Bei den kostenpflichtigen Portalen handelt es sich scheinbar um attraktive Musik-Download-Angebote. Doch wie sieht es mit ihrer Legalität aus?
Mit seinem flexiblen Preisniveau, das von der individuell wählbaren Kompressionsrate der Titel abhängt, nimmt der russische Anbieter "Allofmp3" eine Vorreiterrolle bei derzeitigen Distributionsmodellen ein. Die spanische Konkurrenz "Weblisten" kann derweil von sich behaupten, mit ihrem Gründungsjahr 1997 der am längsten am Markt befindliche Download-Dienst zu sein. Während es auf der Seite des russischen Anbieters von Allofmp3 schon auf der Homepage unverblümt heißt, man orientiere sich nicht an den Urheberrechtsbestimmungen anderer Staaten, proklamiert der spanische Anbieter von Weblisten seinen Dienst als legal und stützt sich hierfür auf mit den spanischen Verwertungsgesellschaften getroffene Lizenzabkommen, die ihm angeblich eine weltweite legale Musiknutzung erlauben.
Legal oder illegal?
Es gibt zwei Gruppen von Berechtigten, die Ansprüche in Bezug auf einen Musiktitel geltend machen können: Auf der einen Seite die kreativen Schöpfer der Musik, nämlich die Komponisten und Texter der Lieder (Urheber), die in der Regel bei einem Musikverlag unter Vertrag stehen. Auf der anderen Seite stehen die Künstler, die die Noten zum leben erwecken. letztere haben an ihrer Darbietung "Leistungsschutzrechte", die sie üblicherweise Tonträgerfirmen (Plattenlabels) übertragen haben. Die Musikverlage und Tonträgerfirmen haben Teile ihrer Rechte zur Wahrnehmung an Verwertungsgesellschaften übertragen. Diese fungieren als Lizenzagenturen. Für die Urheber ist die GEMA, für die Gruppe der
KünstlerfTonträgerhersteller die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) zuständig. Leider verfügen beide gerade im Bereich der Online.Nutzung von Musik nicht über dieselben Rechte. Während die GEMA die Rechte der KomponistenfTexter und Musikverlage für DownloadDienste vergeben darf, haben sich die Tonträgerfirmen dieses Recht zur eigenen Vergabe vor. behalten. Der Betreiber eines deutschen Download-Dienstes kann daher die Rechte der Urheber aller Titel zentral bei der GEMA erwerben; die Rechte der Künstler und Tonträgerfirmen muss er hingegen für jeden einzelnen Titel bei den Tonträgerfirmen abklären. Im Urheberrecht gilt das so genannte Territorialitätsprinzip, nach dem ein Online-Dienst für alle Länder, von denen aus ein Download möglich ist, Lizenzen erwerben muss. Zugleich darf eine deutsche VerwertungsgeseHschaft nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lizenzen vergeben. Um die internationale Lizenzierung zu vereinfachen, haben sich im Jahre 2000 viele nationale Verwertungsgesellschaften im welt. weiten "Santiago"-Abkommen gegenseitig dazu ermächtigt, einem in ihrem eigenen land ansässigen Content-Providerlizenzen für Oownload.Dienste auch für die anderen Mitgliedstaaten zu erteilen. Auf just diese Absprache stützt sich Weblisten und macht geltend, er habe von den spanischen Verwertungsgesellschaften weltweite Lizenzen bis zum Dezember 2008 erworben, Dies mag dem Dienst eventuell zu einer Legalität in Spanien verhelfen; eine Legalisierung in Deutschland liegt damit jedoch nicht vor. Das ist bereits deshalb so, weil die deutsehe GVL die Download-Rechte der Tonträerfirmen schon für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht wahrnimmt sie kann diese üzenzen daher erst recht nicht für andere Länder vergeben. Zuständig hierfür sind allein die jeweiligen Tonträgerfirmen, mit welchen Weblisten nach eigenen Angaben keine Lizenzvereinbarungen abgeschlossen hat. Über das Netz internationaler Abkommen hat Weblisten damit nur die Hälfte der erforderlichen Rechte, nämlich die der Urheber und Verlage, abgeklärt.
Halb legal ist jedoch aus urheberrechtlicher Sicht dennoch illegal, weshalb es sich bei Weblisten und Allofmp3 auf deutschem Boden und nach deutschem Urheberrecht trotz Kostenpflichtigkeit um illegale Dienste handelt.
Die Konsequenz
Speichert der Nutzer die käuflich erworbene Musikdatei auf seiner Festplatte, einem sonstigen (mobilen) Endgerät oder einem Datenträger, so nimmt er aus urheberrechtlicher Sicht eine Vervielfältigungshandlung vor. Für diese benötigt er entweder die Genehmigung des Rechteinhabers oder eine Gestattung von Gesetzes wegen. Da es an der erforderlichen Genehmigung der Tonträgerfirmen, wie oben dargestellt, gerade mangelt, stellt sich die Frage, ob sich der Nutzer auf die gesetzliche Ausnahmebestimmung der zulässigen Privatkopie nach 953 Absatz 1 des Urheberrechtsgesetzes berufen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass es sich bei den in den Musikportalen verwendeten Dateien nicht um eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage handelt. Wann dies genau der Fall sein soll, hat der Gesetzgeber im Zuge der Einführung dieser Vorschrift im Jahre 2003 nicht konkretisiert. Durch das Kriterium der Offensichtlichkeit soll insbesondere der gutgläubige Nutzer geschützt werden. Um einen solchen handelt es sich etwa dann nicht, wenn Filme oder Musiktitel vor deren offiziellem Veröffentlichungstermin bereits im Netz kursieren oder kommerzielle Musiktitel kostenlos in Peerto-Peer Tauschbörsen angeboten werden. Genau das ist bei Weblisten und Allofmp3 nicht der Fall. Bei Weblisten zumindest dürfte angesichts der doch recht komplizierten Über1egungen, die die illegalität des Dienstes begründen, nicht von einer Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit auszugehen sein. Dem Nutzer ist es auf jeden Fall nicht zuzumuten, vor der Inanspruchnahme des Dienstes erst einmal einen Anwalt zu kon. sultieren. um die Legalität der, Vorlage überprüfen zu lassen. Gleiches gilt wohl für Allofmp3: Mit deren Disclaimer, die Verant. wortlichkeit der Nutzer hänge von der lokalen Gesetzgebung,.... ab, deren jeweiligen Vorgaben Allofmp3 nicht nachkomme" müssen sich dem aufmerksamen t Nutzer vielleicht Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Dienstes aufdrängen. Zweifel an der Rech mäßigkeit sind jedoch gerad' nicht mit der offensichtlich~ Rechtswidrigkeit eines Portals gleichzusetzen. Eine Rechtsver. letzung im zivilrechtlichen- oder gar strafrechtlichen Sinn liegt. daher wohl nicht vor. Durch die in Kürze anstehenden Modifizierungen der Privatkopie im ,,2."'1..:. Korb" der Urheberrechtsreform wird die momentan vorliegende" Grauzone bezüglich des Kriteri. ums der "offensichtlichen Rechtswidrigkeit" nicht aufgehellt. Zwar sollen in Zukunft nicht nur offen. sichtlich rechtswidrig "hergestellte", sondern auch "öffentlich zugänglich gemachte", sprich ins Netz gestellte, Quellen eine Privilegierung der Privatkopie zunichte machen. Das Kriterium der "Offensichtlichkeit" wird damit aber beibehalten und harrt einer Klarstellung durch die Gerichte. Solange die Auslegung der "offensichtlichen Rechtswidrigkeit" nicht gerichtlich geklärt ist, bergen die aus Nutzersicht attraktiven Angebote für diesen das geringe Risiko, dass ein Richter bei Zahlangeboten trotz der nach außen bestehenden Seriosität und Professionalität von "offensichtlich" rechtswidrigen Angeboten ausgeht.