Entschuldigung für die längere Pause, ich hatte in den letzten beiden Tagen verstärkt "Kinderdienst" …
Okay, bei wem fang’ ich an?
Kurz zu Dir, Rob:
die "eigentlich unnötigen Sachen" sind oftmals die, die die meisten "Künstler" so gern übersehen; bei meinem Start in die Selbständigkeit vor nunmehr 15 Jahren wühlte ich mich als erstes durch die mehr als 9oo Seiten des "Urheberrecht und Vertragspraxis für Grafik-Designer" von Rainer Schmidt.
Ich wollte eben wissen, mit was ich da eigentlich meine Brötchen verdienen wollte.
Dennoch passierte mir natürlich so mancher faux pas, und obgleich fast alle ohne weitere Konsequenzen waren, landete ich doch auch schon als Kläger vor Gericht (fehlende schriftliche Auftragsbestätigung, natürlich, wie so oft in solchen Fällen).
Wenn ich allerdings die Anfragen im ICOM-Forum (der ICOM ist der Comiczeichnerverband) so durchlese mit den immer gleichen Fragen ("… der Kunden hat meine Figuren, die ich ihm letztes Jahr für 5o € entworfen habe, jetzt auch im Ausland genutzt, kann ich da was machen?"), fällt doch ein gediegenes Nichtwissen unter den ganzen Zeichnern auf.
Eben weil sie sich nicht als Geschäftsleute verstehen, sondern als Künstler, die sich mit solch "eigentlich unnötigen Sachen" gar nicht erst belasten wollen.
Und zu diesen "Sachen" gehört eben auch, dass man sich über das "normale" Geschäftsverhalten informiert oder, wenn man schon nicht vernünftig reden kann, sich einen Stellvertreter für so etwas, z.B. einen Agenten, sucht.
Ich kann das Gejammere dort einfach oft nicht mehr hören (sprich: lesen), wenn das Kindchen dann in den Brunnen gefallen ist.
Und eben deshalb haben hier in Hamburg eben einige Leute mit mir zusammen auch die "Illustratoren Organisation", einen Berufsverband der Illustratoren, gegründet.
Dat dazu.
Zum Wacom Cintiq, Sterling:
Jahrelang habe ich mit "normalen" Wacom-Tabletts gearbeitet, und es funktionierte ganz gut.
Als ich allerdings vor knapp einem Jahr an einem Auftrag fast verzweifelte (12 Comics für die Rückseiten von Cerealienpackungen waren innerhalb von 18 Tagen reinzuzeichnen und höchst aufwendig zu colorieren)(ich mag Comics nicht sonderlich gern zeichnen, aber sie tauchen immer wieder auf den Rückseiten von Packungen auf, auf deren Frontseite ich die Figuren entwickelt habe), beschloss ich, mir das Cintiq zuzulegen.
Inzwischen entstehen alle meine Bildchen mit Hilfe dieses Tabletts, und ich bin ganz gut eingearbeitet (ich habe im letzten halben Jahr neben anderen Illustrationen ca. 1oo von den neuen "Kleinen Preisen" für die PLUS-Print-Werbung damit erstellt - ich bin dafür seit einiger Zeit der "Hauszeichner" -, die Routine ist also vorhanden).
Ich kenne eine ganze Reihe von Illustratoren, die wie ich ihre Reinzeichnungen darauf anlegen, indem sie die gescannten Skizzen auf dem Tablett auf neuer Photoshop-Ebene mit digitalem Stift "inken", wie man bei Comics sagt; mir allerdings ist der echte Pinsel immer noch lieber, und so scanne ich in der Tat eher die gepinselten Zeichnungen ein, und bearbeite sie dann weiter, während andere Zeichner durchaus mit dem virtuellen Stift zurechtkommen.
Vielleicht liegt’s an den Einstellungen - ich habe einfach nicht die Zeit dazu, mich bis in’s letzte Detail durch sie hindurchzupfriemeln.
Davon ganz abgesehen entwickelt der Monitor im Gebrauch auch eine gewisse Wärme; so klebt die normale Hand dann doch beim Betrieb etwas daran, so dass ein schön geschwungener Bogen aus der freien Hand nicht unbedingt funktioniert - und ich habe ohnehin eher trockene Hände.
Zudem ist die Darstellungs-Tiefe bezüglich der Farben nicht unbedingt so fein wie z.B. ein iMac-Monitor; bei iTunes, um ein Beispiel zu nennen, fehlen die in den Listen unterlegten weissen/hellblauen Querstreifen.
Tja, und so schaut man zur Kontrolle doch des Öfteren auf den anderen angeschlossenen Monitor.
Weiterer Nachteil ist für mich das reine Gewicht dieses Tabletts - das im Prospekt gezeigte "Einfach-auf-den-Knien-Skizzieren" mit Tablett auf den übereinander geschlagenen Beinen ist Fiktion.
Zur Abrieb-Festigkeit des Tabletts kann ich nur sagen: im normalen Gebrauch ist da nicht allzuviel zu sehen, selbst meine dreijährige Tochter, die des öfteren darauf "malt" ("… machmal LILA jetzt!*…") konnte keine dauerhaften Spuren hinterlassen.
Einen "Cola-Test" habe ich noch nicht machen können; er ist allein wegen der Höhe des Tabletts von knapp 7 cm über der Tischplatte (dank Tragegestell - übrigens VORN 7 cm, hinten steht’s ca. 15 cm höher, selbst bei flachster Einstellung) nicht problemfrei zu bewerkstelligen, dieser Test steht also noch aus; das weist allerdings auf eben auf ein weiteres Problem hin: eine in idealer Höhe eingestellte Tischplatte hat NICHT MEHR die ideale Höhe, wenn diese 7 bzw. 15 cm dazukommen.
Auch ist die kleine Tastatur und der Scrollbalken links und rechts für mich eher hinderlich - ich komme beim Zeichnen mit dem Handballen leicht an die Tasten rechts (bin Rechtshänder) und habe diese deshalb deaktiviert.
Und die linken vergesse ich doch oft einfach.
Ach, ja, noch etwas: ich habe vor einigen Tagen "Minority Report" gesehen, diese Sci-Fi-Oper von Spielberg, in welchem Mr. Cruise mit kleinen Datenhandschuhen vor einer großen gläsernen Wand steht und mit weiten Armbewegungen Bilder von einer Seite zur anderen zieht.
Nett, sehr nett, zumindest bei oberflächlicher Betrachtung.
Aber den ganzen Tag lang könnte er das nicht.
Und das ist auch ein Problem des Wacom Cintiq mit seinen 21 Zoll: die weiten Wege, die die Zeichenhand darauf zurücklegen muss, um ein Objekt von links oben nach rechts unten zu ziehen sind nicht unerheblich - mit der direkt daneben liegenden Maus bewege ich den Arm so ziemlich genau 5o% weniger.
Nun gut.
Bewertung insgesamt: ein netter Luxus.
Es mag für einige Leute eine große Erleichterung sein, dass die Hand-Auge-Koordination damit nicht mehr diesen Umweg (oben schauen, unten zeichnen) gehen muss, obgleich es für mich immer egal war.
Ich kann verstehen, wenn Studios - allein des Preises wegen - darauf verzichten, auch wenn ich‘s jetzt, trotz der oben genannten Nachteile, nicht wirklich missen möchte.
Genügt das als Kritik für’s Erste?