hatte ich auch den einen oder anderen Kasper, der sehr große Probleme mit der Disziplin hatte. Die waren in der Regel wie ausgewechselt, wenn ich ihnen ein wenig Verantwortung übertragen hatte wie z.B. "zeig' dem Neuling mal die Rückwärtsrolle".
 
Am Ende bleibt dann keiner mehr sitzen! Furchtbarer Gedanke!!
Stimmt. Wir brauchen eine Zweiklassengesellschaft. :hehehe:

Letztlich schlägt natürlich irgendwann die Stunde der Wahrheit. An der Uni interessiert sich keiner dafür, ob du eine 1A++ in Singen und Klatschen und Handarbeit hattest und wie dein Persönlichkeitsprofil ist. Das ist ja immer wieder ein beliebtes Argument für das klassische Schulsystem. Je früher du auf das BWL Studium und die Leistungsgesellschaft vorbereitet wirst, desto besser. Sagen viele.

Wenn ich mir aber ansehe, was Kinder durchmachen und wie individuell Entwicklungen sind, dann stelle ich das infrage. Mit 12 spielst du noch mit Modellautos und interessierst sich dann mit 13 für Mädels. Heute ist dein Lebensinhalt noch die Briefmarkensammlung, morgen willst du das Ding verkloppen, um dir ein Mofa zu kaufen. Wieder andere lesen heute noch gerne und morgen gibt es nichts auf der Welt außer Basketball oder Tennis.

Kinder ändern sich aber eben nicht um Punkt 12 Mittags genau 4642 Tage nach ihrer Geburt. Sondern innerhalb ihres Umfelds wann und warum auch immer. Und das bedeutet eben auch, dass sich das auf das Interesse in der Schule auswirkt. Da muss man auch dran bleiben. Irgendwann schlägt die Stunde der Wahrheit im Berufsleben.

Aber meine Güte.. die einen können mit 12 noch keinen geraden Satz sprechen, dafür aber fließend C++, die anderen halten mit 8 ihr erstes einstündiges Referat über die großen Maler des 16. Jahrhunderts.

Irgendwann ist die Pubertät aber rum und dann sind alle wieder mehr oder weniger beieinander. Auf dem Weg dahin sollte man ein bisschen flexibler sein.
 
Wie soll das mit den Tutoren aus höheren Klassen denn funktionieren?
Das kostet dem Tutor doch Zeit, die er zumeist nicht hat. (dicker Lehrplan)
Und welcher Jugendliche macht denn heute noch was umsonst, was ihm seine Zeit kostet?
Innerhalb der Klasse. Jahrgangsstufe 5, 6 und 7 haben zusammen Mathe und bekommen eine Aufgabe. In gemischten Gruppen wird dann die Aufgabe erarbeitet. Das ist recht simpel ausgedrückt aber so ist das Prinzip.

Wir machen zusammen Ökonomie. Du kennst zwar Integrale, weißt aber nicht, wozu du sie brauchst. Ich erkläre dir, wozu sie nützlich sind, bin aber aus der eigentlichen Rechnung raus und brauche da vielleicht Hilfe. Ein Dritter bringt sich ein, indem er die Graphen zeichnet. Usw.

Entscheidend ist, dass eigentlich jeder jedem nützlich sein kann wenn die Mischung stimmt. Und wenn wir grad alle nicht weiter wissen, dann fragen wir den Lehrer.

A soll ja B nicht den ganzen Stoff beibringen. In einer Gruppe gibt es immer verschiedene Typen. Im Idealfall ergänzen sie sich mit ihren Stärken und können die eine oder andere Schwäche auffangen.

Ist jetzt vielleicht ein bisschen sehr philosophisch aber ich fand immer sehr interessant wenn 8 oder 10 Kinder auf dem 80. Geburtstag von Tante Inge zusammen gespielt haben. Von 5-jährigen bis 15-jährigen. Eigentlich könnte man doch meinen, dass der 5-jährige was anderes spielen will als der 15-jährige (der vielleicht lieber bei Facebook rumhängen würde). Aber nada. Die finden irgendwie zueinander.

Kinder sind IMHO oft viel sozialer und offener als Erwachsene. Sowas kann und sollte man fördern.
 
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Irgendwann ist die Pubertät aber rum und dann sind alle wieder mehr oder weniger beieinander. Auf dem Weg dahin sollte man ein bisschen flexibler sein.

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Kinder sind IMHO oft viel sozialer und offener als Erwachsene. Sowas kann und sollte man fördern.

Sorry, dass ich Dich hier etwas kürze, aber ich gebe Dir darin insgesamt Recht, insbesondere bei den letzten beiden Punkten.
Dafür müsste man natürlich das Schulsystem ändern, wozu unsere Politik aber (zumindest in Bayern!) kaum bereit ist.

Ich kenne einige gute Schüler (zugegebenermaßen waren das alle männl. Schüler), die mit der Pubertät drastisch schlechter wurden (zuviel Mädels und Blödsinn im Kopf), sich aber mit 17-18 wieder auf die Reihe gekriegt haben und plötzlich wieder gelernt haben.
Gerade wegen diesen Schwankungen sollte das Schulsystem etwas flexibler sein.
Und eben auch persönliche Stärken mehr fördern als nur einen starren Lehrplan abfragen.
 
Moin,

Ich kenne einige gute Schüler (zugegebenermaßen waren das alle männl. Schüler), die mit der Pubertät drastisch schlechter wurden (zuviel Mädels und Blödsinn im Kopf), sich aber mit 17-18 wieder auf die Reihe gekriegt haben...

Das könne die Mädels aber auch sehr gut...:d
 
Moin,



Jaja, ich weiß. In Bayern sind die Mädels alle brav und sittsam.

Nein, sicher nicht. Ich kenne halt nur keinen Fall. Deswegen gibt es sicher welche.
Aber die Jungs sind vielleicht besonders hormongesteuert? Keine Ahnung. :noplan:
 
Da kenne ich kein Beispiel, aber geschätzt 10 Jungs, denen das widerfahren ist.

Als Vater dreier Mädels nervt mich immer, wenn gesagt wird, dass "Jungs ja viel schlimmer sind".
Das stimmt nicht. Mädels sind anders, aber nicht bräver. Letztes Jahr, als meine Tochter in der 8. war (Gymnasium), haben sich Klassenkameradinnen mittags auf zum Rewe gemacht, um Bier und Radler zu klauen. Dann mussten die in der Mittagspause die Kippen nicht trocken geniessen
 
Jawohl Sire. Ihr Wunsch ist mir Befehl. *salutier*

:crack:

Wobei sich da ja die Frage stellt, wann er das weiß. Wir haben hier einige Berufsfachschulen, die schon relativ früh den Hauptschülern sprechen. Das ist zwar noch kein integrativer Unterricht, funktioniert aber im besten Fall gut. Aber eben auch nur dann. Tendenziell wissen viele nach dem Hauptschulabschluss nicht mal, was sie machen wollen.

Sowas kann man zwar mit Holodans Ansatz vielleicht verbessern, ich persönlich glaube aber, dass "Reformschulen" da einen besseren Ansatz bieten, weil sie auf die Selbständigkeit beim Lernen hinarbeiten.

Das Problem ist, z.B. auch an Montessori Schulen: Viele Schüler haben in der Grundschule bereits Probleme der Motivation, bzw. können sich nicht aufraffen, ihre Hände lediglich zum Schreiben zu benutzen. In die Kategorie fallen dann auch "Extremfälle" wie Kinder mit ADHS und Ähnlichem. Sprich: das sind keine rein kognitiven Probleme. Dann könnte man meinen, dass Reformpädagogik denen mehr Freiheit geben würde, auf ihre Art zu lernen. Meine Erfahrungen (auch mit meinem Bruder) sind jedoch die, dass gerade solche Schüler (von der Art und Weise des Unterrichts unabhängig) klare Strukturen und Vorgaben brauchen und auch mal etwas Strenge genießen müssen.
Reformschulen finde ich, erleichtern es den Kopfmenschen vor allem, ihren eigenen Denkprozessen und ihrer Kreativität freie Bahn zu lassen.

Der Ansatz ist, dass nicht ein äußerer Rahmenlehrplan abgearbeitet werden muss, sondern dass die Kinder ihren Erfolg mitbestimmen. Besonders interessant finde ich dabei das jahrgangsübergreifende Lernen. Es gibt eben Kinder, die sind z.B. in Mathe (da isses wieder :D) etwas langsamer, dafür in Englisch schneller. Unabhängig davon, wie gut das Kind den "Lehrplan" Klasse xy vollumfänglich erfüllt oder ob es total verkackt hat, im nächsten Jahr sitzt das Kind mit anderen zusammen, die eine Stufe unter ihm und eine Stufe über ihm sind.

Auch wenn der Stoff noch nicht ganz sitzt, übernimmt das Kind dann einerseits die Rolle eines Coaches für die Jüngeren und hat aber gleichzeitig auch eine höhere Stufe, die ihn wiederum coacht.

:clap:

Das z.B. keine ich selbst gar nicht, finde ich aber extrem interessant. Man könnte der mangelnden Motivation älterer Schüler ja dahingehend entgegenwirken, dass sie Sozialpunkte sammeln können, die dann wiederum für andere Dinge eingesetzt werden können (z.B. zusätzliche Angebote im Ganztag etc.). Wie auch immer man das anstellt, finde ich die Idee super. Ich kenne solche "Tutoren"-Programme oft eher bei Streitschlichtern oder der reinen Orientierung Jüngerer an der neuen Schule.

Gut finde ich auch deinen Ansatz, dass Menschen mit unterschiedlichen Stärken auch fächerübergreifend zusammenkommen können. Das schafft auch ein Verständnis für das spätere Arbeitsleben, wo am Autobau sowohl Mechaniker, Ingenieure, Designer, BWLer... zusammenkommen und eben nicht einer alleine das komplette Ding plant und baut.

EDIT: Besonders interessant finde ich, dass laut WollMac schon viele gute Ideen in Hamburg umgesetzt und gelebt wurden/werden. Schade nur, dass man sich dann doch oft nicht gemeinsam zu Ende traut, bzw. die Bundesländer sich nicht mehr austauschen.

Wir haben gestern noch in der Uni darüber gesprochen, dass Themen wie längeres gemeinsames Lernen, weniger Selektion und mehr Flexibilität im Schulsystem, etc. bildungspolitisch teilweise schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts diskutiert werden. Dass aber der Konservatismus, die Angst vor bösen sozialistischen Ideen und vor allem das bewusste Kleinhalten der Bevölkerung durch Eliten immer wieder stärker waren und sind. Ein Schelm, wer bei G8 auch daran denkt, dass bestimmten Schichten das Erschweren des Wechsels für Realschüler mit der doppelten 10. Klasse, in die Karten spielen könnte...
 
Moin,

Wir haben gestern noch in der Uni darüber gesprochen, dass Themen wie längeres gemeinsames Lernen, weniger Selektion und mehr Flexibilität im Schulsystem, etc. bildungspolitisch teilweise schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts diskutiert werden. Dass aber der Konservatismus, die Angst vor bösen sozialistischen Ideen und vor allem das bewusste Kleinhalten der Bevölkerung durch Eliten immer wieder stärker waren und sind.

Wie die Initiative "Wir wollen lernen" in Hamburg bewiesen hat.
 
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