Präsidentschaftswahl in Frankreich

Es gibt Ökonomen, die schon seit vielen Jahren vor dem Vormarsch der Nationalisten in Europa warnen, verbunden mit der Aufforderung an Deutschland, sein falsches Spiel in Europa endlich einzustellen.
Dass die große Mehrheit (der WählerInnen) genau das auf keinen Fall will, hatten wir ja bereits gestern.
Bevor es in der deutschen Bevölkerung keine Mehrheit für eine andere Wirtschaftspolitik gibt, wird auch Macron sie nicht ändern können. Dann stehen französische Eigeninteressen gegen deutsche Eigeninteressen, dahinter machen französische Nationalisten gegen deutsche Nationalisten Druck.

In einem gebe ich dir aber recht: Eine Figur wie Macron an der Spitze der französischen Regierung macht einen Wechsel des wirtschaftspolitischen Kurses weniger schwierig. Aber es kommt dann auch darauf an, wie die nächsten Bundestagswahlen ausgehen.
 
Bevor es in der deutschen Bevölkerung keine Mehrheit für eine andere Wirtschaftspolitik gibt, wird auch Macron sie nicht ändern können. Dann stehen französische Eigeninteressen gegen deutsche Eigeninteressen, dahinter machen französische Nationalisten gegen deutsche Nationalisten Druck.

Sehe ich anders. Deutschland und Frankreich stecken in einer Schicksalsgemeinschaft, und die heißt Euro. Und es nicht so, dass Deutschland vom Euro weniger abhängig wäre als Frankreich, ganz im Gegenteil: Ohne den Euro würde das (vermeintlich) erfolgreiche deutsche Wirtschaftsmodell nicht mehr funktionieren. Denn der Euro liegt - gemessen an Deutschlands Wirtschaftsleistung - viel zu niedrig, was in Kombination mit den zu niedrigen Löhnen Exporte natürlich extrem begünstigt. Wäre der Euro plötzlich weg, würden deutsche Waren schlagartig teurer werden, empfindlich teurer, und sie würden entsprechend weniger Käufer finden. Denn egal, welche Währung Deutschland dann hätte, sie wäre viel näher an der Realität dran als der Euro heute. Deutschland kann kein Interesse daran haben, dass der Euro scheitert. Genaugenommen ist es das letzte Land in Europa, dem das egal sein könnte.

Leute vom Fach, wie z.B. Giannis Varoufakis, wissen das schon lange, aber sie haben nicht die Mittel und die Macht, um irgendetwas ändern zu können. Frankreich ist ein anderes Kaliber. Wenn Frankreich sagt: "Jetzt muss Schluss sein mit dem deutschen Egoismus, sonst haben wir in fünf Jahren tatsächlich Le Pen, und der Euro findet ein plötzliches Ende; es ist allemal besser für euch, wenn ihr eure Löhne schrittweise wieder anhebt und eure Wirtschaft langsam auf mehr Binnenkonsum umstellt", dann wiegt das schon was. Nicht zuletzt weil man sich der dahinterstehenden Logik kaum entziehen kann. Es brennt, löscht endlich.

Und der deutsche Wähler? - Tja, das wird sich Frau Merkel was einfallen lassen müssen. Aber das war bei Griechenland auch schon so. Bei jedem Rettungspaket wurde viel Theater gemacht, Bosbach durfte mal keilen, andere Unionspolitiker mit Profildefiziten durften auch mal poltern und rumscheißen, Merkel wurde kleinlaut, die Umfragen zeigten wenig Zustimmung für Griechenlandhilfen, aber Merkel hat's noch immer durchgezogen. Weil Grexit ein unkalkulierbares Risiko für den Euro war und immer noch ist, wenn auch nicht mehr so unmittelbar wie früher.
 
Ich finde es wunderbar. Ein Kandidat gewinnt mit einem Pro-Europa Wahlkampf klar die Präsidentschaft.

Herrlich, und dann ist sein erster Gang im Zeichen der Europahymne.

Endlich, die Zeit der Rechtspopulisten ist vorbei.
 
Le Pen hat mehr als 30 Prozent der Stimmen eingefahren – ein Rekordergebnis.

Ja, korrekt. Aber angesichts der Vorgeschichte und anderer Staaten hätte man mehr erwarten können (was ansich natürlich schon schlimm ist).
War aber nicht so, und das ist auch gut so. Ich denke, bei Le Pen sind auch ne Menge Wähler der Linken, da die Ziele in wesentlichen Punkten gleich sind und Macron ja "neoliberal" ist.

Wobei ich den Eindruck habe, dass von machen Menschen neoliberal als Bezeichnung verwendet wird für alles, was nicht linksextrem ist.
 
Neoliberale ist in der Tat ein Sammelbegriff wie Krebs. Eignet sich aber gut, um mit einem Wort zu sagen, das man eine sozial gerechtere Politik will. Wobei das ebenfalls ein Sammelbegriff ist, den auch Rechtspopulisten gern verwenden. Le Pen hat damit Wahlkampf gemacht.
 
Ich bin ja nicht gerade der "Bestinformierte", schaue ich doch nicht fern, lese nur meine Tageszeitung und den Print-Spiegel ...
Aber, Kinder, was ich über Macron - muss immer an Makrelen auf Makkaroni denken und an den Film Harold und Maud - was ich gelesen habe, wollte ich sagen, beunruhigt mich. Der Kerl will einen Europa-Finanzminister! Der Kerl will Euro-Bonds mit gemeinsamer Haftung! Macron-Harold will das Renteneintrittsalter der Franzosen bei 62 Jahren BELASSEN!
Na, klingelt´s? Wer soll die Zeche bezahlen, damit unsere französischen Freunde mit Anfang 60 sich schon morgens rotweintrinkend auf dem Bouleplatz treffen und sich in ihrer fürchterlichen Sprache hicksend über die dummen Boches lustig machen?
Glaubt mir, als Spanier und Quasideutschen: Traut KEINEM Franzmann, sie sind mindestens so verschlagen und bösartig wie die Engländer. :D
Erinnert Euch an den 30-jährigem Krieg. Die Kaiserlichen hatten den Krieg gewonnen, die ungläubigen Protestanten und die Schweden in die Flucht geschlagen ... da gefiel es dem katholischen Richelieu und seinem König, bloß aus taktischer Angst vor den Habsburgern, Partei für die Ungläubigen zu ergreifen, und Europa, d.h. das Deutsche Reich, in Schutt und Asche zu legen und in Tausend Fürstentümer zu zerlegen.
Erinnert Euch auch an Napoleon, er hat ebenfalls Europa verwüstet.
Ferner hat Frankreich traditionell das Osmanenreich unterstützt, nur aus taktischen Gründen. Wegen Frankreich und wegen England konnten die Griechen und die Russen Konstantinopel nicht beizeiten für die Christenheit zurückerobern. :mad:

Ich weiß wirklich nicht, ob wir aus deutscher Sicht Freude an Macron haben werden.
 
Neoliberale ist in der Tat ein Sammelbegriff wie Krebs. Eignet sich aber gut, um mit einem Wort zu sagen, das man eine sozial gerechtere Politik will. Wobei das ebenfalls ein Sammelbegriff ist, den auch Rechtspopulisten gern verwenden. Le Pen hat damit Wahlkampf gemacht.

Ich weiß echt nicht, was du für ein Problem mit dem Begriff Neoliberalismus hast. Die Tatsache, dass Ende der 70er Jahre ein wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel stattgefunden hat, lässt sich doch nicht leugnen! Man kann es natürlich auch anders nennen; einige bevorzugen Bezeichnungen, die sich an Namen orientieren, die mit diesem Umbruch fest verbunden sind, wie z.B. "Reagonomics" oder "Thatcherismus". Oder, falls dir das eher zusagt, "Wirtschaftsliberalismus". Doch ganz egal, wie man es nennt, es lässt sich ziemlich leicht fassen: die Vorstellung, dass eine möglichst deregulierte Wirtschaft besser funktioniert als alles andere. Und zwar für alle.

Es mag sein, dass nicht jede Kritik daran sticht, und auch, dass Marine Le Pen den Unmut über die Auswirkungen dieser Politik in Wählerstimmen umzumünzen versucht. Dies macht das Wort Neoliberalismus aber noch lange nicht zu einem diffusen Sammelbegriff für alle möglichen Ungerechtigkeiten.
 
Wer meint dass gemeinsame Schulden und gemeinsame Finanzpolitik eine europäische Einheit auch nur im geringsten fördern wird, der hat leider wenig verstanden.

Schon in normalen Familien würde das nicht funktionieren, was meint ihr was im EU-Raum passieren wird wenn Populisten aus den Geber- und den Nehmerländern dann wirklich Munition kriegen. Der Brexit ist auch wegen des vermittelten Gefühls das man mehr zahle als man kriege erfolgt. Dazu noch eventuell Angleichung der Sozialleistungen - wer auch nur ein bisschen rechnen kann wird wohl kaum erwarten können dass die höchsten Sozialleistungen EU-weit gelten werden, das heißt dann ein Absinken in D (noch mehr Munition für die Populisten).

Nehmt doch nur den Länderfinanzausgleich in D. Die NRW-SPD lebt doch seit langem nicht mehr davon was sie selber leistet sondern blüht hauptsächlich dann auf wenn sie sich gegen irgendeine dämliche CSU-Äußerung positionieren kann. Das Geld wird selbstverständlich genommen.

Stellt auch das mal bitte auf EU-Ebene mit sehr vielen Ländern und noch mehr Politikern die an die Macht streben vor und wer dann noch meint dass das eine gute Idee sei, dem ist nicht mehr zu helfen. Der Euro zusammen mit den Euro-Bonds wird die Welt meiner Meinung nach massiv verändern.

Und was die schönen und wohlklingenden Übereinkommen am Anfang wert sind, kann man sehr leicht an den Schuldengrenzen, dem Dubliner Übereinkommen, der Flüchtlingsverteilung, etc. sehen. Sie sind das Papier nicht mal ansatzweise wert.
 
Und was die schönen und wohlklingenden Übereinkommen am Anfang wert sind, kann man sehr leicht an den Schuldengrenzen, dem Dubliner Übereinkommen, der Flüchtlingsverteilung, etc. sehen. Sie sind das Papier nicht mal ansatzweise wert.

Ja, allerdings. Denn diese Übereinkommen sind zutiefst schwachsinnig und ungerecht noch dazu. Eurobonds und eine einheitliche Wirtschafts- und Fiskalpolitik wären das exakte Gegenteil davon. Europa muss sich endlich mal trauen, Nägel mit Köppen zu machen - oder es wird sich wieder in einzelne Nationalstaaten auflösen, was absolut keine Perspektive ist.
 
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Ja, allerdings. Denn diese Übereinkommen sind zutiefst schwachsinnig und ungerecht noch dazu. Eurobonds und eine einheitliche Wirtschafts- und Fiskalpolitik wären das exakte Gegenteil davon. Europa muss sich endlich mal trauen, Nägel mit Köppen zu machen - oder es wird sich wieder in einzelne Nationalstaaten auflösen, was absolut keine Perspektive ist.
Was man im Internet alles so lesen muss ... :mad:
Pass auf, Prinzchen, ich erkläre es Dir: Europa wird sich nicht in einzelne Nationalstaaten auflösen, weil Europa heute noch und in ferne Zukunft immer noch aus "einzelnen Nationalstaaten" besteht und bestehen wird. :noplan:
Guck, es gibt z.B. einen Nationalstaat, der heißt Frankreich, dann gibt es noch Portugal, Spanien, Deutschland, die Niederlande .... sogar Polen ist heute ein Nationalstaat! Am besten, Du schlägst Deinen Schulatlas auf der Seite "Europa" auf ... Du wirst staunen, wie viele Nationalstaaten es gibt!
 
Nationalstaaten sind im Wesentlichen eine Erfindung des 19.Jahrhunderts. Niemand (Ewiggestrige ausgenommen) sagt, dass dieser Zustand in Stein gemeißelt für die Ewigkeit gelten muss.
 
Europa wird sich nicht in einzelne Nationalstaaten auflösen, weil Europa heute noch und in ferne Zukunft immer noch aus "einzelnen Nationalstaaten" besteht und bestehen wird
Du machst es dir einfach. Die Frage ist, was diese Nationalstaaten in Zukunft ausmachen wird. Deswegen gibt es ja den Konflikt zwischen Nationalisten, die die völkische Zusammensetzung als Grundlage des Staates ansehen - also Blut&Boden -, und den Nationbuildern, die den Nationalstaat als Wertegemeinschaft begreifen, die sich ständig weiterentwickeln muss.

Erstere legen Wert auf Exklusion und Grenzsicherung, letztere auf Integration und offene Grenzen. Die Nationalisten werden immer mehr militärische Mittel benötigen, um ihre Staaten abzusichern. Die Nationbuilder brauchen Geist und Kreativität. Dafür werden sie dann von den Nationalisten als abgehobene Elite geschmäht, die nicht verstehen wolle, was gut für das das Volk ist.
 
Es ist schon lustig, wie vehement sich einer der Profiteure der Freizügigkeit im Rahmen der EU gegen die EU wendet. Ohne diese schrittweise Aufgabe nationaler Souveränität säße unser spanischer Grande wahrscheinlich immernoch in irgendeinem Kuhdorf in der spanischen Provinz...
:crack:
 
Hello,
traurig, was manche hier so absondern.
Das ist hier eine Bar, Franz, nimm's nicht so ernst.
Ich z.B. schaue hier abends nach Feierabend vorbei, trinke mit den Kumpels ein Bier am Tresen, und wenn der Forumshippy aufkreuzt - er ist immer da, hat sonst kein Zuhause -, dann gibt's erst recht was zu lachen.

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Wo ist übrigens der MannimMond? Lange nix mehr gehört. Hat er wieder sein Passwort oder seinen Nick vergessen? :D
 
Hello,
Du bist Dir wohl nicht im klaren darüber, was Deine Äußerungen verursachen können.
 
Euer Herrentennis ist langweilig.

In Frankreich spielen sich grade sehr wichtige Dinge ab, die auch bei uns noch Wellen schlagen könnten. Ein äußerst interessantes Experiment Macrons ist die Umwandlung seines Vereins "En Marche" in eine Partei, die zu den Parlamentswahlen im Juni in allen Wahlkreisen mit eigenen KandidatInnen antritt. Die werden mithilfe eines Kriterienkataloges aus 18.000 (die Zahl meine ich zu erinnern) BewerberInnen ausgesiebt, es sollen beispielsweise keine Polit-Profis sein.
 
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