Mehr Demokratie - Gegen Wahlen

Expertenanhörungen bei denen nur genehme Experten gehört werden.
Auf solche Expertenanhörungen kann man getrost verzichten.
In den Ausschüssen kann jede Fraktion die Experten benennen, die sie für relevant hält.

Dein Politikbashing ist mir zu pauschal. Ich nenne mal ein Beispiel, mit dem du sicher etwas anfangen kannst: Die größer werdenden Wolfspopulationen in Niedersachsen. In den betroffenen Regionen werden sie von einigen Menschen als Gefahr für sich selbst oder die eigenen Nutztiere empfunden. Also fordern sie von ihren Abgeordneten, die Wölfe dem Jagdrecht zu unterstellen und zum Abschuss freizugeben. Diese Forderung hatten sich zunächst insbesondere die Abgeordneten der CDU und der FDP zueigen gemacht.

Bei den Anhörungen der Experten im zuständigen Ausschuss zeigte sich dann aber, dass dies keine Lösung ist. Unter den Experten waren Umweltschützer, Landwirte, Schafhalter und Jäger. Also nicht "nur genehme", wie du unterstellst, sondern Betroffene und beruflich mit dem Thema befasste. Selbst die Jagdverbände äusserten sich ablehnend.

Die Folge: Am Ende blieb die FDP alleine. Selbst die CDU nahm Abstand von dem Plan, den Wolf dem Jagdrecht zu unterstellen. Einige Abgeordnete, die das bis dahin lautstark gefordert hatten, enthielten sich dann der Stimme oder gingen während der Abstimmung Kaffee trinken, um zuhause nicht blöd dazustehen. Aber der Antrag wurde abgelehnt.
 
In den Ausschüssen kann jede Fraktion die Experten benennen, die sie für relevant hält.

Dein Politikbashing ist mir zu pauschal. Ich nenne mal ein Beispiel, ...


gut, ich nenne auch ein Beispiel: Ausschuss zur Lösung der Standort Frage Entsorgung Kernenergie.

Dort wurde bewusst kritische, dafür aber sehr Kompetente Fachleute entgegen der Empfehlung der Grünen nicht eingeladen.

Mit ein bisschen Googeln kann man bei diesen (und ähnlichen Themen: Umwelt/Verkehr) xxx Beispiele finden. Bis hin zu Gesetzen die durch Fachanwälte der Autoindustrie geschrieben wurden, Pardon: "empfohlen wurden" - dann aber komischer weise quasi eins zu eins übernommen.

Als nächstes Thema muss ich nur die Bertelsmann Stiftung nennen ....
Die hat "Empfehlungen" ausgesprochen die so einem Typen zugerechnet werden, der gerne in Brasilien mit Nutten rum gemach hat (Übrigens rechtsgültig verurteilt)

Mein Politikbashing ist gar nicht pauschal, sondern sehr tief gehend.
Ich hatte es schon mal angedeutet. Mein Vater war ein hohes Tier in dem Politik Betrieb und hat unzählige Akten zu Hause gehabt. Und seit dem ich mich durch diese gelesen habe weiß ich was ich denken muss.
 
gut, ich nenne auch ein Beispiel: Ausschuss zur Lösung der Standort Frage Entsorgung Kernenergie.
Dort wurde bewusst kritische, dafür aber sehr Kompetente Fachleute entgegen der Empfehlung der Grünen nicht eingeladen.
Dieser parlamentarische Ausschuss ist mir unbekannt. Es gibt den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit des Bundestages, aber mit der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Atommüll befasst sich der nicht. Dafür wurde vom Bundestag ein externes Gremium installiert, das zu einem Teil aus "Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen" bestand und eine eigene Geschäftsordnung hatte, die "Endlagerkommission". Meinst du die vielleicht? Da wüsste ich allerdings auch nicht, welchen Experten die Vertreterinnen der Grünen benannt hätten, der dann abgelehnt wurde.

Wie auch immer, deine Aussage, in den parlamentarischen Ausschüssen würden nur "genehme" Fachleute angehört, ist so pauschal einfach falsch.

Und die eigentliche Frage des Threaderstellers lautet ja "Mehr Demokratie – gegen Wahlen". Bei aller berechtigten Kritik an unserer Parteiendemokratie: Ist hier wirklich jemand "gegen Wahlen"? Also dagegen, dass Mandatsträger in die Parlamente gewählt werden?

Ausserdem würde mich interessieren, wer von euch wirklich bereit wäre, für zwei Jahre als ausgeloster Mandatsträger in den Bundestag zu gehen und dort politisch zu arbeiten.
 
Ausserdem würde mich interessieren, wer von euch wirklich bereit wäre, für zwei Jahre als ausgeloster Mandatsträger in den Bundestag zu gehen und dort politisch zu arbeiten.

Ich würde das machen. Mal zwei Jahre etwas ganz anderes tun und Politik aus nächster Nähe erleben und mitgestalten - fänd ich super. Auch wenn's viel Arbeit ist.

Da stellt sich natürlich die Frage, wieso ich nicht gleich in die Politik gegangen bin. Die Antwort: Das geht ja nur, wenn man vorher den Leuten das Blaue vom Himmel runterlügt. Das Losverfahren hat also schon einen schlagenden Vorteil: Man muss kein charmanter Dauergrinser sein, um Politik machen zu können. Man muss auch nicht auf jede neue Volksbefindlichkeit mit markigen Sprüchen reagieren, denn nach zwei Jahren ist es ja sowieso vorbei. Es gibt eben keine Wahlen, die verloren gehen könnten.

Politik finde ich interessant. Aber wenn es etwas gibt, dass ich einfach nicht fertigbringen würde, dann sind das solche Nummern wie die von Sahra Wagenknecht. Und die muss man als Politiker, der Wahlen bestehen will, schon draufhaben. Per Los bestimmte "Quereinsteiger" wären davon befreit. Finde ich gut.
 
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Aber umgekehrt könnten aber auch ,, sagen wir "weniger freundliche" Personen
an die falschen Stellen kommen.
Ist jetzt ja auch schon so,ändern würde das die Arbeit der Lobbyisten auch nicht.
Im Gegenteil , es würde deren "Wirken" sogar verstärken.

Denn Nicht-Profis wären komplett auf Externe Zuträger angewiesen.
Beispiel : Oma Erna soll mit über den "Änderungsantrag zur Anpassung des Renteneintrittsalters
unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenserwartung und des Morbiditäsfaktors im Jahre 2030" mitentscheiden.....
Oder Onkel "Adolf" aus Sachsen über "Weiterführung des Untersuchungssauschuß zur N*U-Affäre
der Nachrichtendienste und deren Versäumnisse"
 
Denn Nicht-Profis wären komplett auf Externe Zuträger angewiesen.
Beispiel : Oma Erna soll mit über den "Änderungsantrag zur Anpassung des Renteneintrittsalters
unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenserwartung und des Morbiditäsfaktors im Jahre 2030" mitentscheiden.....
Oder Onkel "Adolf" aus Sachsen über "Weiterführung des Untersuchungssauschuß zur N*U-Affäre
der Nachrichtendienste und deren Versäumnisse"

Solche Interessenskonflikte kann es doch auch heute schon geben. Eine Partei, die viele Stimmen vom älteren Teil der Bevölkerung bekommt, macht beispielsweise vor der nächsten Wahl auch mal ein nettes Wahlgeschenk für Rentner.
Und Politikern aus der NPD würde ich jetzt auch mal pauschal unterstellen, dass sie an dem NSU-Ausschuss weniger Interesse haben.

Viel schlimmer ist meiner Meinung nach, dass dann auch zufällig Leute ausgelost werden, die für den Job so gar nicht geeignet sind. Und damit meine ich nicht unbedingt fehlendes Fachwissen, aber beispielsweise fehlende Intelligenz um sich das nötige Wissen überhaupt aneignen zu können oder komplexe Themen mit der nötigen Sorgfalt bearbeiten zu können.
 
Da stellt sich natürlich die Frage, wieso ich nicht gleich in die Politik gegangen bin. Die Antwort: Das geht ja nur, wenn man vorher den Leuten das Blaue vom Himmel runterlügt.
Ich kenne ein paar Politiker, die den Leuten keineswegs "das Blaue vom Himmel herunterlügen". Beispiele: Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel, bis 2007 grünes Parteimitglied, danach Linker. Meiner Ansicht ein ebenso seinen Überzeugungen treuer Mensch wie Christian Ströbele. Aber bis zu den obersten Sprossen der politischen Karriereleiter steigen solche Menschen in der Regel auch nicht, da hast du sicher recht.

Aber "die Politik" ist ja nicht nur der Bundestag, sondern auch die Landtage und Kommunalparlamente. Für letztere braucht man keine Parteikarriere zu machen, es gibt überall Bürgerlisten oder EinzelkämpferInnen, die nicht gelogen und betrogen haben, aber trotzdem gewählt worden sind. Politik beeinflussen können die in der Kommunalpolitik fast immer, mancherorts stellen die sogar Mehrheiten. Trotzdem finden sich nicht genug Menschen, die bereit sind, zu kandidieren.

Diese geringe Motivation in der Bevölkerung, sich ist für das Gemeinwesen zu engagieren, ist mE ein Hauptproblem, wenn man nach Alternativen zum parlamentarisch-repräsentativen System sucht. Um überall zweite Parlaments-Kammern mit zugelosten Bürger-Abgeordneten aufzuziehen, braucht es eine Menge Leute. Erst recht dann, wenn das Losverfahren nach einer "ausgeklügelten Statistik" stattfindet, die nur einen kleinen Teil als geeignet aussiebt.
 
… Nicht-Profis wären komplett auf Externe Zuträger angewiesen.
Beispiel: Oma Erna soll mit über den "Änderungsantrag zur Anpassung des Renteneintrittsalters
unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenserwartung und des Morbiditäsfaktors im Jahre 2030" mitentscheiden.....
Wenn ich ehrlich bin, könnte ich das ebenso wenig. Und: Ich habe einfach kein Interesse an politischen Fachgebieten wie Finanzen, Volkswirtschaft oder Justizwesen. Und auch keine Lust, mich da einzuarbeiten. Meine Interessen liegen woanders, und da engagiere ich mich auch ehrenamtlich. Ich denke, das geht allen politisch Interessierten ähnlich, kaum jemand ist Generalist.
 
Beispiel : Oma Erna soll mit über den "Änderungsantrag zur Anpassung des Renteneintrittsalters
unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenserwartung und des Morbiditäsfaktors im Jahre 2030" mitentscheiden.....

Wenn Oma Erna aber neben der 22-jährigen, alleinerziehenden Mandy B. aus Steinbach an der Wied sitzt, könnte da letztendlich was Gescheites bei raus kommen.
Zumindest besser, als wenn nur 64-jährige Nebenerwerbsjuristen darüber entscheiden, die ihre Schäflein eh schon lange im Trockenen haben.
 
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Also ich würde es tun.

Aber umgekehrt könnten aber auch ,, sagen wir "weniger freundliche" Personen

an die falschen Stellen kommen.

Ist jetzt ja auch schon so,ändern würde das die Arbeit der Lobbyisten auch nicht.

Im Gegenteil , es würde deren "Wirken" sogar verstärken.


Denn Nicht-Profis wären komplett auf Externe Zuträger angewiesen.

Beispiel : Oma Erna soll mit über den "Änderungsantrag zur Anpassung des Renteneintrittsalters

unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenserwartung und des Morbiditäsfaktors im Jahre 2030" mitentscheiden.....

Oder Onkel "Adolf" aus Sachsen über "Weiterführung des Untersuchungssauschuß zur N*U-Affäre

der Nachrichtendienste und deren Versäumnisse"


Aber vllt kommt es dann in der Rentenfrage endlich zu der Lösung, dass wieder ALLE und ohne Beitragsbemessungsgrenze in die Töpfe der Sozialkassen bzw. Rentenkasse einzahlen und die starken Schultern auch endlich wieder mehr Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Wer weiß das schon? Wenn da 600 oder 1200 Bürger in einer 2. Kammer säßen traue ich ihnen schon zu intuitiv eine sinnvolle, nachhaltige und unabhängige gesamtgesellschaftliche Entscheidung zu treffen

Letzten Endes würde auch nicht mehr oder weniger Schmu laufen als es jetzt auch schon tut. Die Politik und die Parteien sind in diesem System die Geiseln der nächsten Wahl. Unsere Bundeskanzlerin ist ja ein gutes Beispiel für die nach mir die Sintflut Mentalität. Für jeden ist es absehbar, dass ab 2020 das Rentensystem auf sehr wackeligen Beinen stehen wird, wenn die Boomgeneration in Rente kommt und sie spekuliert auf eine natürliche CDU Wahlmüdigkeit bis dahin, damit der politische Gegner die Suppe auslöffeln darf ala Agenda 2010


Es ist aber unpopulär wie oben vorgeschlagen die starken Schultern anzuzapfen, weil die Parteien und zwar durch die Bank durch abhängig von den Spenden dieser starken Schultern sind.


Wie wollen wir diese Unabhängigkeit von den Geldgebern und der nächsten Wahl denn sonst wieder in unser System bekommen, die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte minimieren?


Wir hier in Deutschland haben mit der Gewaltenteilung vermutlich eines der besten Systeme der Welt, perfekt ist es aber allen Anschein nach noch nicht. Die Fehlentwicklungen durch das Parteiensystem und die viel zu selten gehörte Stimme des Volkes würde ich als Schwachstellen bezeichnen.
 
Wenn Oma Erna aber neben der 22-jährigen, alleinerziehenden Mandy B. aus Steinbach an der Wied sitzt, könnte da letztendlich was Gescheites bei raus kommen.
Die beiden müssten dann unter anderem noch über diese Punkte entscheiden (Auszug aus der Tagesordnung des niedersächsischen Landtages morgen bis Freitag):
  • Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Wasserverbandsgesetz,
  • Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufnahmegesetzes und des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich
  • Zukunftsprogramm „Digitale Lehre“
  • Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen
  • Schutzgebietsbetreuung vor Ort durch Ökologische Stationen
  • Personelle Ausstattung in den Pflegeheimen
  • Reform der Pflegeberufe
  • Tempo 30 - Modellversuche
  • Unterstützung für Betreuungsvereine
  • Förderung der Agrarwirtschaft
  • Gestaltung des Rechtsreferendariats
  • Reform der Familienleistungen
Das kostet eine Menge Einarbeitungszeit für Mandy und Oma Erna. Angesichts dieser Fülle an unterschiedlichsten Themen werden sie das gleiche tun wie die Profis: Sich in Gruppen und Fraktionen organisieren, arbeitsteilig vorgehen und externe Beratung von Experten einholen.

Und dann wird es Kritik hageln, weil einige sich mit Lobbyisten eingelassen, andere bei Profipolitikern Rat geholt und wieder andere ihr eigenes Umfeld bedacht haben. Einige der ausgelosten Abgeordneten werden intellektuell nicht in der Lage sein, die Komplexität der Sachverhalte überhaupt zu erfassen, und schwere Fehler machen.

Da die richtigen, integren Menschen hineinzulosen, wird eine schwierige Aufgabe sein. Die Vorstellung, dass ein Losverfahren automatisch zu einer produktiven Zusammensetzung eines Bürgerparlaments führt, weil man die Parteikarrieristen damit ausschliesst, halte ich für naiv.
 
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Diese geringe Motivation in der Bevölkerung, sich ist für das Gemeinwesen zu engagieren, ist mE ein Hauptproblem, wenn man nach Alternativen zum parlamentarisch-repräsentativen System sucht. Um überall zweite Parlaments-Kammern mit zugelosten Bürger-Abgeordneten aufzuziehen, braucht es eine Menge Leute. Erst recht dann, wenn das Losverfahren nach einer "ausgeklügelten Statistik" stattfindet, die nur einen kleinen Teil als geeignet aussiebt.


Ich denke das ausgeklügelte Losverfahren zielt eher darauf ab eine gleichmäßige Aufstellung von jungen Menschen bis Rentnern, Menschen mit Migrationshintergrund usw. zusammenzubekommen um eine wirklich repräsentative Abbildung der Gesellschaft zu erzielen.
 
Die Vorstellung, dass ein Losverfahren automatisch zu einer produktiven Zusammensetzung eines Bürgerparlaments führt, weil man die Parteikarrieristen damit ausschliesst, halte ich für naiv.

Vielleicht habe ich das Thema des Threads falsch verstanden, aber es ging doch in den ersten Beiträgen auch um alternative oder weiterentwickelte Modelle zur parlamentarischen Demokratie, oder?

Derzeit ist es nach meinem Empfinden so, dass es theoretisch jedem möglich ist, sich in der Politik (egal auf welcher Ebene) zu engagieren. Es zeigt sich aber, dass dieses Modell eine ganz bestimmte Art Menschen fördert bzw. deren Einflussnahme begünstigt. Von daher finde ich die Idee, dass man alle Menschen gleichermaßen dazu zwingt, sich Gedanken zu machen, erstmal gar nicht uninteressant. Und ich glaube, das könnte die Demokratie durchaus voranbringen und die Politikverdrossenheit reduzieren.

Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Menschen wieder anfangen würden, sich mehr für die politischen Entscheidungen zu interessieren, da sie sich besser mit den Entscheidungsträgern identifizieren können.
 
Derzeit ist es nach meinem Empfinden so, dass es theoretisch jedem möglich ist, sich in der Politik (egal auf welcher Ebene) zu engagieren. Es zeigt sich aber, dass dieses Modell eine ganz bestimmte Art Menschen fördert bzw. deren Einflussnahme begünstigt. Von daher finde ich die Idee, dass man alle Menschen gleichermaßen dazu zwingt, sich Gedanken zu machen, erstmal gar nicht uninteressant. Und ich glaube, das könnte die Demokratie durchaus voranbringen und die Politikverdrossenheit reduzieren.
Das denke ich auch. Und der Autor, auf dessen Idee sich der Threadstarter bezieht, will ja auch die Wahlen gar nicht abschaffen, auch die BerufspolitikerInnen nicht. Er will sie um eine zweite Parlamentskammer ergänzen, wenn ich das richtig verstanden habe, in der nur ausgeloste BürgerInnen sitzen. Dass diese Idee praktikabel ist, bezweifle ich, nicht die Idee der Bürgerbeteiligung an sich.

Es gibt schon einige Arbeiten zum Thema Teilhabe der Gesellschaft am politischen Leben. (Im Atomkraft-Thread hatte ich mal Überhorst verlinkt, der da sehr weitgehende Ideen entwickelt hat.) Meiner Ansicht nach entwickelt sich bürgerliches Engagement dort, wo Menschen sich betroffen fühlen. Und das ist eher bei regionalen Themen der Fall, oder bei speziellen persönlichen Situationen, z.B. in der Genderproblematik, Schule, das kann alles mögliche sein.

Aber aus interessierten BürgerInnen für zwei Jahre politische Generalisten machen zu wollen, also zu Politikerkopien, nur ohne deren Professionalität, und ihnen die Entscheidungen zu Thema aufzubürden, mit denen sie sich nie befasst haben, das halte ich für falsch.

Ich finde es aber richtig, politisches Engagement in der Bevölkerung zu fördern und zu kanalisieren. Mir würde da eher eine Art Rätesystem vorschweben, das die professionelle Politik auf allen Ebenen begleitet, kontrolliert und korrigiert. Dazu müssten diese Räte allerdings mit entsprechenden Rechten ausgestattet werden, z.B. auf Dokumenteneinsicht und Vorladungen.
 
Da die richtigen, integren Menschen hineinzulosen, wird eine schwierige Aufgabe sein. Die Vorstellung, dass ein Losverfahren automatisch zu einer produktiven Zusammensetzung eines Bürgerparlaments führt, weil man die Parteikarrieristen damit ausschliesst, halte ich für naiv.

Ich auch. Aber vielleicht geht eine Kombination aus Losverfahren (um Lobbyisten nicht gleich Tür und Tor zu öffnen) und Auswahlverfahren. Dazu müsste man dann zunächst eine vergleichsweise hohe Anzahl an Mitbürgern auslosen, ihnen die Möglichkeit einer Bewerbung anbieten (nicht aufdrücken), die (vermutlich wenigen) Interessierten zur Fortbildung schicken und danach mal schauen, wer dabei durch qualifizierte Mitarbeit aufgefallen ist und immer noch will. Das klingt ein wenig umständlich, ist es auch, halte ich aber für machbar.

Ich finde die Vorstellung eines wenigstens teilweise vom Pop-Zwang entkoppelten Politikbetriebes derart verlockend, dass ich sie (noch) nicht aufgeben mag. Auch wenn deine Einwände ziemlich schlagkräftig sind.
 
Hallo Forum,


hier wird in einigen Threads ja auch Kritik an unserer jetziger Demokratie geübt. Die Kritik kommt aus allen Richtungen und setzt an den verschiedensten Punkten an, ohne das wirklich ein Ergebnis rauskommt wie diese Entwicklung gestoppt bzw. verhindert werden könnte.


Hier in Deutschland richtet sich die Kritik oft an die Parteien selbst. Parteien sind von Parteispenden abhängig, worunter ihre Unabhängigkeit leidet. Weiter gibt es den Fraktionszwang, was den ersten Punkt nicht unbedingt entkräftet. „Kannst wählen was du willst, machen eh alle das selbe“ ist ein oft gehörter Kommentar.


In Italien gibt es zum Beispiel die 5 Sterne Bewegung, welche einige interessante Ansätze hat die auch in Deutschland viel Gehör finden wie die Amtszeit von Politiker auf 2 Wahlperioden zu begrenzen oder ihnen Nebentätigkeiten in Aufsichtsräten großer Konzerne zu verbieten um Interessenkonflikte oder gar Lobbyismus zu verhindern.


Das sind alles gute Ansätze, aber mehr Demokratie bedeuten diese alle letzten Endes auch nicht. Hier werden immer Volksabstimmungen eingebracht, die aber in dem Umfang die Politik eines ganzen Landes mitzubestimmen kaum umsetzbar sind.


Jetzt wurde letzten Montag in der Sendung Andruck im Deutschland Funk das Buch „Gegen Wahlen“ von dem belgischen Historiker David Van Reybrouck vorgestellt. Er plädiert für ein Parlament, welches sich aus einem durch Losverfahren ausgewählte Bürger zusammensetzt wie es in der Rechtssprechung heute schon teilweise der Fall ist.


Hier mal der Link zum DLF Podcast, der das Buch und die Idee in Kürze gut zusammenfasst


http://www.deutschlandfunk.de/demok...t-waehlen.1310.de.html?dram:article_id=362458


Mich begeistert die Idee, weil die Menschen keine Ohnmacht mehr empfinden würden. In einem 2 Kammer System könnte die Stimme des durchschnittlichen Bürgers wirklich Gehör finden ohne dass es zu einer Diktatur der Mehrheit kommt und das Interesse, das Verständnis für die Komplexität der Sachverhalte würde zunehmen.


Was haltet ihr von dieser Idee?


Ich persönlich halte gar nichts von dieser Idee. Politik ist, da gibt es zur Zeit ein ganz großes Missverständnis, keine Bürgerinitiative. Die repräsentative Demokratie ist ein sehr gutes System. Zur Zeit befindet es sich nur leider in einer gewissen Schieflage. Es gibt zu viele Berufspolitiker/-innen. Es gibt zu viele ungebildete Leute in der Politik. Es gibt zu viele Karrieristen in der Politik. Es gibt zu wenige Leute mit Haltung in der Politik. Man denkt nur an sich, redet von Land und Bürgern, denkt nur an sich. Aber bei allem Unmut über unsere Politiker/-innen: wir sind es selbst. Denn wir, alle, die Gesellschaft, befördern diese Leute über die Kreisverbände durch die Parteien bis nach oben in die Ministerien. Es ist eine Schande, dass Leute wie Heiko Maas Justizminister und jemand wie Ursula von der Leyen Verteidigungsministerin sein können.
 
Stimmt. Dafür ist hier nicht der richtige Rahmen weil das Verständnis für das Buch fehlt. Sorry.

es gibt ganz sicher einige die sich darüber austauschen würden.
Ich fürchte aber, das das so endet, das wieder ein paar altgediente und respektierte Nutzer hier raus geschmissen werden.

Das Spiel hatten wir doch bereits :teeth:

Und ja, es wird bestimmt spaßig wenn in bestimmten Gegenden Menschen ins Parlament geschickt werden die seit circa 30 Jahren ihr eigenes "kulturelles Ding" machen.

Mit diesen "Seiteneffekten" werden dann die Menschen hier leben müssen.
 
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