Hallo Krill,
um mal etwas zu verdeutlichen:
Ich versuche nicht auf Teufel komm raus jemanden von der Digitaltechnik zu überzeugen, auch wenn ich selbst aus praktischen Gründen nur noch digital arbeite.
Eigentlich versuche ich das nüchtern zu sehen, nur wer ist schon völlig neutral.
Krill schrieb:
Die Argumente Auflösung/Betrachtungsabstand ist ja eine alte Debatte, die im Zusammenhang mit "analog oder digital" immer wieder geführt wird.
Diese Debatte ist eigentlich so alt wie die Fotografie selbst, oder fast.
Die Industrie mußte sich ja aus ökonomischen Gründen mal den Kopf darüber zerbrechen, wie weit man technisch sinnvollerweise gehen sollte. Machbar wäre durchaus mehr, aber eben zu deutlich höheren Kosten.
Also hat man untersucht, was unsere Augen überhaupt wahrnehmen können.
Da, wo unsere Augen keine Unterschiede mehr wahrnehmen können, dürfte eine sinnvolle Grenze liegen. Sei es bei der Schärfe, der Farbdifferenzierung oder sonst was.
Ein Problempunkt ist sicherlich, welche Betrachtungsbedingungen man bei all dem zu Grunde legen sollte. Auch dafür hat man Untersuchungen angestellt.
Man hat sich die Frage gestellt: Wie betrachten "normale Menschen" ein Foto.
Dabei hat man festgestellt, das Menschen ein Foto aus einem bestimmten Abstand anschauen. Dieser Abstand hängt mit unseren Sehfähigkeiten und der Bildgröße zusammen. Diesen Abstand hat man für die "notwendige Bildqualität" zu Grunde gelegt.
All diese Punkte werden z.B. bei der Objektiventwicklung einbezogen.
So gut wie nötig, aber auch so preiswert wie möglich.
Mit Grenzüberschreitungen nach oben und unten.
Aber wie das mit Normen nun mal so ist, sie können nicht sämtliche Extremfälle mit abdecken.
Beispiel: Extreme Vergrößerung aber Betrachtung aus der Nähe oder sogar mit der Lupe. Wenn Du unter diesen Bedingungen das Auge des Betrachters auch noch zufriedenstellen willst, mußt Du entsprechend höheren Aufwand und Kosten einkalkulieren. Völlig unabhängig von Analog oder Digital.
Krill schrieb:
Der Cramer scheint als Landschaftsfotograf mit Vorliebe für Wasser eine Auflösung zu brauchen, bei der man auch 70X100cm Abzüge noch aus nächstem Abstand betrachten kann.
Ich will mich mal in esoterische Gefilde begeben: Als Maler würde ich das Korn/Pixelproblem mit dem Maluntergrund vergleichen.
Ein mit pastuoser Ölfarbe auf eine Leinwand gemaltes Bild, in der sich Pinselauftrag und Untergrundstruktur abzeichnen, führt zu organischen, lebendigen Flächen und Farbspielen. Mit zunehmender Nähe lösen sie auf in unregelmässige Farbstrukturen, die m. E. aber nicht unangenehm wirken, sondern immer einen optischen Reiz haben. (Wie Detailvergrösserungen in Kunstbüchern zeigen.) So ein Bild kann man aus unterschiedlichsten Abständen angucken, es ist immer interessant.
Ein mit Acryl auf Reinzeichen-Karton oder Aluminium gespraytes Bild ist dagegen glatt im Farbauftrag und in den Farbflächen vollkommen homogen - und aus geringem Abstand einfach langweilig.
Dem entsprechend empfinde ich digitales Rauschen und Pixelfraktale als klinisch-technische Struktur, bei dem man naturgemäss immer einen Mindestabstand braucht.
Und das wirkt sich meiner Meinung nach dann doch irgendwie auf die gesamte Anmutung des Bildes aus.
Oder ist das Einblidung? (Es wäre mal ein interessantes Experiment, parallel digital und analog Fotos von den gleichen Motiven zu machen und im Blindtest zu vergleichen.)
Das ist keineswegs esoterisch, es ist auch keine Einbildung, es muß aber auch zum Sujet passen.
Auch der Bildrahmen, seine Form, sein Material muß passen und nicht zuletzt natürlich auch die Bildgrösse.
In der Architektur ist es doch ähnlich.
Ich schaue mir auch lieber ein altes verwittertes Gebäude aus längst vergangenen Zeiten an, als einen modernen, glattflächigen Stahl- und Glaspalast.
Unsere Augen freuen sich, wenn sie was zu tun bekommen.
Filigrane Details, feine Farbtöne, unregelmäßige Formen, sanfte Rundungen!
Wie langweilig sind schnurgerade Kanten und glatte Flächen.
Allerdings: Wirkt das alte Haus auf einer Digitalaufnahme weniger verwittert?
Oder auf einer Analogaufnahme noch ein bißchen verwitterter?
Müßte man mal ausprobieren.
Das digitale Bilder oft etwas klinisch, aseptisch wirken, ist mir auch schon oft aufgefallen.
Allerdings ist mir dabei was anderes durch den Kopf gegangen.
Den gleichen Eindruck hatte/habe ich oft auch bei Fotos, die im Studio bei perfekter Ausleuchtung entstanden sind. Auch sie wirken unnatürlich klinisch.
Mir scheint, es könnte mit dem Licht oder der Ausleuchtung zu tun haben.
Draußen in der freien Natur hat man ja nie ein derart perfektes Licht.
Unsere Wahrnehmung ist aber auf natürliche Verhältnisse geeicht, schließlich sind wir ja immer noch Urtiere, ich jedenfalls!
Dazu dann noch künstlich "verschönerte ?" Personen oder Gegenstände.
All das zusammen wirkt unrealistisch und gekünstelt.
Mag sein, das die Digitaltechnik dann noch das Tüpfelchen auf dem i ist.
Das sie allein für diesen visuellen Eindruck verantwortlich ist, glaube ich allerdings nicht.
Nichts desto trotz würde mich ein Vergleich - analog vs. digital - auch mal sehr interessieren, speziell auf höchstem Niveau.
Im Kleinbildbereich kann ich nur von eigenen Aufnahmen ausgehen. Da zumindest kann ich heute keine deutlichen Nachteile der Digitaltechnik mehr entdecken. Vielleicht den knapperen Belichtungsspielraum bei extremen Lichtverhältnissen.
Dieser Knackpunkt läßt sich aber mit Raw oder schwächeren Kontrasteinstellungen mildern.
Jede Technik hat halt so ihre Eigenarten, man muß nur lernen geschickt damit umzugehen.
Die Digitaltechnik bietet mehr Hebel um Einfluß zu nehmen.
Das kann sowohl nachteilig als auch vorteilhaft sein.
Anders gesagt: Kommt darauf an, was man daraus macht.
Man kann natürlich auch mehr Fehler machen.
Letztlich ist es wie immer: Du selbst bist entscheidend.