Ich sehe das ganz genauso.
Die Technikdiskussion dabei ist müßig.
Und das ganz besonders. Technik war noch nie 100%ig verlässlich. Früher bist du mit dem Heizkissen im Bett verbrannt, heute weiß dein Nachbar, was du abends im Schlafzimmer treibst.
Das ist aber IMHO völlig zweitrangig. Die Hilflosigkeit, die du ansprichst, das Kopf-in-den-Sand-Stecken und das völlige Ignorieren der gesellschaftlichen Struktur, die darunter arbeitet. Ich habe manchmal den Eindruck, dass einige Politiker glauben, sie könnten die Welt anhalten und der Gesellschaft ihre Regeln aufzwingen. Den Fehler hat Honecker auch mal gemacht.
Nehmen wir eine beliebige Islamdiskussion. Es ist völlig nachvollziehbar, dass einem mulmig wird, wenn fremde Menschen in einer unverständlichen Sprache sprechen und dabei auch noch einen großen Anteil Religion und gefühlte Realität (Glaube) einbringen. Was der Mitteleuropäer aber unbedingt verstehen muss ist, dass einem das ganz genauso geht, wenn man in einem Hotel auf Gran Canaria (gehört bekanntermaßen zu Spanien) feststeckt, weil man ausgeraubt wurde, der Flug gecancelt wurde, man kein Spanisch spricht und niemand Deutsch oder Englisch spricht. Eine unsichere Zukunft ängstigt einen. Besonders wenn man "Heimscheißer" ist. Das ist einfach so.
Das Problem ist, dass der Nordatlantikpakt gute Gründe hat, Angst vor Kuba oder dem Iran zu haben. Weil sie (sorry, wenn das platt klingt), einfach nicht miteinander reden (können!). Da prallen Kulturen aufeinander, die beide(!) nur eins im Sinn haben. In Ruhe gelassen zu werden und ihr Ding zu machen.
Ich war selbst noch nicht im Iran, hab aber Freunde, die gerade für ein halbes Jahr da sind. Mit dem Wohnmobil. Da wird keine Politik gemacht. Da lebt man das reale Leben. Hans Hotzenbacher mit Familie geht bei Azad Kashravi ein Brot kaufen. That's it.
Glaubt denn irgendjemand ernsthaft, dass der Iran glücklich darüber ist, von den USA permanent als pfui und böse bezeichnet zu werden?
Wir könnten aus der Geschichte doch lernen. Wäre Hitler an die Macht gekommen, wenn der Vertrag von Versailles anders ausgesehen hätte? Schuld hin oder her.. Der Vertrag hat Deutschland in eine Krise gestürzt und viele, die sich als Deutsche fühlten, wurden durch die Gebietsabtretungen anderen Staaten zugeschlagen. Natürlich war der Vertrag aus politischer Sicht legitim. Deutschland war ein kaisertreues Land, war stolz, aggressiv, nationalistisch.. mit allem Pipapo. Das wollte man ändern. Soweit die Politik.
Du kannst aber Menschen nicht beliebig ändern. Für viele Deutsche war der Vertrag ein Schlag ins Gesicht. Danach die Weimarer Republik, die politisch wenig geleistet hat und dann kommt so einer wie Hitler. Ja natürlich kam der sofort an die Macht.
Wenn mein Alltag daraus besteht, einmal die Woche ausgeraubt werde und irgendwelche Leute meine Frau täglich auf der Straße sexuelle Angebote machen, dann wähle ich natürlich irgendjemanden, der mir verspricht, das abzustellen. Egal ob der Bush, Hitler, Ahmadinedschad oder Netanjahu heißt. Hauptsache, er räumt mit dem "Pack" auf.
Demagogen (auch die demokratischen) profitieren von den Fehlern ihrer Vorgänger. So einfach ist das IMHO.
Deshalb plädiere ich immer dafür, nicht nur die Auswirkungen zu sehen, nicht nur die Verantwortlichen, sondern das, was wir im Geschichtsunterricht eigentlich hätten gelernt haben sollen: Wie war es möglich, dass..?
Die Vogel-Strauß-Politik der deutschen Politik finde ich dabei ganz sicher nicht klug. Das mildeste wäre lächerlich. Denn das ist es. Nein, ich finde es brandgefährlich. Kuba wird weich, der Iran wird weich. Das finde ich gut und wünschenswert. Aber ich frage mich, ob wir tatsächlich unsere "gemeinsame Lösung" und "eine gute Entwicklung" haben oder ob wir dem nächsten Radikalen nur den Weg ebnen.
Was vor der Diskothek gilt, gilt IMHO auch in der Politik. Wenn einer am Boden liegt, dann tritt nicht nach. Sonst besucht er dich mal mit ein paar Freunden du es nicht erwartest.