spoege
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Unter "Mitte" verstehe ich die Wählerschicht, die Merkel wählen. Das ist keine politische oder gar programmatische Position, sondern eine unscharfe, gleichzeitig konservative wie soziale und von christlicher Ethik geprägte Grundhaltung. Diese "goldene Mitte" sagt "einerseits, aber andererseits auch", ist sehr vorsichtig und vertritt eigentlich unvereinbare Standpunkte gleichzeitig, weil sie sich ungern festlegt.Mich würde mal interessieren, wo du die Grenze zwischen "antipolitischem kleinbürgerlichen Milieu" und "Mitte" ziehen würdest. Ich wüsste da kaum zu trennen.
Unter "antipolitischem kleinbürgerlichen Milieu" verstehe ich die Angehörigen des unteren Mittelstandes, die sich unverstanden, abgehängt und von den Eliten betrogen fühlen. Sie sind weit weit weniger politisch informiert als "die Mitte" und stärker von Ressentiments und Ängsten vor Besitzstandsverlust und sozialem Abstieg geprägt. Ihre politischen Positionen sind die der AfD, sie neigen zu Ausgrenzung und Abschottung, sie wollen einen Staat, der mehr durchgreift (in ihrem Sinne natürlich). Das Deutschsein ist für sie eine Frage der Abstammung, nicht des Lebensmittelpunktes.
Aber klar, eine scharfe Grenze lässt sich zwischen diesen Wählerschichten nicht ziehen, sie gehen ineinander über. Und interessanterweise haben viele Menschen aus dem apolitischem kleinbürgerlichen Milieu bisher die Linke gewählt. Natürlich möchte die Partei diese Stimmen nicht an die AfD verlieren.
Diese Wählerwanderungen zeigen mE auch, dass die Einteilung der politischen Haltungen in links, rechts und Mitte inzwischen kaum noch brauchbar ist. Die Bevölkerung spaltet sich zunehmend, die Parteien werden zu politischen Marken und betreiben Marketing nach Wähler-Zielgruppen.
Dabei werden alle zusammen immer populistischer – was ihre Wahlprogramme angeht. Was sie dann an Politik wirklich umsetzen, wenn sie tatsächlich in Regierungsverantwortung kommen, ist eine andere Frage.